Wie wird Europa außerhalb der EU wahrgenommen?
Das EUMAGINE-Projekt untersuchte, wie Europa außerhalb der EU wahrgenommen wird, und wie diese Sichtweisen das Streben nach Migration und diesbezügliche Entscheidungen beeinflussen. Das Projekt konzentrierte sich darauf, wie die Wahrnehmung der Menschen des Zustands von Demokratie und Menschenrechten in ihren Heimatregionen und -ländern sowie der möglichen Zielländer einer Auswanderung deren Absichten in Migrationsfragen beeinflussen. Die Forschung bezog 2 000 Personen im Alter von 18 bis 39 Jahren aus Marokko, dem Senegal, der Türkei und der Ukraine ein. Abwanderungsversuchen nach Europa geht der Wunsch nach Migration voraus. Man kann davon ausgehen, dass diese Migrationsziele mit den Wahrnehmungen in Bezug auf den Status von Demokratie und Menschenrechten sowohl in Europa als auch im Herkunftsland im Zusammenhang stehen. Unsere Definition von Menschenrechten und Demokratie beinhaltet Aspekte wie Korruption, Sicherheit, Freiheit der Meinungsäußerung, kulturelle Freiheit, Berufschancen, soziale Sicherheit sowie die Qualität des Gesundheitswesens und der Schulen. Einblicke in diesen Wahrnehmungen und Erwartungen sowie Wissen über deren mögliche Verbindungen und Determinanten könnten daher eine notwendige Voraussetzung für eine sachliche und fundierte Migrationspolitik in Europa bilden. Die Resultate des EUMAGINE-Projekts demonstrieren die Relevanz der Wahrnehmung von Menschenrechten und Demokratie im Heimatland und am Migrationsziel für die Erklärung von Migrationsbestrebungen. Die Sichtweise auf Menschenrechte und den Zustand der Demokratie wurden operationalisiert, indem die Ansichten der Menschen zu Beschäftigungsmöglichkeiten und Korruption, Bildungschancen und über die Geschlechtergleichstellung betrachtet wurden. Die Analyse ergab, dass negative Ansichten über berufliche Chancen und das Niveau der Korruption im Herkunftsland einerseits und eine positive Wahrnehmung der Beschäftigungssituation und der Korruptionsfrage in Europa andererseits das Streben nach Migration positiv beeinflussen. Es ist jedoch festzustellen, dass das wahrgenommene Ausmaß der Korruption zu Hause und in Europa keine signifikanten Auswirkungen auf den Migrationswunsch der Befragten in Marokko hatte, während die Befragten in der Türkei und im Senegal auf keine signifikante Weise durch wahrgenommene Korruption in Europa beeinflusst wurden. Interessanterweise zeigen diese Ergebnisse an, dass die wahrgenommenen Beschäftigungsmöglichkeiten im eigenen Land und in Europa eine immer bedeutendere Rolle bei der Gestaltung von Migrationsbestrebungen gegenüber wahrgenommener Korruption einnehmen. Überdies fand man Hinweise für die Stärke der Bedeutung mehrerer Einzel- und/oder Haushaltscharakteristiken bei der Vorhersage des Strebens nach Migration. Es zeigte sich, dass Faktoren wie Geschlecht und lebenszyklusbezogene Kenngrößen (z. B. Alter und Familienstand) einen Einfluss haben. Auch das Vermögen der Haushalte und die Bildung waren wichtig, wenn auch je nach Ländern und Regionen in deutlich unterschiedlichem Ausmaß. Qualitative länderübergreifende Analysen zeigten, dass insbesondere bei Frauen eine Ehe und/oder Elternschaft mit weniger Migrationsbestrebungen verbunden waren. Die EUMAGINE-Projektergebnisse werden Beiträge zur Aktualisierung des Stands der Technik und zur Stärkung der gemeinsamen internationalen Forschung leisten. Die gesammelten Informationen und das generierte Wissen werden die Formulierung von Politik auf nationaler oder europäischer Ebene erleichtern und letztlich zu nachhaltigeren, ökonomisch wettbewerbsfähigeren und stärker zusammenhaltenden Gesellschaften beitragen.
