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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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ERC Storys - Forschung in Grenzbereichen: ein Jahrhundert der Veränderungen in Südasien

"Die Kriege des 21. Jahrhunderts werden nicht um Öl, sondern um Wasser geführt werden," sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen Boutros Boutros-Ghali bereits 1991 voraus. Aber auch Umweltveränderungen und -probleme können Auswirkungen haben, die, auch wenn sie genauso wichtig sind, langsamer und schwieriger zu erkennen sind. Dr. Sunil Amrith nutzt eine ERC-Finanzhilfe für Nachwuchsforscher (ERC Starting Grant) dazu, die Umweltauswirkungen auf die Wanderungsbewegungen am Golf von Bengalen vom späten 19. Jahrhundert bis heute zu erforschen. Seine Erkenntnisse bringen Licht in die lokale Geschichte der Küstenbewohner und bieten somit Hinweise auf Chancen zur Entwicklung wirtschaftlicher Aktivitäten an den Küsten, etwa auf Grundlage von Meeresprodukten oder auf dem Gebiet des Tourismus.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt

"Einer der Gründe, warum der Golf von Bengalen sehr interessant ist, besteht darin, dass es sich um eine der Regionen handelt, die besonders anfällig für den Klimawandel ist", erklärt Dr. Amrith. "Die Gegend ist tief gelegen und hat geografische Besonderheiten, die Schwachstellen darstellen. Die Gemeinden dort mussten schon immer mit dem Wasser leben." "Ich habe die meiste Zeit meiner akademischen Laufbahn diesem Teil der Welt gewidmet”, fährt er fort. "Meine Forschung bis heute zeigt eine komplexe Beziehung zwischen Migration und Umweltveränderungen auf und so lautet die Frage: Wie haben die Küstengemeinden dies in der Vergangenheit erlebt und wie könnten sie von den Krisen betroffen sein, die aus dem zukünftigen Umwelt- und Klimawandel erwachsen?" Internationales Ausmaß - lokale Stimmen Die Größenordnung der Fragestellung ist gewaltig: 500 Millionen Menschen leben an diesem Küstenstreifen. Einer von vier Erdenbewohnern lebt in den Anrainerstaaten des Golfs von Bengalen. Dr. Amriths "Coastal Frontiers"- Projekt führt Untersuchungen mit den Mitteln der klassischen historischen Forschung aus den Archiven über Aufzeichnungen und persönliche Papiere der südasiatischen Regierungen in Kombination mit einem eher anthropologischen Ansatz (Zeitzeugeninterviews in den Gemeinden entlang der Küste) durch. "Menschen, die ihren Lebensunterhalt durch das Meer bestreiten, so etwa Fischer und Hafenarbeiter, sind gut dazu geeignet, um über Umweltveränderungen Umwelt zu reden”, sagt Dr. Amrith, "ebenso Migranten und Migrantengemeinden wie die kleinen Küstenstädte entlang der Südküste Indiens. Ältere Menschen können sich an Wanderungsbewegungen, Überschwemmungen und Katastrophen und daran, wie sich das Klima verändert hat, erinnern, aber ich bin auch an dem interessiert, was an die jungen Menschen weitergegeben wird. Wie ist diese gemeinschaftliche Erinnerung beschaffen?" Der promovierte wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. Debojyoti Das wird an dieser anthropologischen Forschungsarbeit in den Gemeinden mitwirken. Mit Dr. Amrith, der in Tamil und Malayisch arbeitet, und Dr. Das, der Bengali spricht, verfügen die beiden Forscher über einander ergänzende sprachliche, akademische und regionale Kompetenzen. "Mit nur zwei Teammitglieder ist es ein eher ungewöhnliches ERC-Projekt”, sagt Dr. Amrith, "aber es erfordert viel Forschergeist und ist unberechenbar - ich glaube, ohne die ERC-Hilfe wäre es nicht möglich gewesen." Ganz neue Fragen "Nach den ersten 18 Monaten mussten wir feststellen, dass die Archive viel verstreuter sind, als wir erwartet hatten”, so der Forscher "Aber wir haben nun immerhin eine Vorstellung davon, wo wir weitersuchen müssen. Beispielsweise wurde das Londoner National Maritime Museum intensiv von britischen Marinehistoriker erforscht, aber es verfügt gleichermaßen über Aufzeichnungen über den Golf von Bengalen wie etwa über Veränderungen im Wetter und den Flussverkehr auf dem Irrawaddy in Burma." Die Umweltgeschichte inklusive ihrer Überschneidungen mit der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Geschichte ist ein im Wachsen begriffendes Gebiet. Dr. Amrith hofft, auf der ersten Projektkonferenz und über seinen Blog einige seiner Erkenntnisse disziplinübergreifend mit Klima-, Umwelt- und Politwissenschaftlern gemeinsam zu nutzen und diskutieren zu können. "Wir erforschen die Grenzen des ökologischen Wandels, zwischen Staaten und Nationen, Flüssen und Ozeanen sowie zwischen Land- und Seerecht”, erklärt Dr. Amrith, “ebenso wie die Risiken für die Gemeinden, die Fischer und Migranten, die diese Grenzen überqueren." Umweltveränderungen respektierten keinerlei Grenzen und da so viele große Flüsse Asiens in den Golf von Bengalen münden, stehe die hochrangige internationale Wasserpolitik auf dem Spiel. "Indien, Bangladesch und China stellen Ansprüche auf die Wasserressourcen und so musste ich die Forschung auf Konflikte und Krisen konzentrieren”, betont der Forscher. "Unsere Erfahrungswerte bislang besagen allerdings, dass der Handlungsspielraum weiter als das gefasst werden sollte - einige der unmerklich langsamen, stillschwiegenden Veränderungen sind vermutlich die interessantesten." "Er schließt: “Und so möchte ich fragen: Wie reagiert die Geschichte als eine Disziplin auf das Phänomen des Klimawandels? "Haben wir etwas zu bieten? Und meine Antwort lautet: Ja!" - Quelle: Dr. Sunil Amrith - Projektkoordinator: Birkbeck College, University of London, Vereinigtes Königreich - Projekttitel: Coastal Frontiers: water, power, and the boundaries of South Asia - Projektakronym: CFRONTIERS -http://www.bbk.ac.uk/history/coastalfrontiers/ (CFRONTIERS Projektwebsite) - RP7 Finanzierungsprogramm (ERC-Aufforderung): Starting Grant 2011 - Finanzmittel der EK: 887 229 EUR - Projektdauer: 5 Jahre