Wirtschaftsvertreter bewerten Realisierbarkeit des Zielwerts von drei Prozent für FuE-Ausgaben
"Investitionen in FuE sind kein Ziel an sich, sondern ein wichtiges Instrument, um bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum zu werden", heißt es in der Schlussfolgerung einer Veröffentlichung des Europäischen Industriekreises (European Round Table of Industrialists - ERT), in der das Ziel der EU, die Forschungsaufwendungen bis 2010 auf drei Prozent des BIP anzuheben, untersucht wird. Die Mitglieder des ERT, die selbst über 13 Prozent der gesamten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) ausmachen, gehen davon aus, dass sie auf Grund der von ihnen als unattraktiv empfundenen Investitionsbedingungen in der EU einen immer größeren Teil ihrer FuE in Drittländer verlagern werden. Aus einer Umfrage unter den Mitgliedern geht hervor, dass die Mehrheit beabsichtigt, das derzeitige Niveau ihrer FuE-Ausgaben in Europa beizubehalten oder nur leicht anzuheben. Sollte sich diese Tendenz in der übrigen Wirtschaft bestätigen und das BIP weiter steigen, werden die FuE-Aufwendungen der EU-Privatwirtschaft gemessen am BIP rückläufig sein. Für EU-Forschungskommissar Philippe Busquin, den Autor des Vorschlags für einen Anteil von drei Prozent des BIP, ist dies mit Sicherheit eine ernüchternde Nachricht. Die Schlussfolgerung, wonach diese Zielsetzung ein Mittel zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ist, entspricht jedoch den Ansichten des Kommissionsmitglieds, denn Busquin hat oft gesagt, das Drei-Prozent-Ziel sei zwar für manche Ländern nicht realisierbar, doch die Zielsetzung alleine sei bereits eine Aufforderung an die Mitgliedstaaten zu handeln. Die Mitgliedunternehmen des ERT gehen gleichwohl davon aus, dass sie ihre FuE-Ausgaben außerhalb Europas steigern werden, und bezeichnen Humanressourcen und Infrastruktur, finanzielle Anreize und die gesetzlichen Rahmenbedingungen insgesamt als Faktoren, die Europa "unattraktiv" machen. Um der mangelnden Attraktivität Europas entgegenzuwirken, hat der ERT mehrere Vorschläge ausgearbeitet, die u.a. Investitionen in Exzellenzzentren, die Anhebung der FuE-Ausgaben der öffentlichen Hand und einen besseren Schutz der geistigen Eigentumsrechte betreffen. Der ERT empfiehlt daher den Aufbau von FuE-Exzellenzzentren in wirtschaftlichen Schlüsselbereichen wie Informations- und Kommunikationstechnologien. Um diese Zentren mit einer ausreichenden Anzahl von Mitarbeitern auszustatten, sollten die bildungspolitischen Prioritäten erneuert, Einwanderungsbestimmungen für entsprechend qualifizierte Personen gelockert und die Attraktivität einer Karriere als Naturwissenschaftler verbessert werden, indem Einfluss auf die Haltungen genommen wird. Darüber hinaus fordert der ERT die Förderung öffentlich-privater Partnerschaften durch Anreize und die Erleichterung der Mobilität zwischen öffentlichen und privaten Stellen. Höhere staatliche FuE-Aufwendungen würden nach Ansicht der ERT-Mitglieder außerdem mehr private FuE-Investitionen nach sich ziehen. Die im ERT vertretenen Unternehmen sind der Auffassung, dass europäische Unternehmen in größerem Maß als die US-Wirtschaft durch die strengeren Subventionsbestimmungen behindert werden. Der ERT geht ferner davon aus, dass die Wirtschaft größere rechtliche Klarheit und Sicherheit benötigt und die Forschung in Schlüsselbereichen für die künftige Wettbewerbsfähigkeit wie etwa genetisch veränderte Organismen (GVO) gelähmt wird. Nach Meinung des ERT würde die Lösung darin bestehen, die geistigen Eigentumsrechte zu verbessern, eine Einigung beim Gemeinschaftspatent zu finden und die gesetzlichen Beschränkungen zu lockern.