Beurteilung der Erdbebensicherheit von Gebäudestrukturen
Eines der Verfahren, die gegenwärtig zur Ermittlung der Erdbebenanfälligkeit von Gebäudestrukturen angewandt werden, besteht im Einsatz von Rütteltischen. Dabei wird das zu testende Modell auf einer Plattform fixiert, die in eine für frühere seismische Ereignisse repräsentative Bewegung versetzt wird. Der Test hat den Vorteil, dass er dynamisch einem realen Erdbeben ähnelt, aber auch zwei erhebliche Nachteile. Der erste besteht darin, dass die zum Bewegen der Struktur benötigte Energiemenge so groß ist, dass nur maßstabsgetreu verkleinerte Modelle untersucht werden können, die aber nicht mehr vollständig das Verhalten realer Strukturen repräsentieren. Der zweite Nachteil ist, dass der Stabilitätsverlust der Struktur nicht mit hinreichender Genauigkeit in Echtzeit verfolgt werden kann. Um dieses Modell zu verbessern, wurden deshalb drei Bereiche eingehender untersucht. Der erste Bereich war der Datentransfer zwischen den eingesetzten Datenerfassungssystemen und den zur Nachverarbeitung der Daten verwendeten Computern. Dazu wurde ein praktisch im Online-Betrieb arbeitendes Datenanalyseverfahren entwickelt. Auf diese Weise wurde das bestehende Modell verbessert, das nun eine Beobachtung des Stabilitätsverlustes der Struktur fast in Echtzeit gestattet und mithin genauere Ergebnisse liefert. Ein weiteres Plus ist die Verbesserung der Möglichkeiten der Benutzer zum Zugriff auf das System. Ebenfalls entwickelt wurde eine neue Software, die die Nutzung vorhandener Bibliothekssoftware für Strukturanalysen und zur Systemverarbeitung gestattet. Eines der besonderen Merkmale dieser Software ist die Möglichkeit zur Erzielung einer dynamischen Charakterisierung von strukturellen Eigenschaften unter Verwendung der letzten Abklingbewegungen. Schließlich wurden Versuchsanwendungen auf der Basis eines eigens dafür entwickelten Prüfmusters betrachtet. Anhand dieses Prüfmusters können Erdbebeneinflüsse bei seismischen Aktivitäten beliebiger Intensität beurteilt werden - eine deutliche Verbesserung, denn bislang war für jede Anregungsintensität ein neues Modell erforderlich. Somit können die Bediener von Rütteltischanlagen ihre Einrichtungen künftig wesentlich effizienter nutzen, da die Erdbebenanfälligkeit nun anhand eines einzigen Prüfmusters getestet werden kann und die Kosten für neue Modelle zu jedem einzelnen Test entfallen. Diese Forschungsarbeit ist nicht nur für Rütteltischlabors eine wertvolle Hilfe, sondern auch für Spezialfirmen und Forscher, die sich mit dynamischen Tests an Strukturen wie Gebäuden, Brücken und Versorgungssystemen beschäftigen.