Wissenschaft im Trend: Horchen auf ein Flüstern des Universums – Gravitationswellenforschung mit Nobelpreis gewürdigt
Rainer Weiss, Professor am Massachusetts Institute of Technology, sowie Kip Thorne und Barry Barish vom California Institute of Technology, wurde der Nobelpreis für Physik verliehen, um ihre Arbeit im Bereich der Gravitationswellen anzuerkennen. Diese feinen Wellen in der Raumzeit entstehen bei kataklystischen kosmischen Ereignissen, etwa der Verschmelzung zweier Neutronensterne, Kollisionen von Schwarzen Löchern oder Supernovae. Einstein sagte bereits vor hundert Jahren Gravitationswellen voraus, war sich jedoch sicher, dass wir nicht in der Lage wären, sie zu messen. Die ersten je gemessenen Gravitationswellen, die beim Zusammenstoß zweier sich umkreisender Schwarzer Löcher entstanden waren, benötigten ganze 1,3 Milliarden Jahre, um das LIGO-Observatorium (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory)(öffnet in neuem Fenster) im Jahr 2015 zu erreichen. Mit LIGO wurde zwar nur ein äußerst schwaches Signal erfasst, doch diese Entdeckung wird sich erheblich auf die Forschung auswirken, denn durch sie eröffnet sich eine völlig neue Möglichkeit, die gewaltigsten Ereignisse zu beobachten, die sich im Universum abspielen. Wie misst man das unendlich Kleine? Am LIGO kommen mehr als 1 000 Forscher aus über 20 Ländern zusammen, und laut der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften war jeder der drei Preisträger „(…) mit seinem Enthusiasmus und seiner Zielstrebigkeit für den Erfolg von LIGO unersetzlich. Die Pioniere Rainer Weiss und Kip S. Thorne stellten gemeinsam mit Barry C. Barish, dem für den Abschluss des Projekts verantwortlichen Wissenschaftler und Leiter, sicher, dass vier Jahre wissenschaftlicher Arbeit schließlich zum Nachweis von Gravitationswellen führten.“ Die L-förmigen Detektoren weisen zwei je 4 Kilometer lange Arme auf, durch die identische Laserstrahlen geleitet werden. Wenn eine Gravitationswelle die Erde durchläuft, wird der eine Arm des Detektors komprimiert und der andere in die Länge gezogen. Doch diese Veränderungen sind winzig – so winzig wie ein Tausendstel des Durchmessers eines Nukleons, wie Live Science(öffnet in neuem Fenster) berichtet. Dreizehn Forscher aus dem EU-finanzierten Projekt GRAWITON (Gravitational Wave Initial Training Network) trugen dazu bei, die Daten zu erfassen, die letztendlich zu diesem Preis führten, und sie zählten zu den Wissenschaftlern, deren Forschungen in die wissenschaftliche Arbeit(öffnet in neuem Fenster) „Observation of Gravitational Waves from a Binary Black Hole Merger“ einflossen, die nach dem ersten Nachweis von Gravitationswellen verfasst wurde. „Ihre Arbeit in diesem Projekt wurde durch europäische Fördermittel ermöglicht, mit denen Spitzenforschung finanziert wird, um die Grenzen des menschlichen Wissens zu erweitern“, beschreibt Carlos Moedas, der Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation. Verbesserte Triangulation dank drittem Observatorium in Europa Bis vor sehr kurzer Zeit gab es nur die beiden US-amerikanischen LIGO-Observatorien in Livingston (Louisiana) und Hanford (Washington), doch inzwischen wurde vom European Gravitational Observatory(öffnet in neuem Fenster) im italienischen Cascina nahe Pisa ein weiteres gigantisches Laserinterferometer namens Virgo errichtet. Am 14. August 2017 erkannten alle drei Stationen Gravitationswellen, die bei der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher mit 31 bzw. 25 Sonnenmassen in etwa 1,8 Milliarden Lichtjahren Entfernung freigesetzt worden waren. Diese Wellen trafen bei den Observatorien zu sehr geringfügig unterschiedlichen Zeitpunkten ein: Mit dem Virgo-Detektor wurde das Signal 6 Millisekunden später als mit den LIGO-Detektoren nachgewiesen. Damit wurden inzwischen insgesamt vier Gravitationswellen gemessen. Das Virgo-Team erklärt(öffnet in neuem Fenster), dass der Ursprung des Signals mit drei Detektoren erheblich einfacher zu bestimmen sei. „Der Bereich des Universums, aus dem die Welle wahrscheinlich stammt, kann mit einem Netzwerk aus drei statt zwei Detektoren nun mehr als 20 mal enger eingegrenzt werden.“ „Da wir nun auch Virgo nutzen können, treten wir in ein neues Zeitalter der Astronomie ein – die Multi-Messenger-Astronomie“ sagt Bangalore Sathyaprakash, ein Physiker von der Pennsylvania State University und der Cardiff University sowie Mitglied der LIGO-Kollaboration, gegenüber The Verge(öffnet in neuem Fenster). „Dies eröffnet unseren Kollegen eine neue Dimension.“ Rolf-Dieter Heuer, der Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, begrüßte die Vergabe des Preises und merkte an, dass die Messung von Gravitationswellen „ein Fenster in eine neue Welt öffnet, durch das wir in Zukunft mehr über das Universum erfahren werden.“ Hierbei handele es sich, so sagte er gegenüber Live Science, um eine fantastische Entdeckung.
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