Kommission schlägt überarbeitete Vorschriften für elektronische Kommunikation vor
Die Europäische Kommission hat ein Paket von Legislativvorschlägen verabschiedet, mit dem die Telekommunikationsbestimmungen an die Anforderungen neuer Technologien auf den Märkten für elektronische Kommunikation zwecks Wettbewerbsverschärfung angepaßt werden sollen. Mit diesen Legislativvorschlägen soll die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte vorangetrieben werden, wobei der Schwerpunkt vor allem auf der Förderung des schnellen Internet-Zugangs und auf lockeren rechtlichen Rahmenbedingungen für die Marktteilnehmer liegt. Angesichts der Konvergenz von Telekommunikation, Informationstechnologien und Medien und der Entfaltung des Internets können dieselben Dienste über eine Vielzahl von Plattformen bereitgestellt und über verschiedene Endgeräte empfangen werden. Der neue Rechtsrahmen muß gewährleisten, daß die Märkte für alle elektronischen Kommunikationsdienste in einem technologischen Umfeld, das einen raschen Wandel durchläuft, vom Wettbewerb bestimmt werden und bleiben. "Weniger Regulierung, leichterer Marktzugang und faire Spielregeln in der gesamten EU sind Voraussetzung für die Entwicklung europäischer Telekommunikations- und Internetdienste von Weltrang", erklärte Erkki Liikanen, Kommissar für Unternehmen und Informationsgesellschaft. "Dank der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in der EU 1998 kamen privaten und gewerblichen Nutzern die Vorteile des Wettbewerbs zugute: mehr Auswahl, bessere Dienstqualität, günstigere Preise." "Die Fortschritte, die wir erzielt haben, stoßen jedoch an ihre Grenzen: Der Wettbewerb auf lokalen Märkten ist nach wie vor begrenzt, und die etablierten Betreiber belegen noch immer eine mit Abstand beherrschende Position. Nur ein intensiver, lauterer Wettbewerb wird niedrigere Preise, höhere Qualität und neueste Telekom- und Internetdienste ermöglichen. Wir müssen im Internet-Tempo handeln." Entbündelung des Teilnehmeranschlusses bis Ende 2000. Ein billigerer und schnellerer Internet-Zugang wird durch die sogenannte "Entbündelung des Teilnehmeranschlusses" ermöglicht: durch die Einführung des Wettbewerbs in den letzten Verbindungskilometern von Kupferdraht-Ortsnetzen zu den Ortvermittlungsstellen. Nach dem Vorschlag der Kommission sind alle Mitgliedstaaten zur Entbündelung ihrer Telekom-Teilnehmeranschlüsse bis zum 31. Dezember 2000 verpflichtet. Die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses ist eine der Verpflichtungen, die auf dem Gipfeltreffen des Rates in Lissabon festgelegt und in den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Feira untermauert wurden. Die Entscheidung "ist ein Adrenalinstoß für die Industrie und das Internet", erklärte Kommissar Liikanen. Die beherrschenden Telekommunikationsunternehmen wurden ferner von der Kommission aufgefordert, Auskunft darüber zu geben, ob und unter welchen Bedingungen sie Konkurrenten Zugang zum Teilnehmeranschluß gewähren. Trotz der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte im Jahr 1998 konnten die etablierten Betreiber durch den Erhalt der Kontrolle über die Ortsnetze beim Zugang zu den Teilnehmern und bei Ortsgesprächen Marktanteile halten, die in vielen Fällen knapp 100 Prozent betrugen. Wettbewerbskommissar Mario Monti versprach, förmliche Maßnahmen gegen Unternehmen anzuregen, die ihre beherrschende Marktstellung mißbräuchlich ausnutzen. Das von der Kommission gebilligte Bündel von Legislativvorschlägen enthält verschiedene Maßnahmen, mit denen der Rechtsrahmen den technologischen Veränderungen Rechnung tragen soll. Rechtsvorschriften sollen mit flexiblen Instrumenten ausgestattet werden, damit sie mit der künftigen technologischen und marktwirtschaftlichen Entwicklung Schritt halten und die Vorschriften gelockert werden können, wenn die Märkte vom Wettbewerb beherrscht werden. Faire Spielregeln sollen in der gesamten EU eingeführt werden, indem der Marktzugang durch vereinfachte Regeln erleichtert und die einheitliche Anwendung der Rechtsvorschriften gewährleistet wird, unter Berücksichtigung des EG-Wettbewerbsrechts, das die Marktmacht beherrschender Betreiber beschränkt. Die Bürgerrechte werden durch die Aufrechterhaltung von Universaldienstverpflichtungen gewahrt, um eine Ausgrenzung aus der Informationsgesellschaft zu vermeiden. Außerdem soll der Datenschutz im Internet gewährleistet werden. Der neue Rechtsrahmen wird im Vergleich zum derzeitigen einfacher und übersichtlicher sein, indem die Anzahl der Rechtsvorschriften reduziert wird. Vorschlag für Funkfrequenzpolitik. Ferner wurde ein Rechtsrahmen für die Frequenzpolitik vorgeschlagen, um die harmonisierte Verfügbarkeit und effiziente Nutzung des Funkfrequenzspektrums, der Anwendungsplattform für die dritte Generation von Mobilkommunikationssystemen, zu gewährleisten. Nach der Lizenzvergabe für die dritte Generation von Mobilfunksystemen in verschiedenen Mitgliedstaaten sagte EU-Kommissar Liikanen, die EU solle politische Hilfestellung im Hinblick auf ihre Anforderungen an das künftige Funkfrequenzspektrum geben. Die Vorschläge bilden einen Rechtsrahmen, mit dem die Kommission eine Harmonisierung der Verfügbarkeit und Nutzung von Funkfrequenzen für EU-Strategien in den Mitgliedstaaten erreicht. Auf der internationalen Bühne erhofft man sich von diesen Vorschlägen eine Sicherung der Interessen der EU, indem sichergestellt wird, daß gemeinsame Positionen im Funkfrequenzspektrum verabschiedet werden, um somit die politischen Ziele der EU zu erreichen. Konsolidierung der Wettbewerbsrichtlinien im Telekommunikationsmarkt. Ferner beabsichtigt die Kommission eine Vereinfachung der sich auf den Wettbewerb auswirkenden Liberalisierungsrichtlinien, indem alle vorherigen von der Kommission verabschiedeten Richtlinien durch eine Einzelrichtlinie ersetzt werden. Die Kommission hat einen Entwurf für eine Richtlinie zum Wettbewerb eingebracht, der die vorherigen sechs Richtlinien ersetzt, ohne daß den Mitgliedstaaten neue Verpflichtungen auferlegt werden, über den in Kürze eine öffentliche Anhörung stattfinden wird.