KI-gesteuerte Diagnoseplattform zur Identifizierung von Melanomen
Das Melanom gehört nach wie vor zu den aggressivsten und gefährlichsten Hautkrebsarten und macht 60 % der tödlichen Hautneoplasien aus. Trotz hoher Heilungsraten bei einer frühzeitigen Erkennung können die derzeitigen, auf einer Ganzkörper-Hautuntersuchung basierenden Screening-Verfahren zeitaufwendig und ineffizient sein. „Die bestehenden Diagnosewerkzeuge sind fragmentiert und sind oft auf die subjektive Interpretation einzelner dermatoskopischer(öffnet in neuem Fenster) Bilder angewiesen“, erklärt iToBoS(öffnet in neuem Fenster) –Projektkoordinator Rafael Garcia von der Universität Girona(öffnet in neuem Fenster) in Spanien. „Aufgrund dieser Einschränkung und in Verbindung mit der zunehmenden Häufigkeit von Melanomen in der alternden weißen Bevölkerung wird das Melanom zu einer wachsenden Herausforderung für die öffentliche Gesundheit.“
Früherkennung und personalisierte Risikobewertung
Das EU-finanzierte Projekt iToBoS wollte diese Herausforderung durch den Aufbau einer Diagnoseplattform, die über künstliche Intelligenz (KI) gesteuert wird, angehen. Sie soll medizinisches Personal dabei unterstützen, bösartige Hautläsionen mit größerer Genauigkeit, Geschwindigkeit und Interpretierbarkeit zu identifizieren. „Wir wollten die Früherkennung verbessern und für jede Läsion eine personalisierte und präzise Risikobewertung ermöglichen“, erklärt Garcia. In die Plattform integriert ist ein neuer Ganzkörperscanner, der hochwertige dermatoskopische Bilder der gesamten Hautoberfläche aufnehmen kann. Mit diesem Scanner können medizinische Fachkräfte Hautläsionen im Laufe der Zeit mit konsistenten und klaren Bildern überwachen. Darüber hinaus wird ein ganzheitlicher Ansatz genutzt, der es einem KI-Assistenten ermöglicht, die Bösartigkeit einer verdächtigen Hautläsion anhand einer Kombination aus Ganzkörperbildgebung, dermatoskopischen Bildern, klinischer Anamnese und, sofern verfügbar, genetischen Informationen vorherzusagen. Dank dieser Integration kann das System neben einem Risikowert auch eine Erklärung der Faktoren liefern, die für die Diagnose relevant sind. So können Kliniker fundierte und sichere Entscheidungen treffen. Das System wurde in realen klinischen Versuchen getestet und verfeinert. Dabei wurde insbesondere darauf geachtet, dass es robust und benutzerfreundlich ist und sich für den Einsatz in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen eignet. „Angesichts der Sensibilität von Gesundheitsdaten wurden alle Komponenten der Plattform unter vollständiger Einhaltung ethischer Standards und Datenschutzbestimmungen entwickelt, mit besonderem Augenmerk auf die Privatsphäre der Betroffenen und deren Einwilligung nach Aufklärung“, sagt Garcia.
Fortschritte bei der Melanomdiagnose
Diese Arbeit hat zu bedeutenden Fortschritten bei der Frühdiagnose von Melanomen sowie beim Einsatz der KI in der Dermatologie geführt. Eine wichtige Errungenschaft war die Entwicklung eines neuartigen Ganzkörperscanners, mit dem hochauflösende Ganzkörperbilder der Haut sowohl auf makroskopischer als auch auf dermatoskopischer Ebene aufgenommen werden können. „Das von uns verwendete Flüssiglinsensystem war so innovativ, dass es zu drei Patenten geführt hat, was die Originalität und die technologischen Auswirkungen dieser Entwicklung unterstreicht“, bemerkt Garcia. Ebenso erfolgreich war das Projekt bei der Zusammenstellung eines großen und einzigartigen multimodalen Datensatzes, der Ganzkörperbildgebung, Krankengeschichte und andere wichtige Daten beinhaltet. Durch diesen Datensatz wurde das Training und die Validierung von KI-Modellen zur Unterstützung der Melanomdiagnose ermöglicht. „Diese Werkzeuge wurden in den kognitiven KI-Assistenten integriert, der die KI-Analyse, die Bilddaten und die Patienteninformationen in einer einzigen, benutzerfreundlichen Plattform zusammenführt, die dann von medizinischem Personal genutzt werden kann“, fügt Garcia hinzu.
Personalisierter Ansatz in der Medizin
Einer der nächsten Schritte ist eine groß angelegte Studie, an der eine viel größere Anzahl von Melanom-Betroffenen teilnehmen wird. „Diese Pilotstudie konnte die technische Funktionalität und das klinische Potenzial der Plattform zeigen. Nun ist eine breiter angelegte Studie erforderlich“, so Garcia. „Idealerweise sollten hierfür mehrere Krankenhäuser und dermatologische Zentren in verschiedenen Regionen einbezogen werden, um eine Variation der Bildgebungsbedingungen, der klinischen Protokolle und der Patientenprofile zu gewährleisten.“ Parallel dazu müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um die Benutzeroberfläche zu optimieren und die Erklärbarkeit von KI-Ergebnissen(öffnet in neuem Fenster) weiterzuentwickeln. „Indem wir dem medizinischen Personal ein Werkzeug an die Hand geben, das die Erkennungsgenauigkeit erhöht und die kontinuierliche Überwachung von Hautläsionen unterstützt, leistet iToBoS einen wichtigen Beitrag, um Diagnoseverzögerungen und Fehlklassifikationen zu minimieren“, so Garcia abschließend.