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Nutze die Nacht: Geheimnis um die Nachtsichtfähigkeit nachtaktiver Säugetiere gelüftet

Nachtaktive Tiere verdanken ihre Nachtsichtfähigkeit einer speziellen DNA-Architektur innerhalb der Photorezeptoren ihrer Augen. Diese Entdeckung gelang nun einem Team deutscher und britischer Wissenschaftler und wurde im Fachmagazin Cell veröffentlicht. Die Forscher beschreib...

Nachtaktive Tiere verdanken ihre Nachtsichtfähigkeit einer speziellen DNA-Architektur innerhalb der Photorezeptoren ihrer Augen. Diese Entdeckung gelang nun einem Team deutscher und britischer Wissenschaftler und wurde im Fachmagazin Cell veröffentlicht. Die Forscher beschreiben, wie die Stäbchen-Zellkerne dank ihrer einzigartigen DNA selbst als winzige Lichtsammellinsen fungieren. "Die Zellkerne bei tagaktiven Lebewesen sorgen in der Regel für eine Streuung an Hindernissen", erklärte Dr. Jochen Guck von der University of Cambridge in Großbritannien. "Bei nachtaktiven Tieren hingegen handelt es sich hierbei um kleine Linsen. Einerseits wird das Licht in alle Richtungen gestreut, andererseits wird es in eine Richtung fokussiert." Und in jedem Auge gibt es Millionen dieser Zellkerne. Somit wird das gesamte Restlicht gebündelt und kann tiefer ins Auge gelangen, wo es schließlich wahrgenommen wird. Im Gegensatz zu sich nicht teilenden Zellen, die sowohl in einzelligen als auch in mehrzelligen Organismen ein praktisch einheitliches Muster aufweisen, wird bei nachtaktiven Säugetieren die nukleare Struktur der Stäbchenzellen (Photorezeptoren in der Netzhaut des Auges) invertiert. In der Regel besitzt ein Zellkern sogenanntes Heterochromatin in der Peripherie und Euchromatin im Inneren. Bei Chromatin handelt es sich um die Kombination aus DNA, RNA und Protein, aus der sich die Chromosomen zusammensetzen. Im Heterochromatin ist die DNA sehr dicht gepackt, während sie im Euchromatin weniger stark komprimiert ist. Bei nachtaktiven Säugetieren findet sich eine genau gegenteilige Struktur der Augen: Euchromatin in der Peripherie und Heterochromatin im Inneren des Zellkerns. Um die Unterschiede zwischen Tag- und Nachtsicht zu beleuchten, führten die Forscher Untersuchungen an Mäusen durch. Die Stäbchenzellen bei Mäusen zeigen - ebenso wie bei anderen nachtaktiven Säugetieren - die invertierte nukleare Struktur. Mäuse, werden jedoch zunächst mit der konventionellen Architektur geboren, welche sich erst später umwandelt. Da die Augen nachtaktiver Tiere bedeutend lichtempfindlicher sein müssen, finden sich hier auch erheblich mehr Stäbchenzellen, was wiederum für eine stärkere äußere Nuklearschicht der Netzhaut sorgt. Hier finden sich Kolonnen der speziellen Zellkerne, welche die Übertragung des Lichts optimieren und dieses in die lichtempfindlichen Stäbchensegmente leiten. "Die Inversion bei nachtaktiven Säugetieren sorgt dafür, dass das Licht von einem Zellkern zum nächsten weitergeleitet wird. Es wird also weitergegeben, damit es sich nicht streut", sagte Dr. Guck. In evolutionärer Hinsicht wird die konventionelle Struktur der Stäbchenzellen bevorzugt. Diese wurde jedoch im Laufe der Zeit aus verschiedenen Gründen modifiziert, ergänzte Dr. Boris Joffe von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Deutschland. "Zusammengenommen lassen paläontologische, molekulare und morphologische Daten stark darauf schließen, dass (1) das invertierte Muster zu einem frühen Zeitpunkt innerhalb der Evolution der Säugetiere als Anpassung an die Nachtsicht dieser primär nachtaktiven Gruppe der Tiere auftrat", folgert die Studie. Zudem wird angedeutet, dass "das konventionelle Muster entsprechend wiederholt bei Säugetieren vererbt wurde, die erneut einen tagaktiven Lebensrhythmus aufnahmen, und dass die Bewahrung der konventionellen Architektur höchstwahrscheinlich auf eine selektive Notwendigkeit der konventionellen nuklearen Struktur zurückgeführt werden kann. Durch Vergleiche der invertierten und konventionellen Muster können somit die vorteilhaften Eigenschaften hervorgehoben werden, welche die universelle Verbreitung der konventionellen nuklearen Architektur vorbestimmen."

Länder

Deutschland, Vereinigtes Königreich

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