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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Urintest für leichteres und wirkungsvolleres Diabetesmanagement

Ein Marie-Curie-Projekt hat Forscherinnen und Forscher aus Europa und China zusammengeführt, um ein neues Verfahren für die Diagnose und Überwachung der Entwicklung von Diabetes zu entwickeln. Dank eines einfachen Urintests werden Patienten von Lösungen profitieren, die einfacher zu verwenden, kostengünstiger und effizienter als jede andere derzeit verfügbare Methode sind.

Urintests zur Messung des Blutzuckers sind zwar einfacher als die entsprechenden Blutzuckertests, waren aber bisher unzuverlässiger. Einen krankheitsspezifischen Proteinbiomarker im Urin zu finden, ist keine leichte Aufgabe, da sich diese Proteine sehr schnell und aufgrund von Veränderungen in der Ernährung, durch stoffwechselbedingte oder katabolische Prozesse, zirkadiane Rhythmen, Pharmakologie, Bewegung sowie auch durch verschiedene Hormone im Blutkreislauf verändern können. Und schließlich beeinflussen umweltbedingte und genetische Faktoren auch die Geschwindigkeit des Fortschreitens der Krankheit. Das impliziert, dass die Biomarker von Patienten aus verschiedenen Regionen der Welt nicht unbedingt die gleichen Merkmale haben.  Das durch die EU unterstützte Projekt UROSENSE Biomarker Applications for Nanotechnology and Imaging in Diabetes), das im Dezember 2015 abgeschlossen wurde, soll diesen Mangel an geeigneten, einfachen und leicht zugänglichen Urin-Testverfahren beheben, um die rasche Verbreitung von Diabetes weltweit zu bekämpfen. Das Projektteam unter der Leitung von Dr. Harry Holthöfer von der Dublin City University hat es dank einer gründlichen Analyse von qualitativ hochwertigen, standardisierten Daten geschafft, ein leicht zu bedienendes, nichtinvasives System zu erstellen. Dieser Test, der an Patienten aus China und Europa getestet wurde, kann zu Hause als Vor-Ort-Test verwendet werden, um Patienten schnell zu screenen und sie sogar dabei unterstützen, den Beginn einer Diabetes zu verschieben und sogar ganz zu vermeiden. Er wird schließlich Patienten in einem Diabetesvorstadium vor der Einweisung ins Krankenhaus bewahren und zu erheblichen Einsparungen bei den Ausgaben im Gesundheitswesen beitragen. Was können Sie uns über die Biomarker erzählen, die Sie bei Ihrer Forschung identifiziert haben? Dr. Harry Holthöfer: Durch unsere Untersuchungen konnten wir eine Anzahl von nützlichen Biomarkern identifizieren, die im Urin von Patienten zu finden sind. Die neue Methode, die wir verwenden, um diese Biomarker zu finden nennt sich „Hydrostat Filtration Dialyse“ (HFD) und ist bei weitem besser als alle bestehenden Praktiken. Sie ist bei der Aufdeckung potentieller Biomarker einfacher, kostengünstiger und effektiver. Außerdem verkürzt unsere Methode radikal die benötigte Zeit, um die Biomarkerquelle in Studien zu nutzen. Außerdem lassen sich Proben einfacher lagern, beispielsweise in Entwicklungsländern. Das ist ein wichtiger Aspekt, da derzeit immer mehr Probensammlungen für Biobanken genutzt werden, um diese für eine spätere Analyse aufzubewahren. Unsere Methode reduziert den Bedarf an Lagerungskapazität (Gefrierschränke) auf weniger als ein Zehntel von dem, was bisher erforderlich war. Ihr Hauptziel war es, einen nichtinvasiven Urintest zu entwickeln, um Patienten zu screenen. Sind Sie mit den Ergebnissen zufrieden? Wir sind sehr zufrieden mit dem neuen Verfahren: es bietet zahlreiche potenziell neue Möglichkeiten, um die Krankheitsmechanismen besser zu verstehen und um Zielwege und Moleküle für die pharmakologische Intervention zu identifizieren. Darüber hinaus bietet es einen neuen Weg für einen verbesserten, einfachen Test zu Hause und mobile Anwendungen im Gesundheitsbereich, damit Patienten ihren Diabetes leichter in ihrem Alltag bewältigen können. Nach der vollständigen Validierung hoffen wir, dass unser Verfahren zu einem wesentlich einfacheren Diabetesmanagement mit einem völlig schmerzlosen Urin-Testsystem führen wird. Wie schneidet dieser Test im Vergleich zu den bisher verwendeten Methoden ab? Wir haben gesicherte Daten, mit denen wir nachweisen, dass unser Testsystem erste Biomarkerinformationen über das Fortschreiten von Diabetes in einer viel einfacheren Form liefern kann. Dieses System will die derzeit teuren, arbeitsintensiven und oft sehr technischen Methoden bei der Jagd nach Biomarkern, nicht nur für Diabetes, sondern auch für andere Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-, Infektions- und Nierenerkrankungen, ersetzen. Also ich würde sagen, dass unsere HFD-Methode eine vielversprechende neue Plattform ist, die für viele futuristische Diagnosezwecke verwendet werden könnte. Wie wirksam könnte Ihrer Meinung nach der neue Test sein, um einen Ausbruch von Diabetes zu vermeiden? Wir sind davon überzeugt, dass die Identifizierung des Risikos von Diabetes und des Risikos kostspieliger diabetischer Organkomplikationen wie diabetische Nieren, Herz-Kreislauf-, Haut- und Augenkomplikationen der künftige Weg für ein angemessenes Risikomanagement auf persönlicher, gesellschaftlicher und nationaler Ebene sein sollte. Das wird nicht nur eine übermäßig frühe Arbeitsunfähigkeit verhindern, sondern sich auch als eine kosteneffiziente Triebkraft für das künftige Gesundheitswesen erweisen. Haben Sie Ihre Methode schon an Patienten getestet? Wir haben die ersten Ergebnisse bei europäischen und chinesischen Diabetespatienten in verschiedenen Krankheitsstadien geliefert. Wir können für die europäischen Patienten typische Biomarkermerkmale feststellen, die sich erheblich von den chinesischen Diabetespatienten unterscheiden. Da die Zahl der Diabetespatienten in China schnell ansteigt, wo es bereits rund 100 Millionen Patienten gibt, besteht ein dringender Bedarf, mehr über die Merkmale dieser Krankheit zu lernen, um schließlich die massiven Kosten zu vermeiden, die dieser Anstieg in der Zukunft bedeuten würde. Aus diesem Grund haben wir in diesem Land unser Netzwerk mit der wertvollen Hilfe unseres UROSENSE-Partners in China erweitert. Wir haben bereits eine sehr ermutigende Nutzung unserer Methode dort festgestellt und die Vernetzung in China geht rasant weiter. Wie halten sie mögliche Probleme mit der Datenqualität unter Kontrolle? Dank unserer Partner Tethis in Mailand und Chimega Inc. in Hong Kong, waren bereits seit Projektstart Quality by Design (QbD), die Erfüllung aller relevanten Regulierungsfragen und die Konformität mit ISO-Normen von großer Bedeutung. Dieser Ansatz war der Schlüssel zum Potenzial einer kommerziellen Nutzung unserer Methode. Hinsichtlich der Datenqualität unserer ersten wissenschaftlichen Ergebnisse haben wir alle wesentlichen Prinzipien einer verantwortungsvollen Forschung befolgt, so dass sich unsere Ergebnisse auf ethisch vertretbare Weise reproduzieren lassen und auch andere Aspekte berücksichtigt wurden. Der Übergang von Labor auf den Markt wurde schon früh in das Forschungsdesign eingebaut und wir haben nicht nur den Machbarkeitsnachweis in der Praxis zur Verfügung gestellt, sondern auch unsere Ergebnisse in den verschiedenen ethnischen Gruppen bestätigt. Das ist wichtig, da immer mehr Studienergebnisse aus Regionen wie dem Fernen Osten und vor allem auch aus China veröffentlicht werden. Mit unserer Methode können wir die Protokolle der operationellen Standardverfahren (SOP, Standards operational procedures) vereinfachen, die auf der ganzen Welt angewendet werden, und folglich Ergebnisse von aus verschiedenen geografischen Gebieten stammenden Patienten zwecks verbesserter Analyse zulassen. Das ist der Schlüssel, um phänotypische Unterschiede in Krankheitsbiomarkern zu verstehen. Er wird hoffentlich den Weg zu einem besseren Krankheitsmanagement auf lokaler Ebene eröffnen. Daher muss die Datenqualität von Anfang an kontrolliert werden. Ihre Tests scheinen ein riesiges Marktpotenzial zu haben, da die Patienten sie allein zu Hause durchführen können. Wann wird ihrer Meinung nach die Kommerzialisierung erfolgen? Wir arbeiten derzeit hart daran, die einer Nutzung unseres Verfahrens im Wege stehenden Hindernisse zu überwinden. Für uns ist es wichtig, wegen des riesigen Diabetesproblems in China und auch wegen des leichteren Zugangs zu diesem riesigen Markt kontinuierlich voranzukommen. Anders als in Europa hat China nur eine Regulierungsbehörde. Daher lohnt es sich, bereits während des Projekts alle Anstrengungen dranzusetzen, um die Sichtbarkeit der Ergebnisse zu erhöhen und den Markt kennenzulernen. Der Aufbau eines eingehenden Verständnisses des Entscheidungsprozesses und der wichtigsten nationalen Entscheidungsträger in China hat uns sehr geholfen, zu greifbaren Produkten der ersten Generation zu gelangen, die hoffentlich in wenigen Monaten kommerzialisiert werden können. UROSENSE Gefördert unter RP7-PEOPLE Projektseite auf CORDIS UROSENSE-Website

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