"Sattelkollaps" als Ursache des raschen Meeresspiegelanstiegs
Forscher der University of Bristol im Vereinigten Königreich haben durch den Einsatz von Modellen über Klima und Eisdecken das Geheimnis gelüftet, das hinter schnellen Anstiegen des Meeresspiegels in der Vergangenheit steckt. Die teilweise durch eine Finanzhilfe innerhalb der Marie Curie-Maßnahme des Siebten EU-Rahmenprogramms (RP7) geförderten Ergebnisse beweisen, dass ein Prozess mit der Bezeichnung "Sattelkollaps" (saddle collapse) zwei rasch erfolgende Meeresspiegelanstiege verursachte: den Schmelzwasserpuls 1A (Meltwater pulse 1A, MWP1A) vor rund 14 600 Jahren und die Misox-Schwankung (eine Klimaschwankung) vor 8 200 Jahren. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Auf ihrer Suche nach dem Auslöser für diese Ereignisse fanden die Forscher bislang nie konkrete Hinweise. Dr. Lauren Gregoire von der School of Geographical Sciences an der Universität Bristol und ihre Kollegen betrachteten nun, auf welche Weise die Ereignisse den Zusammenbruch und die Trennung von Eisdomen über Nordamerika auslösten, was schnelles Abschmelzen und die Öffnung eines eisfreien Korridors zur Folge hatte. In Gebieten mit starkem Schneefall und höherliegender Topographie wie etwa in den Rocky Mountains bildeten sich Eiskuppeln von bis zu drei Kilometer Dicke. Das Inlandeis bestand aus den Sätteln, tiefer liegenden Eistälern zwischen den Kuppeln. Den Forschern zufolge erwärmte sich das Klima gegen Ende der letzten Eiszeit auf natürliche Weise. In dieser Studie fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, dass das Eis in immer höheren Lagen abschmolz und später den Sattelbereich zwischen den Eiskuppeln erreichte und zum Schmelzen brachte. Sie beobachteten, dass der schmelzende Sattel schrumpfte, schließlich wärmere Höhenlagen erreichte und immer schneller schmolz. Endergebnis war ein vollständig abgeschmolzener Sattel. Innerhalb von nur 500 Jahren waren die Sättel verschwunden und nur die Dome aus Eis blieben übrig. Nach Meinung der Forscher floss das geschmolzene Eis in die Ozeane, wo es während des Schmelzwasserpulses 1A vor 14 600 Jahren innerhalb von 500 Jahren einen schnellen Anstieg des Meeresspiegels um 9 Meter und bei einem zweiten Ereignis, einer Klimaschwankung, vor 8 200 Jahren einen Anstieg um 2,5 Meter verursachte. "Wir hatten nicht erwartet, dass unser Modell einen derart schnellen Meeresspiegelanstieg vermeldet", sagt Hauptautorin Dr. Gregoire. "Wir waren richtig aufgeregt, als wir merkten, dass die von uns simulierten Ereignisse tatsächlich stattgefunden hatten! Der durch den Sattelkollaps ausgelöste Schmelzwasserpuls erklärt mehr als die Hälfte des sprunghaften Meeresspiegelanstiegs vor rund 14 600 Jahren. Und der Rest hatte seine Ursache wahrscheinlich im fortschreitenden Abschmelzen der Eisschilde in Europa und in der Antarktis." Nach Angaben der Forscher rekonstruieren die Ergebnisse den Prozess, der das Abschmelzen des nordamerikanischen Eisschilds auslöste und in der Vergangenheit zu schnellen Meeresspiegelanstiegen führte. Sie geben jedoch auch Einblicke in die Beschaffenheit der Eisschilde und des Klimawandels. Diese Studie könne außerdem zu Testzwecken für weitere Klima- und Eisschildmodellen dienen. Diese Art Modelle erkennt möglicherweise in natürlichen Aufzeichnungen beobachtete Muster. Im Gegenzug könnten die Wissenschaftler noch mehr Vertrauen in diese Modelle setzen.Weitere Informationen erhalten Sie hier: University of Bristol http://www.bris.ac.uk/(öffnet in neuem Fenster) Nature http://www.nature.com/(öffnet in neuem Fenster)
Länder
Vereinigtes Königreich