Anhörung des Parlaments zum Fünften Rahmenprogramm
Vor dem für Forschung, technologische Entwicklung und Energie zuständige Ausschuß des Europäischen Parlaments gab es am 15. April 1997 in Brüssel eine öffentliche Anhörung zum Fünften FTE-Rahmenprogramm. Bei dieser Anhörung des Ausschusses handelte es sich um den ersten Schritt bei der Prüfung der Vorschläge der Kommission für das Fünfte Rahmenprogramm, die in der vorhergegangenen Woche verabschiedet worden waren. Die Ausschußmitglieder hörten zuerst Viscomte Etienne Davignon, einen früheren Kommissar für Forschung, der bei der Überprüfung der Rahmenprogramme vor kurzem den Vorstand übernommen hatte. Er umriß die wichtigsten Empfehlungen des unabhängigen Prüfungsgremiums, das die gemeinschaftlichen Forschungsaktivitäten über die letzten fünf Jahre verfolgt hatte. Er vertrat die Ansicht, daß das Fünfte Rahmenprogramm der Wendepunkt bei der Auswertung der FTE-Programme der EU sei. Er betonte insbesondere die Notwendigkeit einer verstärkten Konzentration und spezifischeren Reaktion auf die Bedürfnisse und Prioritäten der EU. Außerdem wies er auf die Notwendigkeit der Vereinfachung der Entscheidungsprozesse sowohl für die Verabschiedung als auch die Durchführung von Programmen hin. Die gegenwärtigen Prozesse nähmen zu viel Zeit in Anspruch, und es hätte sich wegen der Notwendigkeit einer einstimmigen Beschlußfassung der Mitgliedstaaten ein Flickwerk einzelstaatlicher Interessen entwickelt, dem die Konzentration auf wirklich europäische Belange fehle. Das Programm braucht auch größere Flexibilität, damit während des Fünfjahreszeitraums neue Forschungsgebiete erschlossen und unwirksame abgebaut werden können. Frau Edith Cresson, die Kommissarin mit Verantwortung für Forschung, trug den MEP die Vorschläge der Kommission vor. Sie sagte, daß das Fünfte Rahmenprogramm andere Methoden anwenden und einen anderen Inhalt als das Vierte Rahmenprogrammen haben würde. Es würde sich stärker auf die Belange der europäischen Gesellschaft konzentrieren und die Schwächen der vorhergegangengen Programme ausmerzen, insbesondere hinsichtlich der Frage der Innovation, sowie bei der Anwendung von Fertigkeiten und neuen Technologien auf neue Produkte und Dienstleistungen. Die Struktur des Programms würde auf sechs Grundbestandteilen aufbauen, von denen ein drittel bereits Bestandteil des Vierten Rahmenprogramms seien. Das Management und die Verwaltungsverfahren innerhalb der Kommission würden ebenfalls verbessert werden. Frau Cresson stellte fest, daß der Haushalt für das neue Programm als Prozentsatz des gemeinschaftlichen Bruttosozialprodukts ausgedrückt niedriger als für das Vierte Rahmenprogramm sei. Sie betonte die Notwendigkeit für einen ausreichenden Haushalt, um die Ziel der gemeinschaftlichen Forschung auch erreichen zu können. Sie verwies auf die Tatsache, daß der Forschungsaufwand der EU auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt nur ein viertel des Aufwands von 9 Milliarden der USA darstelle. Abschließend betonte die Kommissarin die Hauptpriorität für das Fünfte Rahmenprogramm, nämlich die Erfüllung der Erwartungen der Bürger. Hier müsse sich die Wissenschaft dem Bürger gegenüber als offen und zugänglich zeigen und für die Öffentlichkeit relevant sein, speziell auf den Gebieten der Verbesserung der Gesundheit und des Umweltschutzes. Dieser Darlegung folgten Beiträge mit den Ansichten von Vertretern der Industrie und akademischer Forschungseinrichtungen hinsichtlich der Vorschläge sowie zu den Möglichkeiten für innovative finanzielle Instrumente im Fünften Rahmenprogramm. Obwohl die Mehrzahl der Beiträge von der Kommission kamen, hatten MEP die Gelegenheit, die anderen Sprecher nach ihrer Anhörung direkt zu ihren Vorschlägen zu befragen. Der Ausschuß nimmt jetzt wegen der Bedeutung des Programms eine eingehende Prüfung der Vorschläge vor. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß der Ausschuß bis zur Unterbreitung der Vorschläge für den Haushalt durch die Kommission kaum über die vorläufige Diskussion hinaus ist. Dieser Zeitpunkt wird erst im Juli 1997 erreicht sein, wenn die zur Zeit tagende Regierungskonferenz, die die EU-Verträge zur Vorbereitung der Erweiterung auf Mittel- und Osteuropa überarbeiten soll, ihre Tätigkeit abgeschlossen hat. Die Vorschläge werden in den kommenden Monaten während der Sitzungen des Ausschusses erörtert, ehe der Ausschußbericht dem vollen Parlament vorgelegt wird. Da es sich bei der Verabschiedung um eine gemeinschaftliche Entscheidung handelt, sind zwei Lesungen im Parlament und im Rat erforderlich. Dabei besteht die Möglichkeit, daß die Bildung eines Schlichtungsausschuß für die Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden notwendig sein wird.