Europäische Astronauten verlangen Vision für die Raumfahrt
Auf seinem ersten Treffen am 13. März teilte das 16-köpfige europäische Astronautenkorps EU-Forschungskommissar Philippe Busquin mit, dass Europa eine Vision für die Raumfahrt benötigt. Die Astronauten waren in Brüssel, um ihre Reaktionen auf das gerade veröffentlichte Grünbuch über die Raumfahrtpolitik vorzustellen. Wie Gerhard Thiele, der Chef des Korps, gegenüber CORDIS-Nachrichten sagte, traf ihre zukunftsorientierte Sichtweise bei Busquin auf offene Ohren. Alle anwesenden Astronauten waren sich einig, dass Europa sowohl über immense Kompetenzen als auch die Technologie verfügt, um mit anderen Akteuren gleichziehen zu können: "Wir besitzen Fähigkeiten in allen Bereichen und müssen diese nur noch miteinander verknüpfen. Dies wäre ein gewaltiger Fortschritt für Europa", so einer der Astronauten. "Wir wissen, dass wir es können", fügte Thiele hinzu. "Europa besitzt die Erfahrung und die industrielle Basis. Was uns noch fehlt, ist ein eigenständiger Zugang zum Weltraum", sagte Umberto Guidoni, der 2001 als erster Europäer die Internationale Raumstation (ISS) besuchte, im Gespräch mit CORDIS-Nachrichten. Die Astronauten vertraten jedoch auch die Meinung, dass ein eigenständiger Zugang Europas zum Weltraum nicht dem Wunsch entspricht, alleine zu handeln, sondern Europa in der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren - vor allem den USA und Russland - als stärkeren Partner hinzustellen. "Wir wollen Unabhängigkeit im positiven Sinn", sagte Gerhard Thiele. Da die US-amerikanische Space-Shuttle-Flotte zurzeit nicht verfügbar ist, wäre der Zugang Europas zum Weltraum nicht nur für die ISS, sondern auch für die gesamte Raumfahrt von großem Nutzen. Umberto Guidoni verteidigte die bemannte Raumfahrt gegenüber den in letzter Zeit aufgekommenen Vorschlägen, Roboter einzusetzen, da diese eine sicherere Alternative darstellten: "[Die bemannte Raumfahrt] erscheint zurzeit womöglich überflüssig. Dies könnte sich aber zukünftig ändern, und darauf müssen wir vorbereitet sein. Die Kompetenzen und die Technologie müssen jetzt erweitert werden. Der Vorsprung der Russen ist darauf zurückzuführen, dass sie ganz früh schon dabei waren." Sind sich die Bürger Europas aber der Tätigkeiten Europas in der Raumfahrt bewusst und unterstützen sie diese? In diesem Zusammenhang forderten verschiedene Astronauten, dass Programme, an denen Europäer beteiligt sind, besser verdeutlicht werden. Wie einer der Astronauten bemerkte, hebe kein Shuttle ab, ohne dass Europa in irgendeiner Weise beteiligt wäre, sei es mit einem Experiment oder einem Astronaut. Guidoni ist sich sicher, dass die Öffentlichkeit die Raumfahrt befürwortet: "Meines Erachtens besteht ein messbares Interesse. Astronauten treten oft in der Öffentlichkeit auf, und es besteht ein Interesse an unserer Arbeit. Jeder träumt davon, einmal in den Weltraum zu fliegen."