Neue Details zu molekularen Maschinen
Im Genom ist der Bauplan für die Vielzahl lebenswichtiger Proteine festgeschrieben. Alles wird über Proteine geregelt, von der Augenfarbe und Persönlichkeitsmerkmalen bis hin zu zellulärer Signalgebung und Katalyse. Sie bilden Hormone und Antikörper und sind meist in großen dynamischen molekularen Maschinen organisiert. Diese Maschinen, zu denen Ribosomen, Kernporen und das 26S-Proteasom gehören, übernehmen den Abbau nicht verwendeter oder beschädigter Proteine. Solche Proteinfehlfaltungen wurden bereits mit Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen in Zusammenhang gebracht. Die Ermittlung der Strukturen und Funktionsmechanismen molekularer Maschinen in atomarer Auflösung war immer problematisch, obwohl sie entscheidend für die Entwicklung zielgerichteter Medikamente ist. Das EU-finanzierte Projekt "A multidisciplinary approach for the computational assembly of large molecular machines from electron density maps" (MOLECULAR ASSEMBLY) sollte diese Hürden nun überwinden. Mit der leistungsfähigen Technik der Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM) wurden einzelne Moleküle in verschiedenen Phasen ihrer Aktivität beobachtet. Kryo-EM wird oft mit hochauflösenden Kristallisationsversuchen kombiniert, die auf atomarer Ebene Strukturinformationen liefern. Kristallisation ist allerdings für das 26S-Proteasom und andere molekulare Maschinen nicht geeignet. So muss die Maschine computergestützt aus den atomaren Strukturen der bekannten Untereinheiten rekonstruiert werden. Im ersten Projektjahr entwickelt das Team die entsprechende Methodik mithilfe von Kryo-EM-Elektronendichtekarten. Die Software ATTRACT-EM baut auf dem Docking-Programm ATTRACT auf, der einzigen Methode, die die Flexibilität von Untereinheiten bei ersten strukturellen Suchanfragen berücksichtigt. ATTRACT-EM ermöglichte erstmals die computergestützte Assemblierung eines wichtigen Komplexes, der für die richtige Faltung bestimmter Proteine benötigt wird. Inzwischen wurden Geschwindigkeit und Genauigkeit des Docking-Programms bereits deutlich verbessert. ATTRACT-EM wurde mit zahlreichen konkreten Testfällen implementiert und steht nun als sehr leistungsfähiges Protokoll der europäischen und internationalen Forschung zur Verfügung. Eine präzisere Assemblierung der Untereinheiten zu molekularen Maschinen verbessert die Genauigkeit auf atomarer Ebene und beschleunigt damit die Entwicklung von Arzneimitteln, für die hochauflösende Details benötigt werden. Derzeit werden die Forschungsberichte abgeschlossen und ein vorläufiges Webinterface(öffnet in neuem Fenster) bietet Zugang zu den Open-Source-Algorithmen. Die breitere Anwendung des Protokolls dürfte die Entwicklung neuer Medikamente gegen viele schwere Krankheiten beschleunigen.