Bericht: Standardisierte Modelle für öffentliche Partizipation an wissenschaftspolitischen Entscheidungsprozessen sind nicht notwendig
Ein Zwischenbericht über die Rolle der Zivilgesellschaft beim modernen Regieren (Governance) im Europäischen Forschungsraum (EFR) kommt zu dem Schluss, dass die Kommission weniger eine bestimmte Reihe öffentlicher Partizipationsprozesse dokumentieren, sondern vielmehr einen Pool für kontextsensitive Methoden, der je nach Bedarf genutzt werden kann, fördern sollte. Die Studie "Governance of the ERA: the role of civil society" (Modernes Regieren im EFR: die Rolle der Zivilgesellschaft) wurde für die Europäische Kommission vom Institut für Organisationskommunikation (IFOK) erstellt. Ziel war es, verschiedene Arten der Partizipation der Zivilgesellschaft an auf Wissenschaft und Technologie beruhenden politischen Entscheidungen zu klassifizieren und zu vergleichen. Der Zwischenbericht bildete die Grundlage für eine internationale Konferenz zu demselben Thema, die am 12. und 13. Juni in Brüssel stattfand. Darin heißt es: "Die Rolle der Europäischen Kommission sollte primär darin gesehen werden, erfolgreich Partizipationsmodelle an politischen Entscheidungsprozessen zu initiieren und zu verbreiten." Jedoch wird gewarnt, dass die Kommission "nicht einfach bei der Dokumentation einer bestimmten Reihe und Anzahl von Partizipationsprozessen aufhören" sollte, sondern vielmehr "nach einem Pool von Methoden streben sollte, der zu den neu entstehenden Netzwerken verschiedener Akteure im Bereich forschungspolitischer Entscheidungen passt". Im Weiteren gibt der Bericht einen Überblick über die derzeitige Palette an Methoden für öffentliche Beteiligung an Entscheidungsprozessen, wie z.B. die Einbeziehung von Beratungsausschüssen, Bürgergerichten, Konsenskonferenzen und öffentlichen Anhörungen. Einige dieser Modelle werden bereits in bestimmten Bereichen der Forschungspolitik angewandt, insbesondere in der Technologie-Vorausschau und der Risikobewertung, doch viele finden sich in verwandten forschungsbasierten Bereichen wie z.B. der Umweltpolitik. Der Trend hin zu offeneren und umfassenderen Modellen für modernes Regieren im Bereich der Forschung sei auf die zunehmende Komplexität sozialer und wissenschaftlicher Belange im Zusammenhang mit der Wissenschafts- und Technologiepolitik zurückzuführen, so der Bericht. Hans-Peter Meister, der Direktor des IFOK, erklärte: "Es gibt eine offensichtliche Kluft zwischen Entscheidungsträgern und der Zivilgesellschaft. Partizipatorische Prozesse verbessern nicht nur die Transparenz der Entscheidungsfindung, sondern führen auch zu mehr Wissen und Verständnis und gleichen gegensätzliche Interessen aus." Daher meint Meister, dass die Partizipation der Zivilgesellschaft am modernen Regieren im EFR wesentlich sei für seinen Erfolg sowie dafür, die weiteren Ziele Europas bei Forschungsinvestitionen und der Schaffung der weltweit wettbewerbsfähigsten Wirtschaft bis 2010 zu erreichen. Dieser Ansicht schloss sich auf Forschungskommissar Philippe Busquin bei der Konferenz an. Durch Förderung und Verbreitung erfolgreicher Partizipationsmodelle sowie deren Anwendung in ihren eigenen Entscheidungsprozessen könne die Kommission ein Trendsetter für die Partizipation der Zivilgesellschaft werden, meinte Meister. Das IFOK wird bis August 2003 einen Abschlussbericht vorlegen, der sich stärker auf die Bestimmung nützlicher Praktiken und der notwendigen Bedingungen zur Förderung einer Konsultationskultur bei forschungspolitischen Entscheidungen und im EFR konzentriert.