Vom Fühlen zu Wahrnehmungssystemen
Das SENSEMAKER-Projekt entwickelt elektronische Architekturen, die verschiedene Sensorinformationen zu einem umfassenden Wahrnehmungsmodell der Umgebung verbinden. Durch Nachahmung der biologischen Prinzipien eines sensorischen Rezeptors und der Funktionen des Nervensystems wird die Umgebung auf einer höheren Wahrnehmungsebene dargestellt. Das SenseMaker-System kann, ähnlich wie das Gehirn, korrelierte Daten aus sensorischen Darstellungen extrahieren, die gleichzeitig mithilfe verschiedener sensorischer Modalitäten verfeinert werden. Auf Grundlage einer vordefinierten Bibliothek wählt das System die minimale Anzahl sensorischer Modalitäten, die für eine zuverlässige Unterscheidung und Bestimmung von Objekt und Umgebung kombiniert werden. Mithilfe neuromimetischer Modellierung wurde das Wahrnehmungssystem umfassend untersucht und schließlich mit programmierbaren gemischten analogen und digitalen anwendungsspezifischen integrierten Schaltungen (Application-Specific Integrated Circuits, ASICs) implementiert. Bei einer unvorhergesehenen Änderung der Umgebung oder einer Beeinträchtigung eines oder mehrerer Sensoren kann sich das System durch Bildung zusätzlicher Querverbindungen selbst neu konfigurieren. Neuronen mit Aktionspotenzial und adaptive Synapsen wurden mit einem neuralen Netz mit gemischten ASICs implementiert. Das neurale Netz mit Aktionspotenzial imitiert neurales Verhalten, das mithilfe von Membranmodellen erklärt wird. Folglich können Aktionspotenziale bei bestimmten Membran-Schwellenspannungen generiert werden. Leitwertbezogene Synapsen bieten eine realistische Grundlage für deren umgekehrte Potenziale. Aufgrund von Schwankungen beim Fertigungsprozess sind alle Transistoren unterschiedlich, vergleichbar mit Neuronen. Um diese Schwankungen ausgleichen und neurale Mikroschaltkreise mit einer bekannten statistischen Parameterverteilung entwickeln zu können, verfügt jedes elektronische Neuron über mehrere einzeln einstellbare Parameter. Weiterhin ermöglicht die Plastizität einen besseren Einblick in die Details der Umgebungswahrnehmung des Gehirns. Hierbei wurden mit vom Timing des Aktionspotenzials abhängigen Plastizitätsalgorithmen, die aus Studien der Neokortex bei Säugetieren abgeleitet wurden, assoziative Plastizitätsregeln vom biologischen Gegenstück übernommen und für die Speicherung von Langzeiterinnerungen verwendet. Bei dem Chip mit Aktionspotenzial für neurale Netze misst jede Synapse die Korrelation zwischen dem Signal vor und nach der Synapse. Naturgetreue Wahrnehmungssysteme ahmen die hoch entwickelte Interaktion eines lebenden Systems mit seiner Umgebung nach. Durch die Zusammenführung sensorischer Informationen wie Sehen, Hören und/oder Fühlen mit Wissen, Kontrolle und Reaktion verfügen diese Systeme über das Potenzial, die Fähigkeiten von Maschinen und die menschliche Wahrnehmung zu erweitern.