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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - ... Behandlung neurologischer Erkrankungen und sehende Rechner!

Etwa 165 Millionen Europäer werden im Laufe ihres Lebens wahrscheinlich eine Form von Gehirn-Erkrankung erleiden. Da die Bevölkerung altert, erkranken mehr Menschen an Alzheimer und anderen neurodegenerativen oder altersbedingten psychischen Erkrankungen, wodurch die Kosten im Gesundheitswesen explodieren. Die Suche nach besseren Möglichkeiten der Vorbeugung und Behandlung von Erkrankungen des Gehirns ist daher ein dringendes Anliegen, weshalb es wichtig ist zu verstehen, wie unser Gehirn arbeitet, um unsere Volkswirtschaften an der Spitze der neuen Informationstechnologien und Dienstleistungen zu halten. EU-finanzierte Forschung geht diese Herausforderungen an.

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Wie im ersten Teil dieses Artikels erwähnt , hat die Europäische Kommission im Mai diesen Jahres 150 Mio. EUR für die Finanzierung von 20 neuen IKT-Forschungsprojekten angekündigt, die neue Erkenntnisse und Innovationen im Zusammenhang mit Schädel-Hirn-Verletzungen, psychischen Störungen, Schmerzen, Epilepsie und pädiatrischen Verhaltensstörungen liefern sollen. Die EU-Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft, Máire Geoghegan-Quinn, erläuterte: "Die Behandlung von Betroffenen (einer Gehirn-Erkrankung) kostet uns in jeder Minute 1,5 Mio. EUR [...] Hirnforschung könnte dazu beitragen, das Leid von Millionen von Patienten und denjenigen, die für sie sorgen, zu mildern. Die Geheimnisse der Funktionsweise des Gehirns aufzudecken, könnte das Tor zu einer ganz neuen Welt von Diensten und Produkten für unsere Volkswirtschaften öffnen." Behandlung neurologischer Erkrankungen Schlaganfall ist die häufigste neurologische Erkrankung. Sie verursacht kognitive Probleme - wie zum Beispiel Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- oder Sprachstörungen - oder schwere körperliche Behinderungen. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu, weshalb sie damit die häufigste Ursache für eine lebenslange Beeinträchtigung im Erwachsenenalter ist. Durch diese Auswirkungen wird die Abhängigkeit der Patienten von anderen Menschen tendenziell erhöht und diese verlorene Autonomie kann dann zu Depressionen führen. Das Projekt CONTRAST will die Lücke zwischen institutioneller Rehabilitation und Überwachung des Patienten zu Hause überbrücken. Das Projekt entwickelt eine adaptive "Mensch-Computer-Schnittstelle" (HCI), um kognitive Funktionen zu verbessern. Sie bietet Trainingsmodule an, die die Rückgewinnung von Aufmerksamkeit und Gedächtnis verbessern. Die Patienten erhalten damit einen individuell zugeschnittenen Rehabilitationsprozess zu Hause und der Arzt kann die Fortschritte von der Klinik aus überwachen. Bei einem Drittel der Schlaganfallpatienten bleiben langfristige körperliche oder kognitive Behinderungen zurück, die ihnen ein unabhängiges Leben unmöglich machen. COGWATCH zielt auf die Verbesserung der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten mit Symptomen von "Apraxie und Handlungsstörungssyndrom "(apraxia and action disorganisation syndrome, AADS) ab. Solche Patienten behalten ihre motorischen Fähigkeiten, begehen aber kognitive Fehler bei alltäglichen zielorientierten Aufgaben. Das Projekt entwickelt intelligente Werkzeuge und Gegenstände, tragbare Geräte sowie Umgebungssysteme, um Schlaganfall-Patienten mit AADS-Symptomen persönliche kognitive Rehabilitation zu Hause anzubieten. Durch ständiges Feedback wird das System den Patienten helfen, sich die Fähigkeiten wieder anzutrainieren, die sie für ihre täglichen Aktivitäten und um unabhängig zu sein brauchen. Parkinson-Krankheit ist eine andere neurodegenerative Erkrankung, die immer häufiger anzutreffen ist - sie betrifft vor allem Bereiche des Gehirns, die an der Bewegungssteuerung beteiligt sind. Das Projekt CUPID will innovative, personalisierte Rehabilitation zu Hause für Menschen mit Parkinson-Krankheit entwickeln. Diese soll an die Bedürfnisse des Patienten angepasst sein. Der CUPID-Service verwendet tragbare Sensoren, Audio-Biofeedback, virtuelle Realität und externes Cueing, um ein intensives und motivierendes Training zu liefern, das auf den Patienten angepasst ist und aus der Ferne überwacht werden kann - dadurch werden weniger Fahrten in ein Rehabilitationszentrum erforderlich. Bis Ende 2012 hatte das Projekt bereits die Reha-Übungen konzipiert und virtuelle Spiele für diese Übungen sowie die telemedizinische Infrastruktur für die benötigte Fernüberwachung entworfen. Epilepsie ist eine weitere häufige neurologische Erkrankung, die trotz der Fortschritte in der Behandlung, immer noch nicht heilbar ist. Heutzutage kann eine medikamentöse Behandlung die Symptome reduzieren oder entfernen, aber um wirksam zu sein, muss die Krankheit zeitlebens überwacht und die Behandlung angepasst werden. Es müssen mehrere Parameter für eine genaue Diagnose, Prognose, Alarmierung und Prävention sowie die Nachverfolgung der Behandlung und präoperative Evaluierung überwacht werden. Das Projekt ARMOR gestaltet ein ganzheitliches, individuelles, medizinisch effizientes und wirtschaftliches Überwachungssystem, um Gehirn- und Körperdaten von Epilepsiepatienten zu analysieren. Dieses tragbare System wird eine genauere Diagnose für den einzelnen Patienten erlauben, und damit ein besseres Verständnis und die Vorhersage des Zeitpunkts und Art ihrer Anfälle ermöglichen. Das System kann warnen und ggf. medizinische Hilfe und Beratung sicherstellen. Die Amputation einer Gliedmaße ist nicht nur eine traumatische körperliche Erfahrung. Sie kann auch zu schmerzhaften Empfindungen führen, die aus dem fehlenden Körperteil zu kommen scheinen, ein so genannter "Phantomschmerz". Das Projekt TIME entwickelt eine Alternativbehandlung von Phantomschmerzen auf der Basis einer neuen "Mensch-Maschine-Schnittstelle" (HMI) und selektiver, elektrischer Stimulation der peripheren Nerven. Mithilfe einer implantierbaren Elektrode, die im Inneren der Nervenzellen platziert wird, und elektrischen Stimulatoren außerhalb des Körpers, wird das System mit elektrischer Mikrostimulation die schmerzhaften Empfindungen verringern. In einer anderen Anwendung kann es Amputierte befähigen, in virtuellen Umgebungen durch Berührung zu spüren. Dinge sehen Das Potential solcher Techniken endet nicht bei Überwachung, Diagnose und Behandlung chronischer Zustände. Das Projekt OPTONEURO könnte letztlich blinden Menschen ihre funktionale Sehkraft zurückgeben. "Optogenetik" ist eine aufregende neue Gentherapietechnik, mit der Nervenzellen dazu gebracht werden, auf bestimmte Farben von Licht zu reagieren. Einfache Impulse von intensivem Licht führen dazu, dass diese photosensibilisierten Nervenzellen "Aktionspotentiale", die Träger von Informationen im Nervensystem, abfeuern. Um die Nervenzellen zu aktivieren, ist diese neue Therapie von sehr hohen Beleuchtungsdichten abhängig - wenn helles Licht auf sehr kleine Flächen scheint. Das OPTONEURO-Projekt will daher die komplementäre Optoelektronik entwickeln, die zur Stimulation dieser photosensibilisierten Neuronen notwendig ist. Das System wäre für Anwendungen sowohl in den grundlegenden Neurowissenschaften sowie in 'Neuroprothetik' skalierbar. Die Optoelektronik sollte insbesondere in einer optogenetisch-optoelektronischen Netzhautprothese verwendet werden - einem künstlichen Auge für Menschen, die aufgrund von "Retinitis pigmentosa" erblindete sind. Das Projekt erfordert ein Team von Spezialisten in Photonik, Mikro-Optik und Neurobiologie, um ein Array von ultra-hellen elektronisch gesteuerten Mikro-LED zu entwickeln, was auch zu einem neuen Forschungswerkzeug für die Neurowissenschaften und Neurotechnologie führen könnte. Das Projekt SEEBETTER will eine künstliche Seh-Prothese für Blinde entwickeln. Herkömmliche Bildsensoren haben große Beschränkungen, aber "Siliziumnetzhaut"-Sensoren sollen die Informationsverarbeitung einer echten Netzhaut imitieren - wobei sie räumliche und zeitliche Aspekte des visuellen Inputs berechnen. Bis heute haben diese Siliziumnetzhäute eine niedrige Quanteneffizienz - also geringe Lichtempfindlichkeit - und räumliche und zeitliche Verarbeitung lassen sich auf dem gleichen Chip nicht kombinieren. Das SEEBETTER-Expertenteam, das aus Biologen und Biophysikern sowie aus Experten der biomedizinischen, Elektro- und Halbleitertechnik besteht, will genetische und physiologische Techniken einsetzen, um ein besseres Verständnis der Funktion der Netzhaut und der Seeverarbeitung zu erlangen. Die Experten werden dann die erste Hochleistungssiliziumnetzhaut entwerfen und bauen, die auf einem einzigen Silizium-Wafer implementiert sein wird und sowohl auf räumliche als auch zeitliche visuelle Verarbeitung spezialisiert ist. Das Verständnis der neurobiologischen Grundlagen des Sehens - über die Funktionsweise der Netzhaut hinaus - kann uns helfen, den Erfolg des menschlichen Sehens für Computer und Roboter replizieren. Das Projekt RENVISION will ein umfassendes Verständnis davon erreichen, wie die Netzhaut visuelle Informationen über die verschiedenen Zellschichten kodiert und diese Kenntnisse nutzen, um einen von der Netzhaut inspirierten Rechenansatz für das maschinelle Sehen zu entwickeln. Mit hoch auflösender 3D-Mikroskopie können die en Forscher Bilder der inneren retinalen Schichten bei nahezu zellulärer Auflösung machen. Dieses neue Wissen über die retinale Verarbeitung wird die Entwicklung fortschrittlicher Mustererkennungs- und Maschinenlerntechnologien unterstützen. Das Projekt könnte daher zur Lösung einiger der schwierigsten Aufgaben des maschinellen Sehens beitragen - wie etwa die automatisierte Kategorisierung von Szenen und das Erkennen menschlichen Handelns - sodass Roboter und Computer sehen und wahrnehmen, was in den Bildern, die sie erhalten, geschieht. Dies sind nur einige der EU-geförderten IKT-Projekte, die mit Elektronik- und Computing-Technologien das menschliche Gehirn und seine Funktionsweise verstehen, erweitern und verbessern wollen. Die Ergebnisse haben das Potenzial, die Auswirkungen von Behinderung und Krankheit zu verringern, und unsere Rechenleistung, IT-Infrastruktur und Wirtschaft zu verbessern. Die in diesem Artikel vorgestellten Projekte wurden vom Programm zur Unterstützung der IKT-Politik des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) oder dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) für Forschung unterstützt. Link zu einem Projekt auf CORDIS: - RP7 auf CORDIS - CONTRAST-Projektdatenblatt auf CORDIS - COGWATCH-Projektdatenblatt auf CORDIS - CUPID-Projektdatenblatt auf CORDIS - ARMOR-Projektdatenblatt auf CORDIS - TIME-Projektdatenblatt auf CORDIS - OPTONEURO-Projektdatenblatt auf CORDIS - SEEBETTER-Projektdatenblatt auf CORDIS - RENVISION-Projektdatenblatt auf CORDIS Link zur Projekt-Website: - Website des Projekts 'An individually adaptable, BNCI-based, remote controlled Cognitive Enhancement Training for successful rehabilitation after stroke including home support and monitoring' - Website des Projekts 'Closed-loop system for personalized and at-home rehabilitation of people with Parkinson's Disease' - Website des Projekts 'Advanced multi-parametric monitoring and analysis for diagnosis and optimal management of epilepsy and Related brain disorders' - Website des Projekts 'Transverse, intra-fascicular multi-channel electrode system for induction of sensation and treatment of phantom limb pain in amputees' - Website des Projekts 'Optogenetic neural stimulation platform' - Website des Projekts 'Seeing better with hybrid BSI spatio-temporal silicon retina' - Website des Projekts 'Retina-inspired encoding for advanced vision tasks' Links zu verwandten Nachrichten und Artikeln: - Blog von Kommissarin Kroes zum Europäischen Monat des Gehirns: 'EU und USA fügen unsere graue Masse zusammen' - EK Pressemitteilung: 150 Mio. EUR für die Hirnforschung zu Beginn des "European Month of the Brain" - Q&A Memo der EK: Fragen und Antworten zum 'Europäischen Monat des Gehirns' - Website der EK zum 'Europäischen Monat des Gehirns', Mai 2013 - Veranstaltungen zum 'Europäischen Monat des Gehirns', Mai 2013 - Vom elektronischen Gehirn zur Kraft der Gedanken Weitere Links: - Website der Europäischen Kommission zur Digitalen Agenda