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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Umfrage: Risikokommunikation wird EU-weit unterschiedlich gehandhabt

Eine Umfrage in den EU-Mitgliedstaaten und sechs weiteren Ländern hat gezeigt, dass Risikokommunikation von Land zu Land ganz unterschiedlich gehandhabt wird. Die Autoren des Abschlussberichts der Umfrage fordern daher ein jährliches Forum zum Austausch bewährter Praktiken. ...

Eine Umfrage in den EU-Mitgliedstaaten und sechs weiteren Ländern hat gezeigt, dass Risikokommunikation von Land zu Land ganz unterschiedlich gehandhabt wird. Die Autoren des Abschlussberichts der Umfrage fordern daher ein jährliches Forum zum Austausch bewährter Praktiken. Unter Risikoexperten gilt die Risikokommunikation als zentraler Punkt des Risikomanagementprozesses. Im Jahr 2002 hat die Internationale Organisation für Normung (ISO) Risikokommunikation als den "Austausch oder die Weitergabe von Informationen zu Risiken zwischen Entscheidungsträgern und anderen Stakeholdern" definiert. Das STARC-Konsortium (Stakeholders in Risk Communication) ging der Frage nach, ob diese Definition der Praxis der Risikokommunikation entspricht. In dem vom Sechsten Rahmenprogramm (RP6) geförderten Projekt wurde eine Umfrage in den 25 EU-Mitgliedstaaten und sechs weiteren Ländern - Australien, Japan, Kanada, Norwegen, Schweiz und USA - zur Praxis der Risikokommunikation durchgeführt. Zunächst wurde untersucht, ob es in den Ländern rechtliche Vorschriften für die Risikokommunikation mit der Öffentlichkeit gibt. In der Mehrheit der Länder bestehen verpflichtende Leitlinien, in einigen wenigen untersuchten Ländern ist dies nicht der Fall. Der dänische Ansatz war repräsentativ. Dort ist jede Behörde selbst für die Information der Öffentlichkeit verantwortlich, wenn eine Krise in ihrem Zuständigkeitsbereich auftritt. Im dänischen Modell liegt der Schwerpunkt eindeutig darauf, die Öffentlichkeit und die Medien rechtzeitig mit wahren Informationen zu versorgen. In einigen Ländern wird die Verbreitung von Warnungen für die Öffentlichkeit den Medienunternehmen überlassen. Einige Länder - Deutschland, Portugal und Schweden - orientieren ihren nationalen Gesetzesrahmen an der Seveso II-Richtlinie der EU über die Beherrschung von Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen. In dieser Richtlinie werden die Unterrichtung der Öffentlichkeit und die Interaktion mit den gesellschaftlichen Gruppen als Kommunikation definiert. Die Autoren des Berichts schlagen vor, dass mehr Länder einen speziellen rechtlichen Rahmen auf der Basis der EU-Richtlinie für diesen Bereich erstellen sollten. In der Mehrheit der befragten Länder sind börsennotierte Unternehmen nicht verpflichtet, eine Risikobewertung und eine Darstellung ihres Risikomanagements in ihre Geschäftsberichte aufzunehmen. Von den Ländern, in denen es eine solche Vorschrift gibt, könnte die finnische Praxis als repräsentativ gelten. In Finnland müssen Unternehmen regulierter Branchen wie Telekommunikation, Energieversorgung, Gesundheit, Finanzwesen und Versicherung, Wasserversorgung sowie Transport und Verkehr Einzelheiten ihrer Risikokommunikation und ihres Risikomanagements offen legen. In der kanadischen Provinz Québec müssen die Industrien gemäß dem Zivilschutzgesetz von Québec der Öffentlichkeit und der Bezirks- und/oder Provinzregierung ein Risikoregister zugänglich machen. Fast alle Umfrageteilnehmer waren der Ansicht, dass "risikoreiche" Branchen eine Bewertung der Risiken, denen sie ausgesetzt sind, und eine Darstellung ihres Risikomanagements veröffentlichen müssen. Estland, Griechenland und Österreich sind die einzigen Länder, in denen es keine entsprechenden Rechtsvorschriften gibt. Unter den Befragten galten Chemie, Pharma, Kernkraft, Energie, Öl und Gas und/oder die Branchen, die in den Anwendungsbereich der Seveso II-Richtlinie fallen, als "risikoreiche Branchen". Laut Umfrage bestehen Bestimmungen zur Risikokommunikation allgemein im Rahmen eines umfassenden Risikomanagementplans. Nur einge Länder, nämlich Finnland, Griechenland, die Niederlande, Polen, Slowenien, das UK und Ungarn, haben spezielle Kommunikationspläne oder sind dabei, diese zu entwickeln. Die Autoren des Berichts empfehlen eine Kombination aus generischen und spezifischen Leitlinien. Als Beispiel eines guten Verfahrens führten sie das UK an, wo es sowohl branchenspezifische Risikokommunikationspläne als auch allgemeine Ratschläge gibt. In wenigen Ländern, so die Autoren des Berichts, bestehe etwas Vergleichbares. Trotz der Tatsache, dass die Umfrage gewisse gemeinsame Trends illustrierte, zeigten sich doch erhebliche Unterschiede. So beginnt für jeweils gleich viele Befragte die Risikokommunikation an drei unterschiedlichen Punkten: Entweder in der Phase der vorläufigen Abschätzung oder der Abschätzung; nach der Abschätzungsphase, wenn die verschiedenen Optionen des Risikomanagements abgewogen werden; oder nachdem die geeignete Option gewählt wurde. Bei der Analyse der Antworten gingen die Autoren des Berichts davon aus, dass die erste Möglichkeit das beste Verfahren ist. Sie weisen darauf hin, dass eine Anhörung den gesellschaftlichen Gruppen, also auch der Öffentlichkeit, die Möglichkeit gibt, Informationen beizusteuern, auf die die Experten alleine keinen Zugriff hätten. "Es ist offensichtlich wichtig, dass in die Entscheidung, wie ein Risiko zu managen ist, die Ansichten und Meinungen der Stakeholder einfließen, damit diese Entscheidung überhaupt eine Chance auf gesellschaftliche und politische Akzeptanz hat", heißt es in dem Bericht. In der Tat ist die Rolle der Stakeholder in der Risikokommunikation ein wichtiges Thema, und ein erheblicher Teil der Umfrage ist dieser Frage gewidmet. Insbesondere sollten die Befragten angeben, ob sie die Meinungen der gesellschaftlichen Gruppen explizit abfragen und ob diese Stellungnahmen öffentlich gemacht werden. Zwar sagten fast alle Befragten, dass sie die Meinungsäußerungen von Stakeholdern und zivilgesellschaftlichen Organisationen begrüßen, aber tatsächlich gibt es in den Risikokommunikationsplänen von nur neun Ländern entsprechende Bestimmungen, um diese gesellschaftlichen Akteure zu identifizieren. Auch was die Veröffentlichung der Stellungnahmen der Stakeholder betrifft, so gab die Hälfte der Befragten an, dass ihre Risikomanagementpläne Vorkehrungen für die Veröffentlichung öffentlicher Konsultationen zu bestimmten Gefahren treffen. Der Aufbau engerer Verbindungen mit den gesellschaftlichen Gruppen, so die Autoren des Berichts, sollte nicht als bürokratische Vorschrift gesehen werden, sondern als eine Notwendigkeit, die nicht nur das Risikomanagement allgemein unterstützt, sondern auch die Akzeptanz einer Entscheidung fördert, wie ein gegebenes Risiko am besten zu managen ist. "Werden alle maßgeblichen Stakeholder aktiv zur Teilnahme ermutigt, wird die Gefahr umgangen, dass einige Stakeholder mit Eigeninteressen den Prozess dominieren", erklären die Autoren des Berichts. Angesichts der unterschiedlichen Ansätze und Praktiken der Risikokommunikation empfiehlt der Bericht ein strukturiertes Forum für EU-Mitgliedstaaten, in dem bewährte Verfahren ausgetauscht werden können. "Wir sind der Ansicht, dass es weder praktikabel noch wünschenswert ist, den Mitgliedstaaten eine Harmonisierung der Risikokommunikation aufzuzwingen. Nichtsdestotrotz würde ein Erfahrungsaustausch darüber, was in welcher Situation funktioniert hat und was nicht, vermutlich zu einer besseren Risikokommunikation führen, zu einer besseren Konsultation der Stakeholder und zu einer besseren Koordination, sowohl horizontal als auch vertikal und insbesondere zwischen den Regierungen", so der Bericht. Der Bericht weist auch darauf hin, dass es zwar in Europa ein umfassendes Fachwissen über Risikokommunikation gibt, dass aber ein Forum auch von den Erfahrungen von Drittländern, zum Beispiel Australien oder Kanada, profitieren könnte. Abschließend empfiehlt der Bericht, dass die Europäische Kommission ein Forum von Risikomanagern und Risikokommunikationsexperten mit praktischer Erfahrung aus Behörden - aber auch aus anderen Bereichen - initiiert. Es wäre dabei auch nützlich, so der Bericht, Vertreter von "Risikobranchen" einzuladen.