Bericht gibt Empfehlungen an die Bildungspolitik auf Grundlage von EU-Projektergebnissen
Die Europäische Kommission hat eine Auswahl von Informationen für die Politik über die Ergebnisse von mit EU-Mitteln geförderten Forschungsprojekten auf dem Gebiet der Bildung veröffentlicht. Die Berichte decken ein umfangreiches Spektrum an Bildungsfragen ab und enthalten jeweils Schlussfolgerungen sowie Empfehlungen für Maßnahmen. Die betreffenden Projekte wurden unter dem Vierten und dem Fünften Rahmenprogramm der EU (RP4 und RP5) finanziert. Insgesamt waren an den Projekten über 420 Forscherteams aus ganz Europa und weiteren Ländern beteiligt. Die Themen betreffen zwar ein riesiges Themenspektrum, lassen sich aber grob in fünf Kategorien einteilen: Forschungen im Bereich Hochschulbildung, über den Übergang von der Schule zum Beruf, neue Verwaltungsmodelle für die allgemeine und die berufliche Bildung, die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) beim Lernen sowie Bildung, Ungleichgewichte und soziale Ausgrenzung. In seinem Vorwort zum Bericht geht Achilleas Mitsos, Generaldirektor der GD Forschung der Europäischen Kommission, auf verschiedene erste Schlussfolgerungen ein: "[D]ie soziopolitischen Forderungen und Erwartungen im Bereich Hochschulbildung sind gestiegen", so Mitsos. Zu den Ungleichheiten schreibt er: "Zahlreiche nationale Regierungen sehen in der Bildung zwar eines der wichtigsten Mittel zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung, doch die europäische Forschung zeigt, dass die zugrunde liegenden Faktoren weit vielfältiger und tiefgreifender sind, als Politiker vermuten, und dass dieses Problem kaum allein über einen Bereich der Sozialpolitik angegangen werden kann." Eine der Studien betraf den Anteil der Laborarbeit in der wissenschaftlichen Ausbildung. Das Projekt untersuchte die derzeitige Praxis beim Laborunterricht in sieben EU-Ländern und deckte auf, dass es in der Sekundarstufe II und den ersten beiden Jahren an der Hochschule große Unterschiede gibt. Während er in Dänemark, Frankreich und dem VK zum Lehrplan gehört, wird er in Griechenland erst in der Hochschule angeboten. Darüber hinaus zeigte die Studie auf, dass der im Labor behandelte Stoff oft eingeschränkt und monoton ist. Dem Bericht zufolge sollte die Politik unter anderem folgendes Fazit ziehen: "Der Laborunterricht sollte ein größeres Spektrum an Lernzielen behandeln, als dies zurzeit der Fall ist. Insbesondere verfolgt der Laborunterricht nur selten erkenntnistheoretische Ziele, und bei der Vorbereitung von Laborarbeiten, Unterrichtsreihen oder Aufgabenstellungen verzichten die Lehrkräfte zumeist darauf, diese Ziele zu verdeutlichen. Genauso fallen konzeptuelle Ziele, zu lernende Verfahren sowie das Sammeln und Verarbeiten von Daten beim Aufbau des Laborunterrichts im Allgemeinen unter den Tisch." Eine Studie über die Qualifikation von Männern und Frauen machte deutlich, wie wichtig flexible Arbeitskräfte angesichts der Überalterung der europäischen Bevölkerung sind. Die Forscher, deren Schwerpunkt auf dem VK, Deutschland, Portugal, Griechenland und Finnland lag, waren überrascht darüber, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern so gering waren. "[T]rotz des positiven Handelns der nordischen Wohlfahrtsstaaten ergeben sich keine besonderen Unterschiede gegenüber Südeuropa", heißt es in einer Schlussfolgerung. Andererseits stellte die Studie fest, dass die geschlechtsspezifische Segregation auf dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahrzehnten kaum zurückgegangen ist. Eine wichtige Botschaft an die Politik lautet daher: "In der Berufsbildung und der beruflichen Weiterbildung sollten die größten Anstrengungen eher auf die Förderung der "Autonomie der Geschlechter" gelegt werden, statt zu versuchen, in jedem Beruf einen Gleichstand der Geschlechter herbeizuführen." Ein anderes, mit EU-Mitteln finanziertes Projekt betraf die Ausbildung von Roma-Kindern. Forscher aus Spanien, Frankreich und Italien betrachteten die Lage in ihrem jeweiligen Land und kamen zu dem Schluss, dass die "untersuchten Bildungssysteme ungeeignet sind, um positiv an die Ausbildung von Zigeuner-/Roma-Kindern heranzugehen." Dafür werden verschiedene Gründe angeführt, die jeweils politische, sozioökonomische, ideologische, institutionelle und kulturelle Faktoren betreffen. Zu den Empfehlungen gehören die Förderung von Bildungspolitiken für die Wanderbevölkerung der EU und die Schaffung von Infrastrukturen, damit diese Kinder normale Schulen besuchen können. Weitere Empfehlungen betreffen Fördermaßnahmen wie z. B. Stipendien, die Verpflegung der Schüler und die Verbreitung bewährter Praktiken innerhalb der Lehrerschaft. Zudem sollte darauf geachtet werden, nicht stets die gleichen Lehrer für die Unterrichtung von Roma-Kindern einzusetzen. Eine Studie über die Gesamtauswirkungen von Einzelprojekten auf die Ergebnisse des IKT-gestützten Lernens deutet auf Veränderungen im traditionellen Verhältnis zwischen Lehrkraft und Schüler hin. IKT-basierte Innovationen im Unterricht sollen nach Angaben der Untersuchung außerdem auf den Lernenden konzentrierte Lernansätze verbessern und den Übergang zu eher kooperativen und partizipatorischen Lernformen begünstigen. Zukünftige Forschungen sollten sich daher mit den emotionalen Aspekten des IKT-gestützten Lernens beschäftigen und untersuchen, wie weit die soziale Kompetenz, die Lernfähigkeit, das unabhängige Arbeiten und andere metakognitive Kompetenzen entwickelt werden. Fördermittel für weitere Forschungsmaßnahmen werden unter dem siebten vorrangigen Themenbereich "Bürger und modernes Regieren in einer wissensbasierten Gesellschaft" des Sechsten Rahmenprogramm (RP6) angeboten. "Ich hoffe, dass die in diesem Bereich tätigen Forscher diese Chancen nutzen, um die Untersuchung der Rolle der Bildung in den modernen europäischen Gesellschaften durch eine verstärkte europaweite Zusammenarbeit und die Berücksichtigung der Perspektive der einzelnen Fächer zu vertiefen", so Dr. Mitsos.