Den Samen für genetisch verbesserte Koniferenzüchtungen sähen
Koniferen sind die größten und langlebigsten nicht-klonalen Landlebewesen der Welt. Da sie in zahlreichen terrestrischen Landschaften dominant sind und die größte terrestrische Kohlenstoffsenke darstellen, sind sie von herausragender ökologischer Bedeutung. Sie sind besonders wichtig für unsere Wirtschaft, da sie für die Produktion von Holz, Papier und Biomasse entscheidend sind. Am wichtigsten ist jedoch, dass sich das Genom der Koniferen vor mehr als 300 Millionen Jahren von dem der Bedecktsamer abspaltete, sodass sie eine neue Sichtweise auf Biologie und Entwicklung von Pflanzengenomen ermöglichen. Etwa 30 % der Koniferengene weisen nur geringe oder keine Ähnlichkeit zu Pflanzengenen mit bekannter Funktion auf, und sie haben sehr effiziente physiologische Anpassungssysteme entwickelt. Vor diesem Hintergrund konzentrierte sich das Team des Projekts PROCOGEN (Promoting a functional and comparative understanding of the conifer genome — implementing applied aspects for more productive and adapted forests) darauf, Züchtungsprogramme, die vor 50 bis 70 Jahren gestartet wurden, auf ein völlig neues Niveau zu heben, indem es sich mit der Genomsequenzierung zweier wichtiger europäischer Koniferenarten befasste. PROCOGEN ist insbesondere der Genomsequenzierung der Waldkiefer und der Strandkiefer gewidmet. Warum haben Sie sich hierfür entschieden? Carmen Diaz-Sala / Maria Teresa Cervera: PROCOGEN liefert Informationen zu den Genomsequenzen der Pinus pinaster und der Pinus sylvestris. Hierbei handelt es sich um zwei europäische Kiefernarten von großer ökologischer und wirtschaftlicher Bedeutung mit unterschiedlicher geographischer Verbreitung und Anpassungsfähigkeit. Im Rahmen des Projekts analysierten wir die molekulare Steuerung der Anpassungsprozesse bei unterschiedlicher europäischer Modell-Koniferenarten, die Anpassungsmechanismen entwickelt haben, welche beispielsweise mit dem Wachstum in sich verändernden Umgebungen oder mit den Reaktionen auf Dürrebelastungen (Pinus pinaster) bzw. kaltes Klima (Pinus sylvestris sowie Picea abies) in Zusammenhang stehen. Welche anderen wichtigen Ziele konnten während des Projekts erreicht werden? Eines der Kernziele dieses Projekts bestand in der Einrichtung von Kooperationen mit anderen globalen Initiativen im Bereich der Koniferengenomik, um unsere Kenntnisse über die Genomstruktur, Funktion und Entwicklung von Koniferen zu erweitern. Diese Kooperationsmaßnahme ist durch die Beteiligung von PROCOGEN-Mitgliedern an verschiedenen Genomsequenzierungs- und -beschreibungsinitiativen vereinfacht worden. Vergleichende, auf der Genomik und Transkriptomik basierende Untersuchungen lieferten uns Informationen zu einzigartigen Merkmalen von Koniferengenomen. Dies ermöglichte uns die Identifizierung von Genfamilien mit unterschiedlich ausgeprägten Nacktsamern und Bedecktsamern, den Rückschluss auf eine langsamere Evolutionsgeschwindigkeit bei Koniferen durch Verwendung von „Conserved orthologous set“(COS)-Markern sowie eine Analyse der Bedeutung von Genexpression und natürlicher Selektion hinsichtlich der evolutionären Gestaltung proteinkodierender Gene, welche zu Koniferengenfamilien zählen (Gene im Zusammenhang mit der Reproduktionsbiologie, stressbezogene Gene usw.). Die Ergebnisse des vergleichenden genetischen Mappings waren uns außerdem bei einer Neubewertung der statischen Sichtweise auf die Genomentwicklung bei Koniferen behilflich, auf die wir vor allem anhand von Vergleichen von Kieferngewächsen schließen konnten. Diese Resultate stützen eine Hypothese bezüglich substanzieller Chromosomenneuanordnungen zwischen Koniferenfamilien: Aufgrund einer Reihe von Fusionen könnten sich aus diesen Neuanordnungen die 12 Chromosomen der modernen Kieferngewächse und die 11 Chromosomen der Zypressengewächse herausgebildet haben. Sie erwähnten die internationale Zusammenarbeit. Können Sie uns mehr über die anderen verbundenen Projekte und deren Mehrwert für Ihre Forschung erzählen? PROCOGEN ist mit EU-finanzierten Projekten wie EVOLTREE, NOVELTREE, TREEBREEDEX und FORESTTRAC sowie weiteren Projekten in den Bereichen Koniferengenetik, Genomik, Züchtung und Forstbewirtschaftung verbunden. Die Suche nach Synergien führte uns ebenfalls nach Nordamerika und Kanada, wo weitere, vergleichbare Projekte stattfinden. Diese Kooperation war für beide Seiten von Vorteil. Über PROCOGEN wurden wertvolle Informationen über die Züchtungsbestände und die experimentellen Versuche bezüglich Koniferen, die Forschungsanforderungen sowie die praktischen Probleme und Herausforderungen in Verbindung mit der Implementierung der Erhaltung von Waldbaumgenen erlangt. Diese gemeinschaftliche Arbeit war uns dabei behilflich, Kandidatengene zu identifizieren, die einen Beitrag zu wirtschaftlich und ökologisch wichtigen Merkmalen leisten. Nachdem wir diese Informationen integriert hatten, machten wir neue Kiefernreferenzgene, einen umfassenden Katalog mit Genen, welche an Anpassungsreaktionen beteiligt sind, eine Identifizierung des adaptiven Werts allelischer Varianten sowie Informationen verfügbar, welche aus den vergleichenden genomischen Untersuchungen abgeleitet worden waren. So wurde eine integrierte Koniferendatenbank geschaffen. Um die weltweite Zusammenarbeit mit anderen Initiativen im Bereich der Koniferengenomik zu verbessern (in Russland standen die Arten Pinus sibirica und Larix sibirica im Fokus, in Neuseeland die Art Pinus radiata und in Japan die Art Cryptomeria japonica), organisierten die PROCOGEN-Teilnehmer zudem Veranstaltungen, die sonstigen Konifereninitiativen offen standen. Dieses integrative Projekt trug wesentlich dazu bei, den Wettbewerbsvorsprung der europäischen Forschung im Bereich der Koniferengenomik und Bioinformatik erheblich auszubauen. Welche Instrumente wurden abgesehen von der bereits erwähnten Informationsdatenbank im Zuge des Projekts entwickelt? In PROCOGEN sind verschiedene Instrumente entwickelt worden, so zum Beispiel analytische Instrumente für die Grundlagen- und angewandte Forschung bei Züchtungs- und Erhaltungsprogrammen. Wir haben ebenfalls eine Vielzahl molekularer Instrumente und Verfahren entwickelt: Exomerfassungssysteme, die auf bestimmte Koniferenarten ausgerichtet sind; einen Satz an Koniferen-COS-Genen und die dazugehörigen Marker; eine Referenzkarte zu transkriptionalen Aktivitäten und Anpassungsreaktionen von Kieferngewebe (einschließlich einem Genkatalog zu exprimierten Genen und transkriptionsregulatorischen Elementen wie z. B. Transkriptionsfaktoren, sRNAs und epigenetischen Elementen); dichte Genkarten, die auf orthologischen Markern basieren; Pre-Breeding-Instrumente (d. h. Genotypisierungsarrays für Abstammungsrekonstruktionen usw.); sowie verschiedene SNP-Genotypisierungssysteme mit hohem Durchsatz. Letztgenannte ermöglichen uns eine Beurteilung der genomischen Diversität im Maßstab des natürlichen Lebensraums der Arten sowie eine Neudefinition wichtiger Sammlungen. Zu unseren bioinformatischen Instrumenten zählt ein Portal für strukturelle und funktionale Anmerkungen von Experten sowie für den Austausch von Daten bezüglich der Genomik und Transkriptomik von Nacktsamern. Wir integrieren PROCOGEN-Informationen ebenfalls in die vergleichende Inhouse-Online-Plattform PhylomeDB, um zu jedem Gen auf vorberechnete phylogenetische Bäume zu schließen. Wie und wann können die Beteiligten die von Ihnen entwickelten Daten und Tools nutzen? Im Hinblick auf Daten bezüglich der genomischen Variabilität, das Profiling und die Regulation transkriptionaler Aktivitäten im Zusammenhang mit der Entwicklung und Umwelt lassen sich bereits maßgeschneiderte molekulare Instrumente zur Untersuchung von Wachstum und Anpassung genetischer Ressourcen von Koniferen entwerfen. Pre-Breeding-Arrays sind verfügbar und Simulations- sowie Prognoseinstrumte für die praktische Züchtung befinden sich in der Entwicklung. Es wurden Simulationsinstrumente für eine Optimierung der Integration genomischer Daten in die praktische Züchtung entwickelt und bereits getestet. Zusätzliche Instrumente befinden sich noch in der Entwicklung und stehen in der letzten Phase vor der Anwendung. Informationen über die Verfügbarkeit von Instrumenten sind auf der PROCOGEN-Website zu finden. Wie wird sich PROCOGEN auf die Wirksamkeit von Baumzüchtungsprogrammen auswirken? Die meisten Züchtungsprogramme für Koniferenarten in Europa hatten bisher zum Ziel, Bäume hinsichtlich Produktions- und qualitätsmerkmalen zu verbessern. Die PROCOGEN-Instrumente bauen auf dieser Tradition mit neuen Auswahlkriterien und einer moderneren, schnelleren Züchtung auf, die vier Fortschritten zugrunde liegt. Zum einen können wir jetzt Kandidatengene mit Merkmalen identifizieren, die auf mehrere Umwelteinschränkungen reagieren. Zum anderen können wir das Züchtungspotenzial derer allelischer Varianten bestimmen, Pre-Breeding-Arrays für eine präzise Auswahl von Koniferen entwickeln, welche die besten Anpassungsreaktionen zeigen, sowie schließlich ein hohes Niveau genetischer Diversität sicherstellen – eine wichtige Strategie für den Umgang mit Unsicherheiten bezüglich zukünftiger Risiken aufgrund des Klimawandels. Die molekulare Steuerung der Plastizität bei Gehölz wurde ebenfalls adressiert. Insgesamt werden die Ergebnisse dieses Projekts einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Forstsektors leisten, indem Züchtern von Koniferen und Verwaltern forstlicher Genressourcen Informationen zur Verfügung gestellt werden. Unsere fortschrittlichen Instrumente werden zu forstlichem Reproduktionsmaterial führen, das eine größere Toleranz gegenüber erwarteten Veränderungen aufweist oder speziell auf bestimmte Bedingungen angepasst ist, um für Wiederaufforstungen und künstliche Pflanzungen genutzt zu werden. Was sind Ihre Pläne, nun da das Projekt abgeschlossen wurde? PROCOGEN hat sich dem Ziel verschrieben, das Wissen über Kieferngenome und deren Funktionen sowie den Technologietransfer voranzubringen. Unsere nächste Priorität in dieser Hinsicht besteht darin, weitere funktionale Analysen zu Koniferengenen durchzuführen sowie die Regulationsmechanismen von Genen zu untersuchen, welche wirtschaftlich und ökologisch wichtige Merkmale bei Modell-Koniferenarten steuern. Der Technologietransfer umfasst nicht nur den Transfer von Wissen und Methoden, die im Zuge des Projekts entwickelt oder validiert worden sind, sondern ebenfalls erhebliche Anstrengungen, die erforderlich sind, um grundlegende genomische Resultate auf die praktische Anwendung zu übertragen, damit ein genomgestütztes Züchtungs- und Ressourcenmanagement ermöglicht wird. PROCOGEN Finanziert unter RP7-KBBE Projektseite auf CORDIS(öffnet in neuem Fenster) PROCOGEN-Website(öffnet in neuem Fenster)
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