Vorhersage pharmakokinetischer Eigenschaften
Die größten Hürden bei der computerchemischen Berechnung der freien Hydrationsenergie organischer Moleküle waren bislang Ungenauigkeit und Komplexität. IET ermöglicht die computergestützte Simulation molekularer Lösungen und konnte sich nun, wie eine Machbarkeitsstudie zeigte, bisherigen Methoden als überlegen erweisen. Ursprünglich war mittels IET keine genaue Berechnung der thermodynamischen Solvatisierung über mehrere Klassen von Molekülen möglich. Das EU-finanzierte Projekt IETSOL (Calculation of pharmacokinetic properties of druglike molecules using integral equation theory) sollte daher eine einfachere und genauere IET-Methode zur Vorhersage der freien Hydrationsenergie in molekularen Flüssigkeiten entwickeln. Mit der Methode können strukturelle Informationen der Flüssigkeit gewonnen und daraus das chemische Potenzial der gelösten Substanz abgeleitet werden. In mehreren bahnbrechenden Schritten gelang es, die Genauigkeit und Anwendbarkeit des 1D- und 3D-RISM-Modells (Reference Interaction Site Model) soweit zu verbessern, dass die thermodynamische Hydration wirkstoffstoffähnlicher Moleküle genau berechnet werden kann. Durch Hinzufügen zweier freier Koeffizienten konnte der Raumerfüllungseffekt (Excluded Volume Effect) genauer beschrieben und aus den Koeffizienten die freie Hydrationsenergie der wirkstoffähnlichen Moleküle mit einer Genauigkeit von etwa 1 kcal/mol berechnet werden. Bei 25 kristallinen wirkstoffähnlichen Molekülen verschiedener chemischer Klassen wurde mit hoher Genauigkeit (Korrelationskoeffizient R=0,85) die intrinsische Wasserlöslichkeit ermittelte, was wesentlich genauer ist, als sich mit impliziten Kontinuumlösungsmittelmodellen erreichen lässt. Schließlich konnte die relative thermodynamische Bindung der Einzelpunktmutanten eines Protein-Peptid-Komplexes (Rinder-Chymosin-Kasein-Komplex) mittels molekularer IET genau berechnet werden. Die Daten zur Dichteverteilung, die mit der neuen Methode berechnet worden waren, bestätigten die experimentell beobachteten Wasserbindungsstellen auf der Chymosinoberfläche. Da Solvatisierungs- und Desolvatisierungseffekte bei biologischen Systemen sehr folgenreich sind, dürfte die neue Methode vor allem für biophysikalische und biomedizinische Berechnungen von enormer Bedeutung sein.
Schlüsselbegriffe
Vorhersage, pharmakokinetisch, Wirkstoff, freie Hydrationsenergie, Integralgleichung