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Inhalt archiviert am 2023-04-03

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Auf dem Weg zu einer Mindesteinkommensregelung für grenzüberschreitende Arbeitssuchende?

Während die Freizügigkeit ein Eckpfeiler des europäischen Binnenmarkts ist, trägt die Koordinierung der sozialen Sicherheit dazu bei, dass sie im Kern zu einem Sozialprojekt wird. Eine Überarbeitung der einschlägigen Rechtsvorschriften ist auf dem Weg, und ein EU-Projekt nutzt diese Gelegenheit, um Argumente für eine Europäische Mindesteinkommensregelung vorzustellen.

Der EU-Plan zur Revision der Koordinierung der sozialen Sicherheit hat zwei Ziele. Zum einen sollen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer erleichtert und ihre Rechte besser geschützt werden. Des Weiteren sollen den nationalen Behörden wirksamere Mittel zur Verfügung gestellt werden, um Betrug und Missbrauch zu bekämpfen. Nach dem neuen Vorschlag wird die Arbeitslosenunterstützung aus dem Herkunftsland auf einen Mindestzeitraum von sechs Monaten verlängert, es sollen klarere Regeln festgelegt werden, aus welchem Land die Grenzgänger ihre Leistungen erhalten, und die Mitgliedstaaten dürfen künftig verlangen, dass ein Arbeitnehmer für mindestens drei Monate in ihrem Hoheitsgebiet beschäftigt sein muss, bevor er Leistungen für Beschäftigungszeiten im Ausland beantragen kann. Darüber hinaus liefert der Text eine genauere Begriffsbestimmung langfristiger Leistungen, die Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten entscheiden dürfen, mobilen aber wirtschaftlich inaktiven Bürgern keine Sozialleistungen zu gewähren sowie Instrumente, mit denen diese Mitgliedstaaten potenziell unlauteren Praktiken oder Missbrauch begegnen können. An diesem Punkt setzt das EU-finanzierte Projekt BEUCITIZEN an. In einem kürzlich auf EUROPP veröffentlichten Artikel argumentieren die Projektmitglieder Cecilia Bruzelius und Martin Seeleib-Kaiser von der Universität Oxford, dass der Vorschlag die wesentlichen Schwächen des bestehenden Systems nicht berücksichtigt. Für sie liegt das Hauptproblem in der Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung im Herkunftsland auf sechs Monate sowie in der dreimonatigen Frist für den Zugang zu diesen Leistungen im Bestimmungsland. Die beiden Forscher sagen, dass sich die tatsächliche Höhe der Arbeitslosenleistungen, die exportiert werden, aufgrund der wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden und mobile Arbeitssuchende in der EU somit der Ausbeutung ausgesetzt sein könnten. „Zum Beispiel hätte ein Arbeitssuchender aus Rumänien, der nach Dänemark übersiedelt, um dort eine Arbeit zu finden, lediglich Anspruch auf eine Arbeitslosenunterstützung von 27 € pro Woche, während jemand, der in Dänemark arbeitslos wurde, eine wöchentliche Leistung von 367 € erhalten würde“, legten die Forscher im Artikel dar. Da dieser fiktive rumänische Staatsbürger wirtschaftlich inaktiv wäre, hätte er keinen Zugang zu Sozialleistungen aus dem Bestimmungsland (es sei denn, er hätte ein Aufenthaltsrecht), und infolgedessen würde er wahrscheinlich gezwungen sein, jedes Stellenangebot anzunehmen, nur um überleben zu können. Mit anderen Worten wird dieser rumänische Staatsbürger es schwerer haben, eine annehmbare Arbeit im Ausland zu finden, als ein dänischer Staatsbürger. Um dieses Problem zu lösen, schlagen die Forscher aus Oxford eine Europäische Mindesteinkommensregelung (EMIS) für alle mobilen Arbeitssuchenden vor, die „25 % des mittleren Äquivalenznettoeinkommens (die Höhe der Sozialhilfe in einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten) im Bestimmungsland betragen und für eine maximale Dauer von drei Monaten innerhalb von 24 Monaten gezahlt werden soll.“ Sie argumentieren, dass eine derartige Leistung den Schwellenlohn für mobile Arbeitssuchende erheblich erhöhen würde, wodurch sich das Risiko der Ausbeutung minimiert. Insgesamt würde eine derartige EMIS etwas mehr als 1 Milliarde Euro kosten, ein Preis, den das Team angesichts des in der EU herrschendes Klimas strafferer Sozialausgaben angemessen – und sogar maßvoll – findet. Weitere Informationen: Projektwebsite

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