EUA warnt vor Umweltbelastungen durch Verkehrssektor
Die Europäische Umweltagentur (EUA) hat einen wissenschaftlichen Bericht veröffentlicht, in dem vor dem steigenden Druck auf die europäische Umwelt aufgrund des zunehmenden Straßen- und Luftverkehrs gewarnt wird. Die Ausdehnung des Straßen- und Luftverkehrs in Europa infolge des Wirtschaftswachstums hat den Verkehrssektor zum Hauptverursacher von mehreren bedeutenden Umweltproblemen werden lassen. Der TERM-2001-Bericht, der im Vorfeld einer gemeinsamen Sitzung der Verkehrs- und Umweltminister der EU veröffentlicht wurde, die vom 14. bis 16. September in Leuwen und Louvain-la-Neuve (Belgien) stattfamd, macht deutlich, dass die Verbindung zwischen dem Wirtschaftswachstum und der Verkehrszunahme überdacht werden muss. Der Exekutivdirektor der EUA, Domingo Jiménez-Beltrán, sagte: "Insgesamt geht aus dem Bericht hervor, dass die ökologische Nachhaltigkeit des Verkehrs in der EU nicht zu-, sondern eher abnimmt. Fortschritte zu einem nachhaltigeren Verkehrssystem haben sich als zwingend notwendig erwiesen, und es müssen doppelte Anstrengungen unternommen werden, um ökologische Erwägungen in die Verkehrspolitik zu integrieren." Laut dem Bericht hat der Verkehr einen Anteil von ca. 25 Prozent an den gesamten in der EU von Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen. Beunruhigender ist, dass sich der Energieverbrauch im Verkehrssektor seit 1985 um 47 Prozent erhöht hat, während andere Wirtschaftssektoren eine Steigerungsrate von 4,2 Prozent verzeichnen. Der Hauptschuldige für die Emissionen von fossilen Brennstoffen ist der Straßenverkehr, der allein 84 Prozent aller Emissionen ausmacht, gefolgt vom Luftverkehr. Zudem hat sich von 1990 bis 1998 der Kohlendioxidausstoß des Verkehrssektors um 15 Prozent erhöht. Die EUA warnt, dass die Treibhausgasemissionen durch den Verkehrssektor ernsthaft das Erreichen der Zielsetzungen der EU hinsichtlich der Emissionsreduzierung nach dem Kyoto-Protokoll gefährden, wonach Europa verpflichtet ist, seine Treibhausgasemissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 auf 8 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Eine der guten Nachrichten war die Feststellung, dass technische Verbesserungen und sauberere Brennstoffe zu einer geringeren Umweltverschmutzung durch Fahrzeuge je Beförderungseinheit geführt haben. Von 1990 bis 1998 haben sich die Emissionen des Verkehrssektors an versauernd wirkenden Gasen um 20 Prozent verringert, während die für die oberflächennahe Ozon-Belastung verantwortlichen Schadstoffemissionen um 25 Prozent abnahmen. Trotz dieser erzielten Fortschritte sind jedoch laut dem Bericht zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um die auf die Reduzierung dieser Emissionen ausgerichteten Ziele der EU zu erfüllen. Die EUA berichtete auch, dass sich zwar die städtische Luftqualität verbessert habe, jedoch berge die Luftverschmutzung immer noch gesundheitliche Risiken. Die neuen Automodelle mögen zwar effizienter und sauberer sein, so die EUA, aber wir besitzen jetzt mehr als je zuvor davon. Von 1980 bis 1998 hat sich die Fahrzeugdichte in der EU um 64 Prozent erhöht. Der Lkw-Transport hat ebenfalls zugenommen: Sein Anteil stieg von 33 Prozent des Gütertransports pro Tonnenkilometer in 1980 auf 43 Prozent im Jahr 1998. In dem Bericht wird auch festgestellt, dass die Umweltauswirkungen des europäischen Verkehrs über die Schadstoffemissionen hinausgehen. Die zunehmende Verkehrsinfrastruktur zieht eine immer stärkere Zerstückelung der Landschaft in der EU nach sich. Seit 1980 wuchs das Straßennetz in seiner Länge um mehr als 70 Prozent, während die Länge der konventionellen Schienenwege und Binnenwasserstraßen um fast 8 Prozent abnahm. Der Verkehr birgt auch hohe Kosten in Bezug auf Menschenleben und Wirtschaft. Nach Schätzungen belaufen sich die "externen" Verkehrskosten, d.h. Kosten für Umweltschäden, Unfälle und Staus, auf 8 Prozent des BIP Europas. Laut dem Bericht sinkt die Zahl der Verkehrstoten zwar, jedoch fordern Unfälle im Straßenverkehr immer noch 41.000 Opfer pro Jahr. Die Anzahl der Verletzten übersteigt die Zahl der Verkehrstoten etwa um das 40fache und verringert sich langsamer als die Zahl der Verkehrstoten. Der Europäische Rat hat den Verkehr als einen der vier prioritären Bereiche für die Politik der nachhaltigen Entwicklung herausgestellt, und die Europäische Kommission überdenkt derzeit ihre gemeinsame Verkehrspolitik. Am 12. September stimmte die Kommission für die Annahme des Weißbuchs "Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft". Das Weißbuch umfasst rund 60 Maßnahmen zur Verlagerung des Hauptgewichts auf die am wenigsten umweltbelastenden Transportmittel durch die Revitalisierung des Schienenverkehrs, Förderung der See- und Binnenschifffahrt und Verbesserung der Verbindungen zwischen den verschiedenen Verkehrssystemen. Auf diese Weise hofft die Kommission, die Verbindung zwischen dem Wirtschaftswachstum und dem Verkehrsanstieg zu durchbrechen. In dem Weißbuch werden auch die Bedürfnisse der Benutzer unterstrichen und die Sicherheit der Fahrgäste und die Effizienz des Services an erste Stelle gestellt. Die für Verkehr und Energie zuständige EU-Kommissarin und Vizepräsidentin Loyola de Palacio sagte: "Die Europäische Union muss etwas tun, um die Erwartungen der Europäer zu erfüllen, und manchmal widersprüchliche Forderungen miteinander in Einklang bringen, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben und gleichzeitig unsere Lebensqualität zu verbessern." Sie fügte hinzu: "Die europäischen Bürger verdienen ein leistungsfähiges Verkehrssystem, das ein hohes Maß an Qualität und Sicherheit gewährleistet. Das Weißbuch legt durch einen phantasievolleren und rationelleren Einsatz der verschiedenen Verkehrsmittel und Infrastrukturen den Grundstein dafür." Das Weißbuch wird von den Ministern auf dem vom 14. bis 16. September in Leuven und Louvain-la-Neuve stattfindenden Verkehrs- und Umweltgipfel diskutiert. Ein außerordentliches Ratstreffen der europäischen Verkehrsminister wurde am 13. September in Brüssel einberufen, um nach den von Terroristen in Amerika am 11. September begangenen Flugzeugentführungen die Verkehrssicherheitsmaßnahmen der EU zu bewerten. Die Möglichkeiten zur Verstärkung der bestehenden Systeme und Stärkung der internationalen Zusammenarbeit werden in Betracht gezogen. Die Europäische Kommission und die belgische Ratspräsidentschaft werden dem Verkehrsrat auch ein Arbeitsdokument zu Sicherheitsangelegenheiten vorlegen.