Gelbsucht im Visier
Dank einer neuen Phototherapie-Technik, die Licht mit der richtigen Wellenlänge erzeugt, ist es heute möglich, Neugeborene mit schwerer Gelbsucht innerhalb weniger Stunden - in der Vergangenheit dauerte es mehrere Tage - erfolgreich zu behandeln. Da die Technik in einem Brutkasten eingesetzt werden kann, ist die Zeit, in der Mutter und Kind getrennt sind, begrenzt. Hintergrund Bei der Geburt haben alle Neugeborenen einen Überschuß an roten Blutkörperchen, die in den ersten zwei Lebenswochen in das Pigment Bilirubin zerfallen. Dieser Prozeß findet naturgemäß in der Leber statt. Da aber die Leber von Neugeborenen, auch wenn sie zum errechneten Geburtstermin auf die Welt kommen, noch nicht ausgereift ist, wird sie mit den Unmengen von Bilirubin nicht fertig. Dies kann zu einer schwachen Gelbsucht führen, die normalerweise ohne Behandlung wieder abklingt. Wenn allerdings die Blutgruppen von Mutter und Kind nicht miteinander kompatibel sind - z.B. im Rhesusfaktor oder Blutgruppen-System A B O nicht übereinstimmen - werden zu viele rote Blutkörperchen zerstört, und die Pigmentkonzentration im Blut kann ein gefährliches Niveau erreichen. Phototherapie ist dann die übliche Behandlung: Das Kind wird unter Lampen gelegt, die Licht durch das gesamte Spektrum (Infrarot-sichtbar-UV) abgeben. Aufgrund der Lichteinwirkung zerfällt das Bilirubin in der Haut und wird in eine Form umgewandelt, die mit dem Urin ausgeschieden wird. Im Normalfall dauert die Phototherapie-Behandlung zwei oder drei Tage und beeinträchtigt die enge Mutter-Kind-Beziehung erheblich. Neugeborene mit schwerer Gelbsucht brauchen zudem noch regelmäßige Bluttransfusionen. Organisation der Partnerschaft Nach 20 Jahren Erfahrung mit Phototherapie gründete Lucien Gysens 1992 in Belgien die Firma Medestime SA. Seit langem hegte Gysens den Wunsch, eine verbesserte Phototherapie-Technik zu entwickeln. 1995 begann er, mit einem Spezialisten auf diesem Gebiet, Professor A. Sender, Leiter der Abteilung für Hämobiologie und Immunbiologie in Paris, zusammenzuarbeiten. Ziel ihrer Forschung war, Parameter für eine neue Phototherapie-Technik zu bestimmen, die Licht mit einer Wellenlänge zwischen 400 und 700 Nanometern verwendet. Mit der Unterstützung der Koordinatoren Jean-Claude Disneur vom EU-Verbindungsbüro für Forschung und Entwicklung und Gery Primosig vom Centre Relais Innovation de Wallonie (CRIW) sowie des lokalen Expertens Bernard Lallemand konnte Gysens einen Lampenhersteller finden, der ihm eine Lampe anfertigen sollte, die Licht der richtigen Wellenlänge produziert, ohne übermäßige Wärme zu erzeugen, da diese zu einer Deshydration des behandelten Babys führen könnte. Beschreibung, Wirkung und Ergebnisse Die über zehnmonatige gemeinsame Forschung führte 1996 zur Produktion des Prototyps ,,Bilicrystal", der seitdem von Professor Sender am Saint-Antoine-Krankenhaus in Paris getestet wird: Sechzehn Neugeborene mit schwerer Gelbsucht erhielten eine intensive Phototherapie-Behandlung mit Bilicrystal. Nach den ersten drei Stunden waren die Bilirubinwerte durchschnittlich um 20 bis 30 %, nach weiteren drei Stunden sogar um 40 bis 50% gesunken, und alle Kinder waren außer Gefahr. Diese Technik ist im Vergleich zur herkömmlichen Phototherapie-Technik effizienter, und obendrein benötigte keines der Babies im klinischen Versuch eine Bluttransfusion.