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Inhalt archiviert am 2023-03-24

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Wissenschaft im Trend: Stechmückenspeichel bewirkt, dass Immunzellen Viren im Körper verbreiten

Eine Studie von europäischen Forschern zeigte, dass Immunzellen, die nach einem Mückenstich zur Einstichstelle gesandt werden, wohl ungewollt mit dem von der Stechmücke übertragenen Virus infiziert werden und anschließend dazu beitragen, dass sich der Virus im Körper verbreiten kann.

Einem in der Fachzeitschrift „Immunity“ veröffentlichten Forschungsartikel zufolge begünstigen ausgerechnet Abwehrzellen die Verbreitung von durch Stechmücken übertragenen Pathogenen, wie dem Dengue-, Zika- oder West-Nil-Virus, im Körper. Bei einem Mückenstich injiziert die Stechmücke eine winzige Menge ihres Speichels (weniger als 1 Mikroliter), der aus gezielt zusammengestellten Molekülen besteht, die den Schmerz effektiv betäuben und die Blutgerinnung erfolgreich unterbinden. Dies kommt jeglichen Pathogenen zugute, die sich potenziell im Speichel befinden. Studien haben bereits gezeigt, dass Mäuse schwerer erkrankten, wenn sie nicht von einem Forscher mit einer Nadel, sondern über einen Mückenstich mit einem Virus infiziert wurden. Die Gründe dafür waren bisher aber unklar. Ein europäisches Forschungsteam führte unter der Leitung der University of Leeds, England, ein Experiment mit Mäusen durch. Dabei infizierten sie die Tiere mit einer relativ harmlosen Form des Semliki-Forest-Virus (SFV). War der Virus mit einer Spritze direkt unter die Haut injiziert worden, wurde keine der Mäuse ernsthaft krank und alle überlebten. Anders verhielt es sich, wenn der Virus in einen Mückenstich injiziert wurde. Hier breitete sich das Virus schneller im gesamten Körper aus und vier von elf Mäusen starben an der Infektion. Eine der Theorien zu den Gründen der beschleunigenden Wirkung des Stechmückenspeichels auf die Ausbreitung des Virus im Körper lautet, dass bestimmte Moleküle im Speichel der Stechmücke die natürliche Immunreaktion unterdrücken, doch diese Annahme wurde mit dieser aktuellen Studie widerlegt. Das Gegenteil ist der Fall: Der Speichel ruft eine Entzündung hervor, die als eine Art Warnung fungiert und signalisiert, dass die natürliche Schutzbarriere des Körpers durchbrochen wurde. Daraufhin sendet der Körper als Erstes die sogenannten Neutrophilen an die Einstichstelle. Anschließend folgen Makrophagen, deren Aufgabe es ist, sämtliche Mikroorganismen zu fressen, die nicht körpereigen sind. Dank der Markierung von SF-Viren mit einem fluoreszierenden Farbstoff konnten die Forscher feststellen, dass die Makrophagen selbst vom Virus befallen wurden und anschließend die Verbreitung der Krankheit unterstützten. Die Forscher infizierten auch eine Reihe von Mäusen, die ein Defizit an Makrophagen aufwiesen. Hier reagierten alle Mäuse – unabhängig davon, ob die Viren in einen Mückenstich injiziert wurden oder nicht – ähnlich. Dies bewies, dass der Virus sich tatsächlich mithilfe der Makrophagen vermehrte und im Körper ausbreitete. Diese neuen Ergebnisse sind besonders deshalb so viel versprechend, weil sie möglicherweise einen neuen Ansatz zur Bekämpfung von Krankheiten offenbart haben. „Wenn es uns gelingt, die Entzündung des Stichs zu verhindern, könnte dies eine Möglichkeit darstellen, den Virus zu stoppen, bevor sich die Infektion etabliert. Darüber hinaus könnte sich dies im Kampf gegen zahlreiche auf diese Weise übertragene Infektionen als nützlich erweisen, da sie alle die Entzündung des Stichs gemeinsam haben“, so Clive McKimmie, Immunologe und Leiter der Studie. Wenn sich nun zeigt, dass die Ergebnisse aus der Studie an Nagetieren auch auf den Menschen übertragen werden können – und zwar in Bezug auf verschiedene von Stechmücken übertragene Viruserkrankungen – dann, so hofft McKimmie, werden Forscher vielleicht eine Möglichkeit finden, unabhängig des Pathogens die Entzündung des Stichs zu unterbinden. Ein einfacher Weg, um schwerwiegende Infektionen aufgrund eines Mückenstichs zu verhindern, könnte das Auftragen einer entzündungshemmenden Salbe sein. Diese hätte auch den Vorteil, dass nicht das gesamte Immunsystem unterdrückt werden müsste. Diese Projektergebnisse geben zwar in der Tat große Hoffnung für einen erfolgreichen Kampf gegen den Ausbruch von Viruserkrankungen, die durch Stechmücken übertragen werden. Doch fundierte allgemeine Gesundheitsempfehlungen, so betont MacKimmie, können erst abgeben werden, nachdem weitere Forschungsarbeit geleistet wurde.

Länder

Vereinigtes Königreich

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