Europa plant weltgrößtes Teleskop
Europäische Astronomen haben sich in einem gemeinsamen Projekt zusammengeschlossen, um das weltgrößte optische Teleskop zu entwerfen und zu bauen. Der Objektivspiegel des Teleskops, der einen Durchmesser von bis zu 100 Meter besitzen soll, gestattet eine weitaus eingehendere Beobachtung von entfernten Objekten im Weltraum. Die größten, zurzeit verwendeten Teleskope besitzen nur einen Durchmesser zwischen acht und elf Meter. Der Bau eines Extremely Large Telescope (ELT) dieser Größe wäre eine herausragende technische Leistung - u.a. auch deswegen, weil das Instrument in einer Höhe von mehreren tausend Meter über dem Meeresspiegel errichtet werden muss, damit die Sicht auf den Himmel weniger beeinträchtigt wird. Der Leiter des Projekt-Organisationsausschusses Professor Gerry Gilmore von der Universität Cambridge ist sich bewusst, wie groß diese technische Herausforderung ist. "Das Hauptmerkmal solch riesiger Teleskope ist, dass sie groß sind - so groß wie ein Fußballplatz. Sie werden im Freien aufgestellt, und zwar auf einem Berg, wo es kalt und windig ist und Erdbeben drohen. Außerdem bewegen sie sich und wiegen bis zu 10.000 Tonnen. Daher gehen sie unter ihrem eigenen Gewicht in die Knie. Trotz allem muss ein solches Instrument präzise genug sein, damit das Licht genau im Fokus ist", sagte Professor Gilmore gegenüber der BBC. Es wäre jedoch äußerst unpraktisch, einen perfekten einzelnen Spiegel mit einem Durchmesser von 100 Meter zu bauen und auf einen Berg zu transportieren. Um ein Teleskop in der gewünschten Größe zu bauen, muss der Objektivspiegel in Tausende kleine Glas-"Ziegel" unterteilt werden. Diese sollen dann von einem computergesteuerten System aus Sensoren und Präzisionskolben gesteuert werden, das das Licht in einem Punkt bündelt. Um das Bild weiter zu verbessern, werden optische Tricks eingesetzt, die modernen Teleskopen gestatten, durch die turbulente Atmosphäre der Erde hindurchzusehen. In Europa werden seit mehreren Jahren mehrere ELT-Projekte geprüft. Nun schließen sich die beiden wichtigsten Initiativen, Euro-50 unter der Leitung von Schweden und Owl unter der Leitung der Europäischen Südsternwarte (ESO), zusammen, um einen Vorschlag für umfangreiche zusätzliche Mittel von der Europäischen Union zu erarbeiten. "Wir müssen nachweisen, dass die Schlüsseltechnologien einsetzbar und bezahlbar sind", sagte Dr. Gilmore. "Insbesondere müssen wir zeigen, dass beim Bau der riesigen Anzahl an Teilen, die für ein ELT gebraucht werden, industrielle Größenvorteile eine Rolle spielen. Es handelt sich also in gleichem Maße um eine verwaltungstechnische und wirtschaftliche wie um eine technische Herausforderung. Sie gilt es jedoch zu bewältigen, wenn europäische Astronomen die Instrumente in die Hand bekommen sollen, die sie brauchen, um auf dem neuesten Stand der internationalen wissenschaftlichen Entwicklung zu bleiben." Dr. Tim Hawarden, ein Wissenschaftler im ELT-Projekt vom britischen Astronomy Technology Centre in Edinburgh, geht davon aus, dass die nächste Instrumentengeneration riesige Vorteile bereithalten wird: "Wir könnten z.B. erdähnliche Planeten, so es dort welche gibt, im Weltraum um Sterne in einer Entfernung von Dutzenden von Lichtjahren sehen und vielleicht sogar herausfinden, aus was ihre Atmosphären bestehen."