Wie Wissenschaftler Oberflächen so umgestalten, dass gefährliche Eisbildung vorgebeugt wird
Vereisung ist ein ernstes Sicherheitsproblem in den Bereichen Verkehr, Energie und Infrastruktur. Eisbildung kann Flugzeuge beschädigen, die Effizienz von Windkraftanlagen beeinträchtigen und Straßen- und Schienensysteme gefährden. Darüber hinaus sind viele der gegenwärtigen Technologien zum Schutz vor Vereisung und für die Enteisung auf energieintensive Heizsysteme oder Chemikalien angewiesen, die die Umwelt schädigen können. Das EU-finanzierte SURFICE-Projekt(öffnet in neuem Fenster) hat sich zum Ziel gesetzt, intelligentere, sicherere und nachhaltigere Alternativen zu entwickeln. Indem es sich auf Oberflächentechnik und Materialwissenschaft konzentrierte, untersuchte das Team, wie winzige physikalische oder chemische Merkmale auf Oberflächen die Bildung oder das Anhaften von Eis verhindern können.
Ein Durchbruch beim Eisschutz
Einer der wichtigsten Erfolge von SURFICE war ein neuartiger Ansatz, der als ‚diskontinuierlich verstärkte Eisphobie‘ bezeichnet wird. Projektkoordinator Carlo Antonini von der Universität Mailand-Bicocca erklärt: „Diskontinuitäten stellen eine Schwachstelle zwischen dem Eis und der Oberfläche dar, wodurch es sich leichter ablösen kann.“ Mit Unterstützung des Programms Marie Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) untersuchten Forschende, wie nanoskalige oder submillimetergenaue Variationen der Oberflächenelastizität oder der chemischen Zusammensetzung die Bindung zwischen Eis und einer Oberfläche unterbrechen können. Diese Prinzipien wurden zur Entwicklung neuer Beschichtungen und Oberflächenbehandlungen genutzt, mit denen die Anhaftung verringert wird, ohne dass Hitze oder Chemikalien erforderlich sind. Eine vielversprechende Studie hat gezeigt, dass eine Beschichtung mit geringer Anhaftung, die mit initiierte chemische Gasphasenabscheidung(öffnet in neuem Fenster) hergestellt wurde, die Eisbildung reduziert. Diese Beschichtung funktionierte besonders gut in Verbindung mit einem elektromechanischen System, das sehr wenig Energie verbraucht.
Das Testen von Werkstoffen gegen Vereisung unter extremen Wetterbedingungen
Viele Werkstoffe funktionieren gut im Labor, versagen aber unter rauen Bedingungen. SURFICE befasste sich schon früh mit diesem Problem, indem es der Dauerhaftigkeit Priorität einräumte. „Es ist wichtig, bei der Entwicklung von Werkstoffen und Prozessen von vornherein die Dauerhaftigkeit zu bedenken“, sagt Antonini. Einer der Wissenschaftler in der Anfangsphase des Projekts entwickelte ein vollständiges Testprotokoll, um zu beurteilen, wie gut die Beschichtungen Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit und mechanischem Verschleiß standhalten. Die Beschichtungen wurden auch auf ihre Umweltsicherheit geprüft. Perfluorierte Substanzen (PFAS) sind zwar immer noch sehr leistungsstark, aber das Team untersuchte sicherere Alternativen wie Werkstoffe auf Silikonbasis, um die REACH-Verordnung der EU zu erfüllen und die Umweltrisiken zu verringern.
Technologien zur Vermeidung von Vereisung für elektrische Flugzeuge und Drohnen
Neue Elektroflugzeuge und Drohnen verfügen nur über begrenzte Energie an Bord, sodass herkömmliche Enteisungssysteme ungeeignet sind. Hier kommen die passiven Beschichtungen von SURFICE ins Spiel. „Eine beschichtungsbasierte Technologie, wie sie in SURFICE vorgeschlagen wird, ist im Idealfall passiv“, sagt Antonini. „In der Praxis kann es dazu beitragen, den Energieaufwand für die Enteisung zu senken, was besonders für kleine Flugzeuge und Systeme der nächsten Generation wichtig ist.“ Dadurch könnten die Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima verringert und neue Mobilitätssysteme in kalten Umgebungen belastbarer und zuverlässiger gemacht werden.
Aufbau von Forschungskompetenz für nachhaltige Lösungsansätze gegen Vereisung
Ein Grundpfeiler von SURFICE war das Schulungsprogramm. Dreizehn Nachwuchsforschende waren in interdisziplinäre Projekte aus den Bereichen Materialwissenschaft, Physik und Ingenieurwesen eingebunden. Im dritten Jahr des Projekts kam es zu einem entscheidenden Wendepunkt, als die Nachwuchsforschenden begannen, eine Zusammenarbeit über ihre individuellen Aufgaben hinaus zu initiieren. „Sie begannen, einander zu unterstützen, um ihre Projekte über das hinaus voranzutreiben, was die Betreuer während der Vorbereitung des Antrags ursprünglich vorgeschlagen hatten“, erinnert sich Antonini. Diese Teamarbeit hat die Fortschritte beschleunigt und die Grundlage für zukünftige Forschungen geschaffen.