Biopharmazie-Gruppe: Beschleunigte Bereitstellung von Orphan Drugs braucht politische Kontinuität
Wie die Emerging Biopharmaceutical Enterprises Group (EBE) mitteilt, habe sich der "Designprozess" von so genannten Orphan Drugs (Medikamenten zur Behandlung selten auftretender Krankheiten) in der EU zwar dramatisch verbessert, doch seien weitere Fortschritte notwendig, um solche Arzneimittel schneller aus dem Labor auf den Markt zu bringen. Seltene Krankheiten sind offiziell solche Leiden, an denen weniger als 5 von 10.000 Menschen in der EU erkranken. Da ihr Markt entsprechend klein ist, zögern Pharmaunternehmen, die Medikamente zur Behandlung dieser Krankheiten zu entwickeln. Im Jahr 2000 wurden EU-Verordnungen über Orphan Drugs eingeführt. Seitdem wird mit verschiedenen Anreizen versucht, Pharmaunternehmen dazu zu bewegen, neue, kostengünstige Arzneimittel zur Behandlung seltener Krankheiten zu entwickeln. In ihrer Stellungnahme räumt die EBE ein, dass Anreize wie etwa die Senkung der Arzneimittel-Anmeldegebühren und die Einräumung eines Exklusivrechts von bis zu zehn Jahren für die Vermarktung zugelassener Arzneimittel zwar zu manchen Verbesserungen in diesem Prozess führten, doch sei die Lage nach wie vor schwierig: "Insgesamt wurden 150 Produkte entwickelt, aber erst elf davon zugelassen. Die Produktzulassungsrate ist damit weniger als halb so hoch wie in den Vereinigten Staaten. Zudem stehen den Patienten in manchen EU-Ländern selbst zugelassene Produkte noch nicht zur Verfügung", so die EBE. Angesichts 20 Millionen Menschen in Europa, die an seltenen Krankheiten leiden, erscheint die Lage tatsächlich Besorgnis erregend. Aus Sicht der EBE handelt es sich hierbei um ein ernstes Problem im Gesundheitsbereich. Um es zu lösen, müsste auf allen Stufen des Prozesses politische Kontinuität und Kohärenz herrschen: "Die Entwicklung von "Orphan Drugs" ist kein Zweck an sich, sondern vielmehr der Anfang eines langfristigen Engagements in der Entwicklung und Bereitstellung medizinischer Produkte für an seltenen Leiden erkrankte Patienten. Dies bedeutet, dass während des gesamten Prozesses, vom Design über die Markteinführung des Produkts bis zum Einsatz durch den Patienten, eine kontinuierliche Politik gegeben sein muss", so die EBE. Das Bedürfnis nach Kontinuität in der Politik sei insbesondere in der EU vorhanden, schreibt die EBE: Da die Mitgliedstaaten für das Angebot von Anreizen zuständig sind, seien die Rahmenbedingungen für die Verarbeitung von Orphan Drugs von Land zu Land unterschiedlich. "Die Kommission sollte sich nicht darauf beschränken, Anreize der Einzelstaaten für die Bereitstellung von Orphan Drugs zu beobachten und aufzuzeichnen, sondern auch die Mitgliedstaaten dazu bewegen, Anreize in Bereichen anzubieten, in denen dies bisher nicht der Fall war", fordert die EBE. Der Zugang zu Arzneimitteln zur Behandlung selten auftretender Krankheiten werde zudem durch Einsatzbeschränkungen und Probleme im Bereich der Preisfestlegung und Kostenerstattung behindert, die ebenfalls in die Zuständigkeit der Einzelstaaten fallen. Auch hier stellt die EBE fest, dass die EU eine führende Rolle bei der Harmonisierung der Bestimmungen spielen könnte, und dies vor allem in der Phase vor der Erstattung, damit die Bereitstellung an die Patienten besser gewährleistet wäre. Weitere Angelegenheiten, die nach Angaben der EBE noch ungelöst sind, betreffen die bessere Abstimmung zwischen den einzelnen Ausschüssen der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA), die für die Bewertung des Orphan-Drug-Zulassungsprozesses zuständig sind, also dem Ausschuss für Arzneimittel für seltene Leiden (COMP) und dem Ausschuss für Arzneispezialitäten (CPMP). Weitere Vorschläge der EBE betreffen die Förderung eines kontinuierlichen Dialogs zwischen allen am Prozess beteiligten Akteuren, die Beratung von Unternehmen, die klinische Versuche mit Orphan Drugs entwickeln, im Bereich der Rechtsvorschriften und die Neufassung der Definition des Begriffs "selten".