Biointeraktive Hydrogelmaterialien: schlauer als jemals zuvor
Dem zwangsläufigen Wachstum in der biomedizinischen Materialindustrie folgend, hat das von der EU finanzierte Projekt NEOGEL (Multi-disciplinary training environment for next generation hydrogel-based smart bio-interactive materials) vier Nachwuchsforscherinnen und -forscher (Early Stage researchers, ESRs) in der Entwicklung von intelligenten resorbierbaren Hydrogelen als Plattformmaterialien für Tissue Engineering weitergebildet. Schwerpunkt war die interdisziplinäre Fortbildung in Form von Kooperationen zwischen Hochschulen und Industrie. Einzelne Projekte arbeiteten an neuartigen Hydrogelen auf Grundlage von Polypeptiden. Bei der Analyse von industriellen Hydrogelen mittels Kernspinresonanz (Nuclear Magnetic Resonance, NMR) ermittelte man Netzwerkstrukturen sowie neuartige Nanopartikel, die für eine Einbindung in Hydrogele geeignet sind. NMR-gestützte Untersuchungen von Struktureigenschaften gewährten neue Einblicke, auf welche Weise die mikroskopische Ordnung bzw. Dynamik bei industriell relevanten Hydrogelen die zu Tage tretenden Struktur- und Freisetzungseigenschaften erzeugt. Die NMR-Ergebnisse wurden mit den Materialeigenschaften korreliert, um die Entwicklung der Gele der nächsten Generation in die gewünschten Bahnen zu lenken. Grundlage eines weiteren NEOGEL-Forschungsprojekts war, magnetische Nanopartikel einzubringen, um Gele zu erzielen, die durch ein externes Magnetfeld ausgelöste Wirksubstanzen freisetzen. Hier arbeitete man an der Entwicklung von geeigneten magnetischen Partikeln sowie an der Modifikation von deren Oberflächenchemie, damit sie mit dem Hydrogel reagieren. Zu den Nachteilen der Polypeptidgele der ersten Generation gehört eine geringe Reaktionsfähigkeit. Die NEOGEL-Forscher ersetzten die Tyrosinvernetzung durch Tryptophan, was in mechanisch stabileren und biokompatiblen Hydrogelen resultierte. Eine nennenswerte Anwendung war die Konzipierung von Hybridgelen für doppelte Freisetzungsmittel von Wirkstoffen mit einem hydrophoben Kern und einer hydrophilen Hülle auf Polylysinbasis. Für eine neue Route der umweltfreundlichen Synthese von Polypeptid-Hydrogel-Ausgangsstoffen mit einem hohen Grad an Strukturkontrolle nutzte man UV-Anregung. Weitere Forschungsarbeiten ließen erkennen, dass diese Ausgangsstoffe zur Oberflächendekoration von flächigen Materialien und Feststoffen zum Bau von Biosensoroberflächen verwendet werden können. Alle Nachwuchsforscherinnen und -forscher von NEOGEL konnten sich eine langfristige Unterbringung in der Industrie sichern und treiben nicht nur ihre eigenen Forschungsziele voran, sondern tragen auch zur Verbreitung der Projektresultate bei. Große Reichweite erlangte man überdies durch Konferenzen und Veröffentlichungen in renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften.