Neue Werkzeuge liefern Einblicke in die molekulare Dynamik der Attosekunden
Intensive Lichtpulse bieten die Möglichkeit zur Abbildung von Strukturen und Dynamiken einzelner Moleküle in räumlichen Auflösungen unterhalb eines Angström und zeitlichen Auflösungen im Attosekundenbereich. Eine Attosekunde ist eine tausendstel Femtosekunde. Diese intensiven Lichtfelder regen zwangsläufig eine komplexe Dynamik an, wobei die erfolgreiche Bildgebung weitgehend vom Verständnis dieser unbekannten Dynamik abhängt. Das von der EU finanzierte Projekt CORINF (Correlated multielectron dynamics in intense light fields) sollte die korrelierte Mehrfach-Elektronen-Reaktion auf mit hoher Intensität gesteuerte Lichtfelder im Infrarot- (IR), Extrem-Ultraviolett (XUV) und Röntgenspektrum „filmen“. Ein Teil der Arbeit zielte auf die Bereitstellung einer theoretischen Rahmenumgebung für molekulare Dynamik und Clusterdynamik ab, während intensive IR-Lichtimpulse angewandt werden. Diese bieten einzigartige Möglichkeiten zur molekularen Eigendarstellung: das IR-Feld entfernt ein Elektron aus einem Molekül und beschleunigt es innerhalb eines Bruchteils des Laserzyklus. Dann wirft es dieses in das Stammmolekül zurück und erfasst eine Momentaufnahme über die Elektronen-Molekül-Beugung oder strahlende Elektronen-Loch-Rekombination. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Elektronenspektren sowohl ortsaufgelöste Informationen als auch zeitaufgelöste holografische Muster beinhalten. In diesen sind Amplituden- und Phaseninformationen über die kohärente Elektronenstrahlstreuung aufgezeichnet. In Bezug auf die strahlende Rekombination zwischen Elektronen und „Löchern“ konnten die Projektmitglieder nachweisen, wie die raumzeitlichen Informationen in den emittierten Lichteigenschaften – und zwar Intensität, Phase und Polarisation – aufgezeichnet sind. Gleichermaßen wurde ein neues Phänomen beim Einsatz kurzer intensiver Röntgenpulse entdeckt. Eine massive parallele Ionisation in Clustern und großen Molekülen kann dann auftreten, wenn viele Röntgenphotonen die gleiche Anzahl an Photoelektronen erzeugen. Dieser Effekt dürfte für alle Versuche zur molekularen Bildgebung auf Grundlage des Freie-Elektronen-Lasers wichtig sein. Ein weitere Errungenschaft des Projekts war die Erschaffung analytischer und theoretischer Ansätze zur intensiven IR-Feld-Ionisations-und Hochfrequenz-Emission in mehratomigen Molekülen. Überdies entwickelten die Wissenschaftler neue computerbasierte Instrumente zur Molekül- und Clusterinteraktion mit phasenstarrer Kombination von Attosekunden-XUV und Femtosekunden-IR-Impulsen. Maßgeblich beteiligt an der Untersuchung der Einzel- und Doppelionisierung in Gegenwart von starken IR- und XUV-Feldern war ein numerischer Code. Die Projektmitglieder verbreiteten verschiedene freie quelloffene Software zur Berechnung der Ionisationsraten von Molekülen, die online verfügbar sind, sowie weitere ausgeklügelte Werkzeuge zur Photoemissionsanalyse. Zudem stehen spezielle Programme, die Schrödinger- und Maxwell-Gleichungen lösen, im Internet zur Verfügung. Ein weiteres maßgebliches Highlight bestand darin, dass die Präsenz von Protonen bei der Röntgenabsorption durch große Moleküle und Cluster dazu beiträgt, Strahlungsschäden abzuschwächen, indem die von den Photonen abgegebene Energie fortgetragen wird. Diese Erkenntnis ist nicht nur für die Abbildung von Molekülen in räumlichen Auflösungen unterhalb eines Angström und zeitlichen Auflösungen im Bereich einer Femtosekunde, sondern auch für das bessere Verständnis von Strahlenschäden aus sehr intensiven Röntgenquellen von hoher Bedeutung. Schulungsmaßnahmen von CORINF umfassten die atomare, molekulare und optische Physik, ultraschnelle Bildgebung und Quantenchemie mit dem Schwerpunkt der intensiven Interaktionen zwischen Laser und Materie sowie Vielteilchendynamik.
Schlüsselbegriffe
Attosekunden, mehratomige Moleküle, Angström, intensive Lichtfelder, CORINF, Strahlenschäden