Neue Anwendungen für die Biomedizin
Derzeitige Verkapselungssysteme wie stabile Tröpfchen, Liposomen oder Polymere erzeugen Strukturen im Größenbereich von zehn Nanometern bis wenigen hundert Mikrometern. Mit natürlichen Kapsiden, d.h. käfigartigen, von einigen Viren erzeugte Proteinstrukturen, könnte das Prinzip der Kompartimentierung nachgebaut werden. Bestimmte Proteine besitzen zudem innere Poren mit einer bestimmten Form und Symmetrie, die als Nanokompartimente dienen können. Mittels gerichteter Mutagenese lassen sich gezielt Eigenschaften einzelner Proteine und/oder die Struktur des entstehenden Kapsids verändern. Wird etwa die Ladung der Aminosäuren verändert oder die "Hochaufladung" des Proteins veranlasst, verändern sich die Oberflächeneigenschaften bei gleich bleibender Proteinfunktionalität. Solche hoch geladenen Proteine zeichnen sich beispielsweise durch erhöhte thermische Stabilität aus. Das Projekt "Engineering of an artificial capsidic enzyme for aqueous dirhodium catalysis" (ACCARC) stellte mit biotechnologischen Verfahren aus dem Protein Ferritin ein funktionelles Nanokompartiment her. Ferritin ist ein kugelförmiger Proteinkomplex mit symmetrischen inneren Hohlräumen, die Prokaryoten wie auch Eukaryoten als Eisenspeicher dienen. Am rechnerischen Modell (computational Design) wurde die Ferritinoberfläche so verändert, dass ein positiv geladener Nanokäfig entsteht. Das resultierende hoch geladene Ferritin ist thermostabil und bindet stabil an negativ geladene Oberflächen. Mithilfe dieses Ferritin-Nanokäfigs wurden dann Eisenoxid-Nanopartikel erzeugt, was eine Überwachung der Lokalisation der Nanokäfige in Transfektionsversuchen ermöglichte. Das aufgeladene Ferritin integrierte sich problemlos in Zellen eines humanen Krebszellmodells. Dann wurde hoch aufgeladenes Ferritin im Innern eines größeren umgebauten Protein-Containers (AaLS-13) assembliert. AaLS-13 ist eine Mutante für die Lumazin-Synthase von Aquifex aeolicus, ein negativ geladenes Kapsid-bildendes Enzym, das positiv geladene Proteine transportieren kann. Durch Anpassen der elektrostatischen Wechselwirkungen zwischen hoch geladenem Ferritin und AaLS-13 konnten verschachtelte Strukturen erzeugt werden. Diese Matrjoschka-Strukturen bestehen aus mehreren mit Eisen beladenen, hoch geladenen Ferritin-Nanokäfigen, die wiederum in einem größeren Käfig verkapselt sind. Das Projekt stellt damit neue Möglichkeiten zur Erzeugung von Nanostrukturen vor, etwa für künstliche Organellen oder Mikrokammern.