Descartes-Preis für Projekte über MS und Gammastrahlen
Am 5. Dezember wurden die beiden diesjährigen Gewinner des Descartes-Preises bekannt gegeben. Dabei handelt es sich um ein Projekt zur Entwicklung neuartiger Medikamente für Multiple Sklerose- (MS-) Patienten und ein Projekt, das die Ursprünge der Gammastrahlen-Ausbrüche erforscht. Jedes Projektkonsortium erhält 500.000 Euro. Mit dem Descartes-Preis werden Forschungsprojekte ausgezeichnet, an denen Stellen aus ganz Europa mitwirken und die auf die Belange der Bürger eingehen und gleichzeitig zur Wettbewerbsfähigkeit Europas beitragen. Die zwei Preisträger wurden durch die Descartes-Jury aus einer engeren Auswahl von zehn Projekten ausgewählt. Diese zehn Projekte wiederum wurden aus 108 Bewerbungen ausgewählt, so vielen wie nie zuvor in den drei Jahren, seit denen es den Preis gibt. "2002 ist ein exzellenter Jahrgang. Er beweist, dass unser Kontinent immer noch zur Weltspitze gehört", sagte Yves Michot, Präsident der Jury und früherer Vorstandschef von Aerospatiale Matra. Professor Lars Fugger vom Universitätskrankenhaus Aarhus in Kopenhagen (Dänemark) nahm den Preis für ein Projekt zur Behandlung von MS in Empfang. Professor Fugger ist der Leiter dieses Projekts, das mit Partnerteams in Dänemark, Schweden, dem VK und den USA zusammenarbeitet. Professor Fugger sagte, er fühle sich "sehr geehrt", und nahm den Preis "im Namen aller EU-Bürger, die an Multipler Sklerose erkrankt sind" an. Das Projekt untersucht, warum das Immunsystem die körpereigenen Nervenzellen eines Patienten statt eindringender Mikroorganismen angreift und so MS auslöst. Die Entdeckungen des Projektteams haben zu einem besseren Verständnis dieser Krankheit, für die es bisher keine Heilung gibt, geführt, und bilden die Grundlage für die Entwicklung neuer Medikamente zu ihrer Behandlung. Ein Europäer von tausend ist an MS erkrankt. In den letzten Jahren sind immer mehr junge Frauen davon betroffen. "Die Pharmaindustrie muss ein Interesse daran gewinnen, [diesen Patienten] Medikamente anzubieten", sagte Professor Fugger. Er sei zuversichtlich gewesen, dass sein Projekt Siegchancen hat, da er wusste, dass es "ein gutes Projekt ist, das wichtig für die Bürger Europas ist und exzellente Leistung und Mehrwert demonstriert", erklärte er gegenüber CORDIS-Nachrichten. Fugger zufolge werden die 500.000 Euro Preisgeld dafür verwendet, die Tätigkeiten des Projektkonsortiums auszuweiten und den Krankheitsprozess noch eingehender zu verstehen. Er wollte sich jedoch nicht dazu äußern, wann aus dem Projekt hervorgegangene neue Medikamente auf den Markt kommen, denn dieser Prozess sei nicht absehbar. Außerdem wolle er MS-Patienten nicht Hoffnung machen, um sie später auf einen späteren Termin zu vertrösten. Edward Van den Heuvel von der Universität Amsterdam, der zweite Preisträger und Koordinator eines Projekts, das die Ursprünge von Gammastrahlen-Ausbrüchen untersuchte, rechnete hingegen weniger mit einer Auszeichnung. "Nachdem ich gehört hatte, dass der Preis nur an "nützliche" Projekte verliehen wird, bin ich sehr froh, dass die Jury die Grundlagenforschung bedacht hat", sagte Dr. Van den Heuvel. "Zurzeit können wir nicht behaupten, dass wir irgend etwas Nützliches tun", sagte er weiter. Der Juryvorsitzende, Yves Michot, widersprach dieser Aussage, denn es sei unmöglich, den Nutzen von Projekten zu vergleichen. Die Mitglieder der Jury hätten nach langen Diskussionen gewusst, wo ein wirklicher Durchbruch erzielt wurde, und deswegen sei die Entscheidung auf dieses Projekt gefallen, so Michot. Die Jury habe dabei "nicht nur [berücksichtigt], dass es den Ursprung der Gammastrahlen herausgefunden hat, sondern auch, dass es einen Beitrag für die zukünftige Forschung leistet". Im Moment gäbe es zwar keine unmittelbare Anwendung für die Ergebnisse von Dr. Van den Heuvels Projekt, dies könnte in der Zukunft aber anders sein. Gammastrahlen-Ausbrüche wurden erstmals vor rund 30 Jahren entdeckt. Wo sie herkamen, war bisher jedoch nicht bekannt. Dieses Projekt hat nachgewiesen, dass Gammastrahlen-Ausbrüche durch riesige Explosionen auf Grund des Zusammenbruchs von sehr großen, weit entfernten Sternen entstehen. Solche Explosionen wurden bisher zwar nur in anderen Galaxien beobachtet, doch sollten sie in unserer eigenen Galaxie auftreten, könnten sie eine große Gefahr darstellen, erklärte Dr. Van den Heuvel. An diesem Projekt sind Teams aus den Niederlanden, Italien, Dänemark, Spanien, dem VK und Deutschland beteiligt. Der von Italien und den Niederlanden gemeinsam entwickelte Satellit BeppoSAX ist von fundamentaler Bedeutung für das Projekt. "Gute Zusammenarbeit war ein wesentlicher Faktor", sagte Dr. Van den Heuvel. "Diese Arbeit erforderte umgehende Reaktionen seitens einer großen Zahl von Teams, die eine Vielzahl von Observationstechniken auf Wellenlängen zwischen Radio- und Gammastrahlen und sowohl am Boden als auch im Weltraum abdeckten. Ein EU-Land hätte die notwendigen Sachkenntnisse alleine nicht aufbringen können", erklärte er. Dr. Van den Heuvel sagte, er sei "glücklich und zufrieden" mit der Auszeichnung und würdigte J. A. van Paradijs, den früheren Projektkoordinator, der vor drei Jahren verstorben ist: "Ohne ihn würde ich jetzt hier nicht stehen", sagte er. Wie der niederländische Preisträger bemerkte, fiel der Tag der Preisverleihung auf St. Nikolaus. "In den Niederlanden bekommt heute jeder ein Geschenk", sagte er in Anspielung auf sein eigenes "Geschenk". In Vertretung von EU-Forschungskommissar Philippe Busquin, der in Brüssel versuchte, den Europäischen Konvent zu überzeugen, ein Kapitel über Forschung und Innovation aufzunehmen, erschien Rainer Gerold, Leiter der Direktion "Europäischer Forschungsraum - Wissenschaft und Gesellschaft" in der GD Forschung der Kommission. Dr. Gerold bezeichnete den Descartes-Preis als einen "Anreiz für die Teams und das öffentliche Interesse an der Naturwissenschaft, eines der Schlüsselziele der Kommission". Er teilte mit, dass die Kommission derzeit über einen zukünftigen Preis für Wissenschaftskommunikation berät. Die Entscheidung für einen solchen Preis sei bereits gefallen, sagte er, allerdings müssten noch die Bedingungen genauer festgelegt werden.