Skip to main content
Weiter zur Homepage der Europäischen Kommission (öffnet in neuem Fenster)
Deutsch Deutsch
CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Inhalt archiviert am 2023-01-13

Article available in the following languages:

Forscher betonen wissenschaftliche Aspekte der Diskussion über Ethik in der Stammzellenforschung

Mit der Teilnahme mehrerer führender europäischer Stammzellenforscher am interinstitutionellen Bioethik-Seminar am 24. April in Brüssel wurden zwei wichtige Ziele verfolgt. Als Fachleute konnten sie den Teilnehmern ihre persönliche Sicht der ethischen Verwendung von Embryos f...

Mit der Teilnahme mehrerer führender europäischer Stammzellenforscher am interinstitutionellen Bioethik-Seminar am 24. April in Brüssel wurden zwei wichtige Ziele verfolgt. Als Fachleute konnten sie den Teilnehmern ihre persönliche Sicht der ethischen Verwendung von Embryos für Forschungszwecke darlegen. Vielleicht noch wichtiger war aber, dass ihre Erkenntnisse über die Methoden und das zukünftige Potenzial dieses Forschungsbereichs manche praktischen Aspekte der Bioethik-Debatte verdeutlichten, die oft von kontroverseren Themen verdeckt werden. Zu den lebhaftesten Diskussionen führte jedoch die Frage des moralischen Status von menschlichen Embryos, die ganz oben auf der Tagesordnung stand und, kaum überraschend, geteilte Reaktionen hervorrief. Professor Angelo Vescovi, stellvertretender Direktor des Instituts für Stammzellenforschung am San-Raffaele-Hospital in Mailand und einer der beiden bekanntesten anwesenden Stammzellenforscher, vertrat die Meinung, dass ein Embryo, obwohl während einer Phase nach der Befruchtung kein menschliches Leben besteht, zu jeder Zeit eine Lebensform in der Entwicklung ist, der daher der gleiche moralische Status wie dem Menschen zuerkannt werden muss. Bei seinen Forschungsarbeiten untersucht Professor Vescovi die Möglichkeiten der Behandlung mit Stammzellen, die bei Erwachsenen isoliert und entnommen werden, den so genannten somatischen Stammzellen. Für somatische Stammzellen bestehen ähnliche Anwendungsmöglichkeiten wie für embryonale Stammzellen, so etwa die direkte Transplantation in Patienten, die an neurologischen Erkrankungen leiden. Diese Methode hat sich bei Mäusen bereits bewährt. Noch wichtiger ist vielleicht der Aspekt, dass solche Zellen in Labors zur Entwicklung und Erprobung von Medikamenten zur Behandlung einer größeren Anzahl von Störungen eingesetzt werden können. Dagegen wird zuweilen jedoch eingewendet, dass die Entnahme von Stammzellen bei Erwachsenen äußerst schwierig sein kann und somatische Stammzellen im Gegensatz zu embryonalen Stammzellen wohl nicht pluripotent sind, d.h. sich nicht zu jeder Körperzelle entwickeln können. Darüber hinaus dürfte es nicht möglich sein, sie im Labor unendlich oft zu reproduzieren. Professor Austin Smith, der Direktor des Instituts für Stammzellenforschung in Edinburgh, gehört zu den Wissenschaftlern, die der Meinung sind, dass die möglichen Vorteile den Einsatz von embryonalen Stammzellen rechtfertigen, da ein erzeugter, aber nicht zur In-vitro-Befruchtung verwendeter Embryo (ein so genannter überzähliger Embryo) sich nicht zu einer Lebensform entwickeln kann, wenn er nicht in eine Gebärmutter eingesetzt wird. Aus diesem Grund wäre es aus Sicht von Professor Smith falsch, wenn einem überzähligen Embryo der gleiche moralische Status wie einem lebenden Menschen zugebilligt würde. Wie Professor Peter Whittaker von der Universität Lancaster bemerkte, ist es angesichts der Meinungsverschiedenheiten sowohl unter Fachleuten als auch in der Öffentlichkeit sehr unwahrscheinlich, dass eine der Definitionen des moralischen Status von Embryos jemals als repräsentativ bezeichnet werden kann. Andere wissenschaftliche Ansätze verlagerten jedoch den Schwerpunkt der Diskussion etwas. So erwarten zahlreiche Wissenschaftler, dass es nicht mehr notwendig sein wird, Stammzellen aus Embryonen zu entnehmen, sobald bessere Verfahren zur Schaffung von Zelllinien aus embryonalen Stammzellen vorliegen, da diese auf Grund ihrer pluripotenten Eigenschaften und der unendlichen Reproduzierbarkeit der Zellen alle Eigenschaften besitzen, die jemals benötigt werden. Während dieser Punkt für den Einsatz von Stammzellen spricht, spricht ein anderes, eher auf der Wissenschaft als der Ethik basierendes Argument wohl dagegen. Laut Forschern, die mit somatischen Stammzellen von Erwachsenen oder abgetriebenen Föten arbeiten, so z.B. Professor Vescovi, ist die Entwicklung von Medikamenten auf der Grundlage von Stammzellen der mit Abstand erfolgversprechendste Forschungsbereich. Um Medikamente gegen bestimmte Störungen zu entwickeln, so diese Gruppe von Forschern, sind embryonale Stammzellen nutzlos, da sie nicht die verlangten Abnormitäten aufweisen und auf Grund ihrer Herkunft nur einem kleinen Ausschnitt der Menschheit entsprechen, nämlich meistens unfruchtbaren Paaren vor allem aus den westlichen Ländern. Manche in der Diskussion vorgebrachten Argumente beziehen sich sogar auf wirtschaftliche Erwägungen. Sollten diese Tätigkeiten nicht auf EU-Ebene gefördert werden, warnen Befürworter der Forschung unter Einsatz von Embryos, würden Finanzierungsquellen versiegen und führende Wissenschaftler dieses Bereichs in Länder abwandern, wo dies der Fall ist. Obwohl die Tendenz besteht, sich auf die umstrittensten Aspekte der Stammzellendiskussion, d.h. die moralischen Gesichtspunkte des Einsatzes von Embryos zu Forschungszwecken, zu konzentrieren, wird deutlich, dass es noch viele weitere, weniger offensichtliche Argumente gibt, die es zu beachten gilt. Um einen Vorschlag auszuarbeiten, der auf einen breiten Konsens in dieser Frage abzielen soll, wird die Kommission das gesamte Spektrum berücksichtigen müssen.

Mein Booklet 0 0