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Inhalt archiviert am 2022-12-21

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Biotechnologie - Vergleich EU und USA

Bezugnehmend auf die prioritäre Rolle, die die Forschung im Bereich Biotechnologie im Rahmen des Sechsten Rahmenprogramms in Europa einnehmen soll, haben die Autoren Patrice Laget und Mark Cantley in ihrem jüngsten Artikel in der Zeitschrift "Issues in Science and Technology" ...

Bezugnehmend auf die prioritäre Rolle, die die Forschung im Bereich Biotechnologie im Rahmen des Sechsten Rahmenprogramms in Europa einnehmen soll, haben die Autoren Patrice Laget und Mark Cantley in ihrem jüngsten Artikel in der Zeitschrift "Issues in Science and Technology" darauf hingewiesen, dass die ethischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die sich aus dem rasanten Tempo der Veränderungen in der Biotechnologie ergeben, weitere Barrieren zwischen Forschern in den Vereinigten Staaten und Europa schaffen werden. Während der Fortschritt in der Biotechnologieforschung auf beiden Seiten des Atlantiks unaufhaltsam ist, gibt es enorme Unterschiede, was die Reaktion der Öffentlichkeit auf die neuesten wissenschaftlichen Errungenschaften auf diesem Gebiet angeht. Diese unterschiedlichen politischen Kontexte haben zu enormen Abweichungen in den Ansätzen zur Gesetzgebung geführt. Mithilfe eines stärkeren öffentlichen Bewusstseins und eines transatlantischen Dialogs lässt sich dieser Trend umkehren. Dies würde die Tür zu einer stärkeren politischen Konvergenz öffnen und das Fundament für eine verstärkte Zusammenarbeit legen. Nach Ansicht der Autoren ist ein solches Hindernis die Wahrnehmung einiger Amerikaner, dass Europa "der Wissenschaft feindlich gegenübersteht" - ein Eindruck, der durch die hitzige öffentliche Debatte über die Sicherheit mancher biotechnologischer Anwendungen verstärkt wurde. Neue Ergebnisse einer aktuellen Eurobarometer-Studie machen deutlich, dass die Mehrheit der Europäer genetisch veränderten Nahrungsmitteln skeptisch gegenübersteht - zwei Drittel meinten, sie würden keine GV-Produkte kaufen, selbst wenn diese schmackhafter wären. Patrice Laget und Mark Cantley begründen dies damit, dass die Europäer von jeher wählerisch sein konnten: "Bislang wurden nur wenigen Europäern genetisch veränderte Lebensmittel angeboten, die den Anreiz zum Kauf bei Verbrauchern verstärkt hätten. Die Europäer haben sehr gute Nahrungsmittel und zwar jede Menge davon. Die ersten wichtigen GV-Produkte wurden so verändert, dass sie zunächst den agrochemischen Unternehmen, Saatgutlieferanten oder den Landwirten zugute kamen, nicht aber den Verbrauchern." Doch trotz der wahrgenommenen Skepsis europäischer Verbraucher sind die Investitionen der EU in die Biotechnologieforschung mit den Ausgaben der USA zu vergleichen (jährlich über zwei Millionen US-Dollar). Im Rahmen des Vierten FTE-Rahmenprogramms der EU haben die Regierungen der Mitgliedstaaten 10 Milliarden US-Dollar in die Biotechnologieforschung gepumpt, und dies wurde mit 0,6 Milliarden US-Dollar von der Europäischen Kommission aufgestockt. Die Mittel wurden etwa zu gleichen Teilen zwischen der Human- und Tiermedizin und der Forschung im Bereich Nahrungsmittel und Landwirtschaft aufgeteilt. Bei der Zuteilung der Haushaltsmittel des Rahmenprogramms zeigt sich außerdem eine Verlagerung des Schwerpunkts mit einem stetigen Anstieg des den Biowissenschaften eingeräumten Prozentsatzes auf die derzeitige Höhe von 20 Prozent. Dies wurde begleitet von einem steilen Anstieg der Fördermittel innerhalb der Rahmenprogramme seit der Einrichtung des ersten RP in den 80er Jahren - nämlich von 3,5 Milliarden US-Dollar auf 14 Milliarden US-Dollar Fördermittel, die im Rahmen des derzeit laufenden Fünften Rahmenprogramms zugeteilt werden. Der private Sektor trägt mit ausgedehnten Investitionen in die Biotechnologie seitens großer europäischer Unternehmen ebenso zur Unterstützung dieser Forschung bei. In Europa wurden zudem mehr als eintausend Biotech-KMU gegründet. Die Anzahl der Biotechnologieunternehmen in Europa ist mit der in den USA vergleichbar, wenngleich die europäischen Unternehmen verglichen mit ähnlichen Unternehmen in den USA nur ein Drittel an Arbeitern beschäftigen. Zwischen den USA und der EU gibt es auch wesentliche Unterschiede in den Ansätzen der Regulierung der Biotechnologieforschung. Diese Divergenz zeichnet sich angesichts der wachsenden Besorgnis der Öffentlichkeit hinsichtlich der Sicherheit der Gentechnik in den letzten Jahren immer deutlicher ab. Die Ordnungspolitik ist inzwischen unverkennbar in zwei Ansätze gespalten: den amerikanischen Ansatz, bei dem die Überwachung der neuen Nahrungsmittel und Medikamentenentwicklung bestehenden Gesetzen und Regulierungsbehörden anvertraut werden, und den europäischen Ansatz, der unter dem Einfluss der Bedenken der Öffentlichkeit spezifische gesetzliche Vorschriften für die Produkte der Biotechnologieforschung hervorgebracht hat. Dieser Unterschied ist nicht etwa aufgrund geteilter Expertenmeinungen entstanden, sondern beruht auf dem ausgeübten Druck der Öffentlichkeit für eine unabhängige Gewährleistung der Sicherheit neuer Entwicklungen, den Ereignisse wie die BSE-Krise sowie der zunehmende Einfluss der "grünen" politischen Parteien in Europa mit sich gebracht haben. Trotz der Verabschiedung einer Verordnung über neuartige Lebensmittel im Jahre 1997, die eine Genehmigung für GV-Nahrungsmittel und -Inhaltsstoffe verlangt, haben die Bedenken bzgl. der Nahrungsmittelsicherheit zugenommen. 1999 genehmigte der Europäische Ministerrat ein De Facto-Moratorium über die kommerzielle Genehmigung von GV-Getreide. Der endgültig überarbeitete Text der Richtlinie 90/220/EWG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt, der das Moratorium ablösen wird, steht derzeit vor seiner endgültigen Verabschiedung. Die Kommission hofft, dem Problem der Risikobewertung in der Biotechnologie mit der Einrichtung einer unabhängigen Behörde für Lebensmittelsicherheit Rechnung zu tragen. Diese Einrichtung wurde im Jahr 2000 mit der Unterstützung des Europäischen Parlaments vorgeschlagen. Die neue, von der Kommission und einzelstaatlichen Regierungen unabhängige Behörde soll für die Sicherstellung der Integrität und Unparteilichkeit von Beurteilungen zur Nahrungsmittelsicherheit verantwortlich sein, während die Erteilung von Vorschriften nach wie vor in den Händen der Mitgliedstaaten liegen wird. Die offizielle Verabschiedung durch die Kommission soll 2002 erfolgen. Ferner hat die Kommission einen Entwurf einer Mitteilung über das Vorsorgeprinzip veröffentlicht. Darin heißt es, dass die Kommission bei der Genehmigung von wissenschaftlichen Entwicklungen im Zweifelsfall oder bei bestehendem Risiko zu Vorsicht angehalten ist. Zwar mag dies für die Befürworter des amerikanischen Regulierungsansatzes ineffektiv erscheinen, das Prinzip soll jedoch strenge Sicherheitsnormen mit einem Minimum an Barrieren für die Innovation vereinen. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil der Methoden zur Wiederherstellung des Vertrauens der Öffentlichkeit in Entwicklungen der Biotechnologie und zur Beschleunigung von sicheren Innovationen. Andererseits gibt es trotz der tiefen und offensichtlich größer werdenden Kluft zwischen dem amerikanischen und europäischen Ansatz in Bezug auf Biotechnologieanwendungen eine historische Basis für die Erarbeitung eines gemeinsamen Ansatzes. Eine EU/USA-Task Force arbeitet seit zehn Jahren an Möglichkeiten, um die Ansätze in der Politik der Risikobewertung auf einen Nenner zu bringen. Schließlich haben im Mai 2000 der Präsident der Europäischen Kommission Romano Prodi und der amerikanische Präsident Bill Clinton ein Biotechnologie-Beratungsforum eingerichtet, wo sich Fachleute unterschiedlicher Bereiche aus den USA wie auch der EU zur Erarbeitung eines gemeinsamen Standpunkts zum Thema treffen - ein Beitrag, eine Atmosphäre der Kooperation auf beiden Seiten des Atlantik zu fördern.

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