Britischer Bericht über das Klonen löst Diskussionen aus
Die Veröffentlichung eines Berichts zur Stammzellenforschung durch die britische Regierung hat sowohl im Vereinigten Königreich als auch im Ausland erneut die Diskussion über Ethik und Moral des Klonens angeheizt. Der Donaldson-Bericht, der im August dieses Jahres von der britischen Regierung veröffentlicht wurde, empfiehlt eine Zulassung der Stammzellenforschung, einschließlich der Erforschung menschlicher Embryonen, unter der Voraussetzung, dass strenge rechtliche Kontrollen und ethische Betrachtungen stattfinden. Die Stammzellenforschung umfasst auch die Isolierung von Zellkernen in einem sehr frühen Entwicklungsstadium, welche anschließend geklont werden, um ähnliche Zellen für die Zell- und Gewebetherapie zu produzieren. Diese Zellen können in nahezu jedes Körpergewebe einwachsen. Das bedeutet, dass Wissenschaftler Gewebebanken mit Zellen für verschiedene Teile des menschlichen Körpers, wie beispielsweise der Haut oder der Leber, "züchten" könnten. Diese könnten Patienten dann mit einem erheblich geringerem Abstoßungsrisiko transplantiert werden. Dementsprechend würde Gewebe, das aus den eigenen Stammzellen eines Patienten gezüchtet wird, dem Körpergewebe perfekt entsprechen, wobei es quasi überhaupt kein Abstoßungsrisiko gäbe (dieses Verfahren wird als "therapeutisches Klonen" bezeichnet). In Bezug auf diese Technik werden nicht nur Bedenken geäußert, dass dadurch die Wahrscheinlichkeit des reproduktiven Klonens größer würde, sondern auch viele religiöse Gruppen und Initiativen zum Schutz des ungeborenen Lebens wenden sich gegen diese Technik, weil Stammzellen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur aus Embryonen gewonnen werden können. Der Bericht wurde jedoch von britischen Forschern auf breiter Ebene begrüßt, und einige britische Forschungsräte gaben umgehend ihre Unterstützung öffentlich bekannt. Professor Ray Baker, Chief Executive des britischen Biotechnology and Biological Sciences Research Council (BBSRC) sagte: "Die Empfehlungen des Donaldson-Berichts helfen uns, die umfangreiche Grundlagenforschung im Bereich der Stammzellen voranzubringen, die der BBSRC seit über zehn Jahren fördert. Zudem stärken sie das Potenzial, um diese Wissenschaft zur Unterstützung der medizinischen und Gesundheitsforschung und zur erheblichen Steigerung der Lebensqualität zu nutzen." Das seit langem existierende Bioforschungsprogramm zur Stammzellenforschung des BBSRC verfügt derzeit über einen Forschungsetat von 4,1 Millionen Pfund (2,5 Millionen Euro). Auch der britische Nuffield Council on Bioethics begrüßte den Bericht. Er enthält Schlussfolgerungen, die mit seinem Standpunkt, der Anfang des Jahres in einem Diskussionspapier veröffentlicht wurde, in Einklang stehen. "Wir haben sehr erfreut zur Kenntnis genommen, dass der Bericht der CMO (Chief Medical Officer's Expert Group) auf wichtige ethische Fragen, wie beispielsweise die Notwendigkeit einer speziellen Zustimmung zur Stammzellenforschung an Embryonen durch die Embryonenspender, eingegangen ist", sagte Dr. Sandy Thomas, Direktorin des Nuffield Council on Bioethics. "Patienten, die unter einem breiten Spektrum derzeit nicht heilbarer Krankheiten leiden, eröffnet sie die Hoffnung, dass neue Therapieformen nun eher früher denn später entwickelt werden können", merkte die britische Genetic Interest Group an. Der Vorsitzende dieser Gruppe, Alastair Kent, bemerkte: "Man kann unmöglich vorhersagen, welcher Forschungszweig sich am erfolgreichsten erweisen wird. Im Allgemeinen ist man jedoch der Ansicht, dass zwei Forschungszweige von zentraler Bedeutung sein könnten: die Erforschung der Embryonenstammzellen, weil diese das Potenzial besitzen, zu allen nur erdenklichen Geweben entwickelt werden zu können, und die Erforschung der Art und Weise, in der die Eizelle nach der Entfernung des Zellkerns einen Kern neu programmiert, weil dies möglicherweise der Schlüssel zur Entwicklung von Stammzellen ist, die mit dem Immunsystem des Patienten kompatibel sind." Nach britischem Recht ist die Stammzellenforschung derzeit verboten, doch nach dem Donaldson-Bericht hat die britische Regierung versprochen, ein für allemal Gesetze einzuführen, um das derzeitige Verbot des reproduktiven Klonens differenzierter zu formulieren. "Der Druck auf die Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks, die Vorschriften hinsichtlich der Embryonenforschung zu ändern, wächst", beobachtete der New Scientist, eines der führenden Wissenschaftsmagazine Großbritanniens. Der Donaldson-Bericht fordert Gesetzesänderungen dahingehend, dass sowohl das therapeutische Klonen als auch die Forschung zugelassen werden, die sich der Klonungstechnik bedient, die von schottischen Forschern an dem Schaf "Dolly" erstmalig durchgeführt wurde, damit bestimmte Erbkrankheiten behandelt werden können. Das Klonen für reproduktive Zwecke wäre dabei auch weiterhin verboten. Das Thema soll in der britischen Regierung zur Abstimmung gebracht werden, und die Abgeordneten sollen nach ihrer persönlichen Einstellung (und nicht nach der Position ihrer Partei) wählen. Auf diesen Vorstoß hat eine Reihe von EU-Mitgliedstaaten ablehnend reagiert. Die deutsche Gesundheitsministerin Andrea Fischer warnte vor "übereilten Entscheidungen" und betonte, dass es notwendig sei, "das Für und Wider möglicher Gefahren gegeneinander abzuwägen", hieß es in Berichten der deutschen Presse. In Italien beschrieb die Ministerin für die Beziehungen zum Parlament, Patrizia Toia, die jüngsten Entwicklungen im Vereinigten Königreich als "sehr, sehr ernst", und der italienische Abgeordnete des Europäischen Parlaments Antonio Tajani forderte den Präsidenten der Europäischen Kommission, Romano Prodi, zur Intervention auf. Noëlle Lenoir, Vorsitzende der Beratergruppe für ethische Fragen, welche die Europäische Union in diesen Fragen berät und ihre eigene Stellungnahme zu diesem Thema im November veröffentlichen muss, sagte der französischen Zeitschrift Libération, dass "die britische Entscheidung das Problem aufwirft, dass Embryonen nahezu auf industrieller Ebene verwendet würden". Derweil unterstützte die italienische Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Emma Bonino, die britische Regierung. Der Gesetzesvorschlag wäre "die beste Gewähr gegen den Fernen Westen [auf diesem Gebiet]", sagte sie. In den USA ist derzeit die Stammzellenforschung nur in Privatlabors zulässig, doch die Forscher auf bundesstaatlicher Ebene gehen davon aus, dass sie bald grünes Licht für die Gewinnung und Bearbeitung von Stammzellen erhalten, da die Befürchtung eines wachsenden Monopols der Wissenschaft durch die Privatlabors immer stärker wird. Die Europäische Kommission hat die britische Position umgehend geklärt. "Die Mitgliedstaaten haben das Recht, ein solches Gesetz einzuführen", sagte ein Sprecher der Kommission, da das Thema von keinerlei Verordnung der Europäischen Gemeinschaft abgedeckt wird. Zurzeit ist die einzige diesbezügliche Verordnung das Patentierungsverbot für das menschliche Genom. Es wird erwartet, dass die Beratergruppe für ethische Fragen und ein hochrangiges Forschungs- und Biowissenschaftsforum ihre Standpunkte zum therapeutischen Klonen der Kommission im November mitteilen werden.