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Inhalt archiviert am 2023-01-13

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Nobelpreisträger gibt Einblick, wie modernste Forschung hervorgebracht wird

"Man kann ein Umfeld organisieren, dass Forschung auf dem allerneuesten Stand hervorbringt, aber man kann nicht die Grundlagenforschung organisieren", äußerte Professor Kurt Wüthrich, 2002 Nobelpreisträger für Chemie, beim Swiss Science Briefing am 2. Juni in Brüssel. In ein...

"Man kann ein Umfeld organisieren, dass Forschung auf dem allerneuesten Stand hervorbringt, aber man kann nicht die Grundlagenforschung organisieren", äußerte Professor Kurt Wüthrich, 2002 Nobelpreisträger für Chemie, beim Swiss Science Briefing am 2. Juni in Brüssel. In einem Interview mit CORDIS-Nachrichten erläuterte Professor Wüthrich seine persönlichen Erfahrungen mit der Arbeit im amerikanischen und europäischen Forschungssektor. Er bemerkte, dass in jeder der beiden Regionen Unterstützung, persönliche Freiheit, Zeit und finanzielle Förderung für Wissenschaftler notwendig sind, damit diese "Spitzenforschung" durchführen können. Die Wissenschaftler stehen jedoch bestimmten organisatorischen und finanziellen Hindernissen gegenüber, insbesondere die Grundlagenforscher, deren Arbeit nicht an konkreten, praktischen Zielen orientiert ist. "Wie kann ich sagen, was ich finden werde, bevor ich es gefunden habe?", fragte Professor Wüthrich und fügte hinzu: "Sogar wenn man in der Grundlagenforschung etwas erreicht, ist es schwierig, das Erreichte zu messen, und man hat für gewöhnlich Zweifel an seiner Gültigkeit [.]. Manchmal ist es auch peinlich für Forscher zu sagen, wonach sie suchen, da sie es vielleicht nicht finden." Professor Wüthrich erhielt den Nobelpreis für die Entwicklung der magnetischen Kernresonanz (NMR)-Spektroskopie zur Bestimmung der dreidimensionalen Struktur biologischer Makromoleküle. Seitdem haben er und seine Forschungsgruppe über 50 NMR-Strukturen von Proteinen und Nukleinsäuren aufgeklärt, die z.B. infektiöse neurodegenerative Krankheiten wie bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) oder die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD) bei Menschen auslösen. Heutzutage hätte Professor Wüthrich keine Schwierigkeiten, finanzielle Förderung für seine Forschung in Europa, den USA oder Japan zu erhalten, doch als er mit der Forschung über NMR-Spektroskopie begann, gab es außerhalb Europas keine Finanzierung für diese Forschung. "Wenn man nicht beweisen konnte, dass es funktioniert, erhielt man in den USA keine Förderung", erklärte der Professor. "Nun, da diese Art von Forschung erfolgreich ist, kann man sich sicher sein, dass man das Geld bekommt, das man braucht." Professor Wüthrich ist sowohl an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich als auch am Cecil H. and Ida M. Green Institute of Geophysics and Planetary Physics am Scripps Research Institute (TSRI) in Kalifornien tätig. Auf die Bitte, die Forschungsförderung in den USA und in Europa zu vergleichen, meinte Professor Wüthrich, dass der amerikanische Ansatz auf einem elitären System beruhe: "Es wählt diejenigen [Forscher] aus, die sehr gut sind, und sie bekommen eine Menge Geld." Er fügte jedoch hinzu, dass die relativ geringen europäischen Fördermittel nicht mit dem amerikanischen Fördertopf zu vergleichen seien. Beispielsweise kann die US-amerikanische private Stiftung Howard Hughes Medical Institute (HHMI) mit einem ähnlichen Betrag, wie dem, der im Sechsten Rahmenprogramm (RP6) zur Verfügung steht, eine kleinere Gruppe von "Spitzen"-Wissenschaftlern über einen Zeitraum von fünf Jahren fördern. Wenn nach Ende dieses Zeitraums keine Ergebnisse erzielt werden, werden die Wissenschaftler nicht weiter gefördert. Es werde jedoch in genügend Wissenschaftler investiert, so dass das Risiko des Misserfolgs wieder aufgehoben werde, meinte Professor Wüthrich. Obwohl Professor Wüthrich überwiegend Erfahrungen in den USA und der Schweiz gesammelt hat, kennt er auch die EU-Rahmenprogramme. Er hat an vorangegangenen Programmen teilgenommen und ist der Ansicht, dass der Förderrahmen sich nicht in einer Weise entwickelt hat, die den Anforderungen modernster Wissenschaft gerecht wird. "Modernste Wissenschaft benötigt eine nicht-demokratische Organisation, damit die Spitzenforschung eines einzelnen Wissenschaftlers und seines Teams aufrecht erhalten werden kann: Ich wäre nicht erfolgreich gewesen, wenn ich nicht die 229 Forschungsassistenten, technischen Mitarbeiter und Studierenden gehabt hätte, die in den dreißig Jahren meiner Forschung über NMR mit mir gearbeitet haben", erklärte er. Oft wird behauptet, dass private Investitionen in wissenschaftliche Forschung in den USA höher seien, da private Unternehmen eher bereit seien, risikoreiche Investitionen zu tätigen. Obwohl Professor Wüthrich einräumt, dass Mittel von privaten Unternehmen leichter zur Verfügung stehen, hat er eine andere Erklärung als die Bereitschaft, Risiken einzugehen. "Sie investieren nicht, sie spenden", meinte er und fügte hinzu, dass die US-Regierung staatliche Planvereinbarungen und Steueranreize, die private Investitionen fördern, entwickelt hat. "Das fehlt uns in Europa", meinte der Professor. Auf die Frage, ob es Elemente in der amerikanischen Forschungslandschaft gebe, die in die europäischen Forschungsstrukturen integriert werden könnten, bezog sich Professor Wüthrich auf die Schweizer Forschungslandschaft, die in gewissem Maße ein wettbewerbsfähiges Element entwickelt hat, das dem im amerikanischen Forschungsrahmen ähnlich ist. Er vertrat jedoch die Ansicht: "Wissenschaft in den einzelnen Ländern ist in den Lebensstil dieser Länder eingebettet. Was in einem Land funktioniert, lässt sich nicht einfach auf ein anderes Land übertragen." Die politischen Entscheidungsträger in der EU haben die Notwendigkeit erkannt, die Hindernisse und Schwierigkeiten, denen Forscher gegenüberstehen und die der Professor erläuterte, anzugehen. Der ebenfalls bei dem Briefing anwesende Generaldirektor der GD Forschung Achilleas Mitsos sagte, dass der kürzlich veröffentlichte Aktionsplan die grundsätzliche Frage der zu geringen Investitionen lösen soll. Durch die Verbesserung der öffentlichen Unterstützung für Forschung und Innovation, die Umwidmung öffentlicher Ausgaben für Forschung und Innovation und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Investitionen in Forschung sollten die Mitgliedstaaten in der Lage sein, bis 2010 ihre Forschungsausgaben auf drei Prozent anzuheben, meinte Mitsos. Was den freien Raum für Forschung in Europa betrifft, verwies Mitsos auf die Änderung der Philosophie im RP6, das versucht, die besten Forscher als volle Teilnehmer unabhängig von ihrer Nationalität zu gewinnen. Das Programm versucht auch, das richtige Gleichgewicht zwischen einem von der Basis ausgehenden und einem von oben gelenkten Ansatz für Forschung zu finden. "Aber ich bin nicht überzeugt, dass wir das schon geschafft haben", warnte Mitsos. "Es hängt von allen Beteiligten ab, zu überlegen, wie wir auf diesem Weg der Zusammenarbeit weiter voranschreiten können."

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