Revolution bei den Spannungsnormalen
In den frühen sechziger Jahren stellte Brian Josephson die Theorie auf, ein supraleitendes Tunnelelement müsse unter Einwirkung von Mikrowellenstrahlung eine mittlere Spannung abgeben, die ein ganzzahliges Vielfaches eines quantisierten Wertes ist. Dieser elementare und später experimentell bestätigte Zusammenhang zwischen Spannung und Frequenz - der Frequenz-Spannungs-Quotient - wird in den meisten Ländern seit den frühen siebziger Jahren zur Verknüpfung der Einheit für die elektrische Spannung mit derjenigen für die Frequenz verwendet. Die ersten Josephson-Spannungsstandards bestanden normalerweise aus einen einzelnen Kontakt und erzeugten nur wenige Millivolt, doch während der achtziger Jahre wurden unter Anwendung von hoch spezialisierten Techniken ganze Arrays aus Tausenden solcher Kontakte hergestellt, die Quantenspannungen von mehr als 10 Volt abgaben. In jüngster Zeit beschäftigt sich die Forschung verstärkt mit der Herstellung von impulsbetriebenen Kontaktarrays zur Erzeugung präziser Wechselspannungsverläufe, die die Metrologie im Bereich der Audiosignale revolutionieren könnte. Im Projekt ProVolt ging es primär um die Entwicklung eines schnell programmierbaren Gleichspannungsstandards mit der Möglichkeit zum Synthesisieren niederfrequenter Wechselspannungsverläufe. Dabei entstanden neue Josephson-Array-Spannungsstandards mit hoher Referenzspannungs-Eigenstabilität and der Möglichkeit zur schnellen Auswahl bestimmter Referenzspannungen einschließlich der Option zum Synthesisieren von Wechselspannungen. Notwendige Voraussetzungen für das Design solcher Arrays waren außer einen verbesserten Verständnis des nichtlinearen dynamischen Verhaltens von Josephson-Elementen auch optimale Schaltungsparameter zur Erhöhung der Zuverlässigkeit und der Spannungsausbeute der Arrays . Die gefundenen Ergebnisse lassen sich ohne Schwierigkeiten für eine vollständig automatisierte Kalibrierung von DC-Spannungsstandards bis zu 1 V bei größtmöglicher Zuverlässigkeit anwenden. Darüber hinaus sind sie für den linearen Test und die Absolutkalibrierung von Voltmetern sowie zum Bau von hoch präzisen DC-Spannungskalibratoren verwendbar. Die Möglichkeit zur Erzeugung von Wechselspannungsverläufen wird sich erheblich auf die Messung von Wechselspannungen und die Forschung allgemein auswirken. Beispiel sind die Kalibrierung von AC-Spannungsstandards im Millivoltbereich, die Kalibrierung und der Linearitätstest von AC-Präzisionsvoltmetern und kalibratoren sowie von Präzisions-Wattmetern. In der Praxis bildet die Josephson-Anordnung ein quantisiertes Voltmeter, das in der Forschung und in industriellen Produktionsprozessen als Instrument zur weiteren Verbesserung der Qualität der Messungen verwendet werden kann. Die gegenwärtig an Hochleistungs-Digitalvoltmetern durchzuführenden Kalibrierverfahren sind kostenintensiv und werden an abgeleiteten Normalen jährlich wiederholt. Die Einführung dieses neuen Instruments macht solche abgeleiteten Normale überflüssig und gestattet zudem das präzise Messen von Wechselspannungen. Da die Arrays fernsteuerbar sind, werden auch Fern- oder virtuelle Kalibrierungen per Internet oder Telefon möglich, was die Kalibrierverfahren weiter vereinfacht. Auf der Basis dieser verbesserten Arrays wird künftig auch die Herstellung von ganz neuen Array-Schaltungen wie z.B. RSFQ-Schaltungen (Rapid Single Flux Quantum Circuits = superschnellen Logikschaltungen, die mit schnellen Stromquanten arbeiten) möglich sein. Somit werden supraleitende Schaltungen, die durch einen hohen Integrationsgrad und noch kleinere Leitungsstrukturen gekennzeichnet sind, der Elektronikindustrie, die sich mit dieser Technologie beschäftigen, erhebliche Vorteile bringen. Diese Technologie erfüllt nicht nur die heutigen, sondern auch die zukünftigen Anforderungen der industriellen und behördlichen Standardlaboratorien.