EU beschäftigt sich mit Politik zur Primatenforschung
Das Sechste Rahmenprogramm (RP6) für Forschung und Entwicklung (F&E) könnte Bestimmungen enthalten, die die EU-geförderte Forschung an lebenden Primaten beschränken, so Vertreter der Europäischen Kommission. Bestimmungen im Fünften Rahmenprogramm erlauben es der EU, Forschung an Menschenaffen und Schimpansen zu finanzieren, obwohl derzeit keine solche Forschung gefördert wird. Dies wurde gegenüber Vertretern der Coalition to end experiments on chimpanzees in Europe (CEECE - Koalition zur Beendigung von Experimenten an Schimpansen in Europa), einer Koalition aus neun europäischen Tierschutzgruppen, in einem Treffen mit Delegierten der GD Forschung im Juli erklärt. Die Kampagne wurde im März 2001 ins Leben gerufen und konzentriert sich auf das Biomedical Primate Research Centre (BPRC - Biomedizinisches Primatenforschungszentrum) in Rijswijk, Niederlande, die einzige Institution in der EU, die derzeit Menschenaffen für wissenschaftliche Experimente verwendet. Die Vorschläge für das RP6 befinden sich zur Zeit in der Phase der interinstitutionellen Diskussion. Das Europäische Parlament "schlägt im Moment vor, dass der ethische Rahmen für das RP6 gestärkt werden sollte", so Etienne Magnien, Leiter des Referats Politische Aspekte der Direktion Biowissenschaften (Forschung auf den Gebieten der Biotechnologie, Landwirtschaft und Ernährung) der GD Forschung der Kommission, gegenüber CORDIS-Nachrichten. Die Vorschläge der Kommission enthalten derzeit Bestimmungen für einen ethischen Rahmen, der laut der Europäischen Kommission ein "vollständiger und konsistenter Rahmen" sein soll oder ein "Verhaltenskodex für Forscher, die sich um Fördermittel der Gemeinschaft bewerben", so Magnien. Forschung an Schimpansen sei einer der Bereiche, dem sich der Rahmen widmen würde, aber er befinde sich noch in der Entwurfsphase. Wie Magnien betonte, hat die Europäische Kommission selbst keine rechtliche Kompetenz bezüglich Ethik und kann nationale Gesetze zu diesem Punkt nicht übergehen. "Die Kommission kann politische Entscheidungsträger in den Mitgliedstaaten zusammenbringen und als Plattform für Verhandlungen dienen." In der Erkenntnis, dass die Europäische Kommission nur die Exekutive der EU ist, während die Mitgliedstaaten über den Ministerrat für die Gesetzgebung verantwortlich sind, arbeitet die CEECE "an beiden Enden", wie Jonathan Pearce, Leiter der Kampagne von der Welttierschutzgesellschaft (WSPA - World Society for the Protection of Animals) CORDIS-Nachrichten mitteilte. Tatsächlich brachte die Europäische Kommission 1992 einen Vorschlag ein, die Zahl der Tiere, die für Tierversuche verwendet werden, bis zum Jahr 2000 um 50 Prozent zu reduzieren, doch dieser Vorschlag wurde vom Rat nie verabschiedet. Die Niederlande sind insbesondere das Ziel der CEECE, da sie der einzige EU-Mitgliedstaat sind, der noch Forschung an Menschenaffen und Schimpansen durchführt. Die niederländische Regierung beginnt jedoch, ihre Politik auf diesem Gebiet zu überdenken, wie ein Brief des niederländischen Wissenschaftsministers Loek Hermans im April 2001 an das niederländische Parlament zeigt. "Diese Nachricht ist ein großer Schritt in Richtung Umsetzung der Ziele der CEECE", so Jonathan Pearce. "Wenn der Minister [...] sein Wort hält, wird es in drei Jahren keine Experimente mehr an Schimpansen in der Europäischen Union geben. Natürlich wollen wir mehr als das erreichen und unsere Kampagne wird sich weiterhin für ein sofortiges Verbot aller Schimpansenforschung, eine EU-Gesetzgebung für das Verbot und die Schließung des BPRC [in Rijswijk, Niederlande] einsetzen", sagte er. Ein vollständiges Verbot aller Primatenforschung ist unwahrscheinlich, aber eine Gesetzgebung, die die Forschung an Menschenaffen verbietet, sei möglich, so Jonathan Pearce. Die Koalition organisiert zur Zeit ein Treffen mit der GD Umwelt der Kommission mit dem Ziel, eine Gesetzgebung zu garantieren, die Versuche an Menschenaffen im Sechsten Umweltaktionsprogramm verbietet. Pearce ist der Ansicht, dass die Kommission sehr besorgt über die Forschung an Menschenaffen und über die Standards der internen Prüfungen in den Niederlanden ist. Er fühlte sich ermutigt, als er von der Kommission hörte, dass Anträge auf Fördermittel für Experimente in letzter Zeit von der Kommission abgelehnt wurden. Einige dieser Anträge kamen vor etwa drei oder vier Jahren aus südeuropäischen Ländern und einer im letzten Jahr aus einem Nicht-EU-Land. 1991 gründete die Kommission auch das Europäische Zentrum für die Validierung von alternativen Verfahren (ECVAM), ein Referat des Instituts für Gesundheit und Verbraucherschutz der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Kommission in Ispra, Italien. ECVAMs Hauptaufgabe ist es, die Validierung fortgeschrittener Testverfahren, die nicht an Tieren durchgeführt werden, auf Gemeinschaftsebene zu koordinieren und ihre Relevanz und Zuverlässigkeit für ihren jeweiligen Zweck sicherzustellen. Das Zentrum verfügt über ein jährliches Budget von etwa sechs Millionen Euro. Die Kommission fördert auch Forschungsarbeiten im Bereich alternativer Verfahren zu Tierversuchen. Im Vierten Rahmenprogramm wurden 15 Projekte, die sich insbesondere auf die Entwicklung von Versuchen auf der Basis von Zell- oder Gewebekulturen konzentrierten, mit EU-Mitteln gefördert und im Programm "Lebensqualität und Management lebender Ressourcen" unter dem Fünften Rahmenprogramm werden ebenfalls neue Methoden untersucht.