EUA verlangt weitere Untersuchung der Kontaminierung von GV-Kulturen
Ein neuer Bericht der Europäischen Umweltagentur (EUA) legt nahe, dass der Gentransfer von GVO (genetisch veränderten Organismen) unter dem Gesichtspunkt der Empfehlungen der EU über Schwellenwerte für die Kontaminierung von nicht genveränderten Sorten weitere Forschungsanstrengungen erfordert. Gegenstand der Untersuchung war die Genübertragung durch Pollen bei sechs genetisch veränderten Sorten (Raps, Zuckerrüben, Kartoffeln, Mais, Weizen und Gerste), die kurz vor der Markteinführung in der Europäischen Union stehen. Jede Sorte wies einen bestimmten Genfluss auf, der auf unterschiedlichen Mechanismen bei der Produktion und Verteilung der Pollen beruht. Der Bericht fordert daher die Fortsetzung der Forschungsarbeiten über biologische und physische Sperren für den Gentransfer durch Fremdbestäubung und stützt sich dabei auf eine Empfehlung der Europäischen Kommission, die eine Schwelle von einem Prozent für "GVO-freie" Sorten vorsieht. Darüber hinaus empfiehlt der Bericht weitere Untersuchungen des Genflusses durch die Kontaminierung mit "freigesetzten" Samen von GV-Varietäten, die in früheren Jahren am gleichen Standort gewachsen waren, sowie des derzeitigen Ausmaßes des Gentransfers auf wilde Populationen. Raps stellte sich als eine sehr anfällige Sorte für den Genfluss zwischen Varietäten und mit wild wachsenden verwandten Sorten heraus. Beim Anbau würde auch über weite Entfernungen ein geringer Genfluss stattfinden, sodass eine umfassende genetische Isolation nur schwer zu erreichen sein würde, so die Warnung des Berichts. Beim Raps würde sich nach der GVO-Freigabe auf Grund des so genannten Gen-Stacking, bei dem sich Gene unterschiedlicher GV-Varietäten in Pflanzen ansammeln, die aus bei der Ernte verstreuten Samen hervorgehen (Durchwuchs), eine allgemeine Resistenz gegen verschiedene Herbizide einstellen. Dies könne zur Entstehung von Pflanzen mit einer Häufung genetischer Merkmale von verschiedenen GV-Varietäten führen. Für Zuckerrüben bestehe ein mittleres bis hohes Risiko für den Genfluss zwischen einzelnen Sorten und mit wild wachsenden Verwandten. Zuckerrübenpollen wurden noch in Entfernungen von mehr als einem Kilometer festgestellt. Bei Hackfrüchten, die vor der Blüte geerntet werden, stelle die Fremdbestäubung zwar kein Problem dar, doch könnten Pflanzen, die aus landwirtschaftlichen Kulturen hervorgegangen sind, zu einer Genübertragung führen. Mais wird lediglich für den Genfluss zwischen Kulturen als mittel- bis hochgefährliche Sorte betrachtet. Im Bericht heißt es, es sei zwar offensichtlich, dass "GV-Mais anderen Mais bis in die empfohlene Isolationszone von 200Metern und darüber hinaus fremdbestäuben" würde, doch gebe es in Europa keine wild lebenden Verwandten, die von GV-Mais befallen werden könnten. Nach Angaben des Berichts stellen Weizen, Gerste und Kartoffeln allesamt ein niedriges Genfluss-Risiko sowohl zwischen einzelnen Kulturen als auch mit wild lebenden Verwandten dar, da die Weizen-Fremdbestäubung in der Praxis gering ausfällt, Gerste sich durch Selbstbefruchtung fortpflanzt und geerntete Kartoffeln sehr widerstandsfähig gegen die Kontaminierung mit Pollen sind. Allerdings betont der Bericht, dass "keine dieser Kulturen Pollen besitzt, die vollkommen beherrschbar sind". Isolationszonen und Barrieren aus Kulturen oder anderer Vegetation könnten die Verteilung der Pollen zwar einschränken, doch wechselnde Witterungs- und Umweltbedingungen führten dazu, "dass eine gewisse Verteilung der Pollen über große Entfernungen stattfindet". Ferner warnen die Autoren des Berichts davor, dass "die möglichen Auswirkungen der Hybridisierung und der Introgression zwischen Kulturen und wilden Arten bisher unklar sind, da nur schwer vorausgesagt werden kann, welche Veränderungen die veränderten Gene in den wild lebenden verwandten Arten hervorrufen".