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Inhalt archiviert am 2023-04-13

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Wissenschaft im Trend: Wissenschaftler entdecken neues Schmerzorgan in der Haut

Forscher haben ein neues Organ unter der Haut gefunden, das Schmerzen wahrnimmt.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass der intensive, scharfe Schmerz, den wir empfinden, wenn wir uns an spitzen Gegenständen stoßen, durch freiliegende Nerven in der Haut erkannt wird. Eine radikale Studie in der Fachzeitschrift „Science“ zeigt, dass dieser Schmerz tatsächlich von einem bisher unbekannten Organ bei Mäusen wahrgenommen werden könnte. Das Forscherteam identifizierte das neue Organ zunächst bei Mäusen und testete daraufhin seine Funktionalität bei den Nagetieren. Dieses einfache Sinnesorgan besteht aus einem Netzwerk von Zellen, sogenannten Gliazellen, die die Nervenzellen des Körpers umgeben und stützen. Gliazellen bilden eine netzartige Struktur zwischen den äußeren und inneren Hautschichten, wobei ihre Fortsätze bis in die äußere Hautschicht hineinreichen. Dieses Organ reagiert auf mechanische Schmerzen wie Stiche, Druck und Brennen. Neues Organ spielt eine schmerzhafte Rolle „Seit bestimmt hundert Jahren glauben wir, dass Schmerz durch Nerven in der Haut ausgelöst wird“, berichtet der Molekularneurobiologe vom Karolinischen Institut in Schweden und Mitautor der Studie Prof. Patrik Ernfors gegenüber „National Geographic“. „Doch jetzt zeigt sich, dass Schmerz auch in jenen Gliazellen seinen Ursprung haben kann.“ Die Ergebnisse der Studie verändern die Sichtweise der Wissenschaftsgemeinde über die Entstehung und Ausbreitung von Schmerzen. Ob das Organ auch beim Menschen vorkommt, hat das Team noch nicht bestätigt. Laut Prof. Ernfors ist die Wahrscheinlichkeit dafür jedoch hoch: „Wenn man bedenkt, dass alle anderen bei [Mäusen] bisher bekannten Sinnesorgane auch beim Menschen existieren, ist es möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass dieses Sinnesorgan auch in unserer Haut vorhanden ist.“ Im Gespräch mit der britischen Zeitung „The Guardian“ ergänzte er noch: „Die Frage, die sich uns jetzt hauptsächlich stellt, ist, ob diese Zellen tatsächlich die Ursache für bestimmte Arten von chronischen Schmerzerkrankungen sind.“ Ein wichtiger Teil des Schmerzpuzzles Die Ergebnisse kamen für die Wissenschaftler überraschend, da seit Langem davon ausgegangen wird, dass die Enden der Nervenzellen in der Epidermis (der äußeren Hautschicht) freiliegen bzw. nicht umhüllt sind. „In der Schmerztherapie sprechen wir von freien Nervenendigungen, die für das Schmerzempfinden verantwortlich sind“, erklärte Prof. Ernfors. „Aber eigentlich liegen sie gar nicht frei.“ Die Entdeckung könnte den Grundstein für wirksamere Schmerzmittel legen. Fast jeder Fünfte leidet unter ständigen Schmerzen. Zudem wird viel Geld und Mühe darauf verwendet, schmerzstillende Medikamente zu entdecken. Nach Angaben von Prof. Ernfors sind etwa sieben bis zehn Prozent der Gesamtbevölkerung in Europa von Schmerzerkrankungen betroffen. Die Forschung könnte auch zu einem besseren Verständnis darüber führen, wie und warum chronische Schmerzen auftreten. „Unsere Studie zeigt, dass Schmerzempfindlichkeit nicht nur in den Nervenfasern der Haut, sondern auch in diesem kürzlich entdeckten schmerzempfindlichen Organ auftritt. Die Entdeckung verändert unser Verständnis über zelluläre Mechanismen der körperlichen Empfindung und kann für das Verständnis chronischer Schmerzen von Bedeutung sein“, so Prof. Ernfors abschließend in einer Pressemitteilung des Karolinischen Instituts.

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