Mykenische Städte und ihre Funktion
Die mykenische Kultur erlebte ihre Blütezeit unmittelbar vor ihrem Untergang, im Griechenland der Bronzezeit, zwischen 1600 und 1100 vor Christus. Aus archäologischer Sicht ist die exakte Funktion bestimmter mykenischer Gebäude nach wie vor nicht zweifelsfrei bestimmt. Daher wurde der Frage nach deren Funktion im Rahmen des EU-finanzierten Projekts IISEMG(öffnet in neuem Fenster) (Investigating intermediate structures in the economy of Mycenaean Greece (c. 1400 - 1200 BC) through archaeological and textual data) nachgegangen. Ziel war es, noch offene Fragen zu Rolle und Beschaffenheit der beiden mykenischen Siedlungen zu klären. Konkret beschäftigte sich das Team mit der sozioökonomischen Relevanz bestimmter Gebäude sowie mit der Frage, ob die Städte Herrschern des mykenischen Reiches unterstanden und deren Herrschaftsstrukturen abbildeten. Für das Projekt, das zwischen Oktober 2012 und Dezember 2014 lief, wurde die Auswertung schriftlicher Quellen mit archäologischen Funden verknüpft. Auch die komplexen Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen der mykenischen Kultur wurden untersucht. Es wurden Kriterien aufgestellt, um bestimmte archäologische Kenngrößen festzulegen, die verwendet werden konnten, um Vergleiche zwischen den unterschiedlichen Arten von Lagerungsstätten an den Orten Mykene und Thiva anzustellen. Den Forschern gelang es, die ausgegrabenen Gebäude zu kategorisieren und ihnen eine vermutete Funktion zuzuweisen, wobei insbesondere zwischen Haushalten und Herrschaftsgebäuden unterschieden wurde. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass die Organisationsstrukturen an beiden Ausgrabungsstätten ähnlich waren und jeweils der Lagerung und Verwaltung einer Vielzahl unterschiedlicher Güter dienten. In beiden Fällen waren die Gebäude Orte zur Lagerung, Zubereitung und zum Verzehr von Nahrungsmitteln, zur Aufbewahrung von Waffen sowie zu einem gewissen Grad auch zur Fertigung von Luxusgütern (etwa Textilien). Einfluss und Interessen der Herrscherelite spiegeln sich in den inneren wie äußeren Gebäudestrukturen der meisten ausgegrabenen Stätten wider. So betrachtet sollten beide Ausgrabungsstätten als Herrschersitze angesehen werden. Dank des IISEMG-Projekts konnten die Kenntnisse zur mykenischen Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur erweitert werden. Durch die Arbeiten wurde zudem der Dialog mit Forschern angeregt, die sich andernorts mit Gesellschaften ähnlichen Zuschnitts beschäftigen.