Präsident der Fraunhofer Gesellschaft stellt vorläufige Schlussfolgerungen aus der Halbzeit-Überprüfung der RP6-Instrumente vor
Am Vorabend der Präsentation des ersten Berichtsentwurfs zur Überprüfung der neuen Instrumente unter dem Sechsten Forschungsrahmenprogramm (RP6) stellte Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer Gesellschaft und Mitglied des mit der Überprüfung beauftragten hochrangigen Ausschusses, einige der vorläufigen Erkenntnisse vor. Auch wenn die hohe Zahl eingegangener Vorschläge ebenso wie die Akzeptanz der neuen Instrumente und ihrer integrierenden Ziele zu begrüßen sei, wies Professor Bullinger gleichzeitig auf Probleme wie Klarheit, Projektmanagement und Transparenz hin, die einer weiteren Analyse bedürfen. "Die Anzahl der eingegangenen Vorschläge demonstriert die Attraktivität des Programms, insbesondere von IST [Technologien der Informationsgesellschaft]", erklärte Professor Bullinger. In Bezug auf diejenigen Vorschläge, für die keine Finanzierung zugesagt werden konnte, fügte er hinzu: "Haben wir nicht präzise genug gesagt, was wir wollten? In einigen Bereichen besteht sicher erhöhter Klärungsbedarf." Richard Escritt, Direktor der GD Forschung der Kommission, der ebenfalls an der Präsentation teilnahm, erklärte bezugnehmend auf diese Anmerkung, dass "die Differenz zwischen der Zahl der eingegangenen und akzeptierten Vorschläge nicht so dramatisch ist, wie es zunächst den Anschein hat." Die Erfolgsquote für Angebote, die alle Kriterien erfüllten, habe zwischen rund 30% und 50% gelegen. Escritt reagierte auch auf einen anderen von Professor Bullinger geäußerten Kritikpunkt hinsichtlich des für das Projektmanagement verfügbaren Budgets, welches sich auf sieben Prozent des Gesamtbudgets eines Projekts belaufe. Professor Bullinger gab an, dass dieser Betrag nicht ausreiche, um ein großes Konsortium zu managen. Escritt entgegnete, dass sieben Prozent nicht die absolute Obergrenze darstelle, da sich dieser Wert nur auf die Managementkosten für Projektkonsortien beziehe. Andere Managementkosten seien hingegen über andere Aktivitäten abgedeckt. Professor Bullinger wies außerdem auf die Schwierigkeiten hin, mit denen einige Universitäten beim Projektmanagement konfrontiert seien, da keine ausreichenden Management-Kapazitäten zur Verfügung stehen. "Verständnisprobleme gibt es in erster Linie im Hinblick auf die Exzellenznetzwerke", so Professor Bullinger weiter. Es bleibe unklar, ob derartige Netzwerke unter Berücksichtigung politischer Kriterien aufzubauen seien und damit eine Abdeckung ganz Europas sicherzustellen sei, oder ob nur diejenigen Organisationen in ein Netzwerk eingebunden werden sollen, die wahre Erstklassigkeit unter Beweis stellen, erklärte er weiter. "Die Erstklassigkeit der Exzellenznetzwerke wird durch den Kohäsionsgedanken behindert. Wenn ein Exzellenznetzwerk ein solches im wahrsten Sinne des Wortes ist, sollte es auch auf Exzellenz, d.h. Erstklassigkeit, beruhen", fügte er hinzu. Professor Bullinger begrüßte die neuen Instrumente als Hilfsmittel zur wirksamen Förderung von Integration und Zusammenarbeit, warf jedoch gleichzeitig die Frage auf, ob derart große Konsortien tatsächlich dem Ziel einer erhöhten Flexibilität und weniger Bürokratie zuträglich seien. Er ergänzte, dass bei derart vielen Projektpartnern der Anteil an EU-Fördermitteln, der an die einzelnen Partner gehe, oft verschwindend gering sei. Für die verbleibende Laufzeit des RP6 schlug Professor Bullinger vor, die Kommission solle spezifischere Informationen dazu bereitstellen, welche Angaben in Projektvorschlägen erforderlich sind, und neben den neuen Instrumenten auch die traditionellen Finanzierungsinstrumente weiter anbieten, da "Exzellenznetzwerke und Integrierte Projekte nicht für alle vorrangigen Bereiche geeignet sind". Aus finanzieller Sicht schlug er vor, dass mehr Geld für das Projektmanagement zur Verfügung stehen und die Kürzung des beantragten Budgets bei der Projektauswahl weniger dramatisch ausfallen solle. Im Ausblick auf das Siebte Forschungsrahmenprogramm (RP7) forderte Professor Bullinger die Kommission auf, die Rahmenprogramme auch in Zukunft als Schlüsselinstrumente der europäischen Forschungsförderung zu sehen, bat jedoch gleichzeitig um höhere Fördermittel für zentrale Forschungsbereiche. Er betonte darüber hinaus die Notwendigkeit, die Kontinuität und Vielfalt der Finanzierungsinstrumente sicherzustellen. Professor Bullinger äußerste sich skeptisch zu Forderungen nach einer neuen Förderinitiative für die Grundlagenforschung und forderte die Kommission auf, keinen Unterschied zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung zu machen. "Es gibt keinen Unterschied, es ist lediglich eine Frage der Zeit", argumentierte er. "Es gibt Forschungsaktivitäten, die erst in 20 Jahren Ergebnisse liefern werden, ebenso wie Aktivitäten, bei denen bereits in fünf Jahren Ergebnisse auf dem Tisch liegen werden. Bei anderen Forschungsaktivitäten hingegen kann heute niemand sagen, wann mit Ergebnissen zu rechnen ist. Dass es sie geben wird, ist jedoch unstrittig." Ralph Linkohr, deutsches MdEP und Verfasser eines Berichts, in dem eine Aufstockung des Forschungsbudgets auf 30 Milliarden Euro unter dem RP7 gefordert wird, begrüßte die Präsentation von Professor Bullinger und forderte die Kommission auf, eine neue Haltung in Sachen Forschungsfinanzierung anzunehmen. Unter Bezugnahme auf die Ziele von Lissabon und Barcelona, Europa zur wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaft weltweit zu machen und die Forschungsfinanzierung auf drei Prozent des BIP zu erhöhen, erklärte Linkohr: "Die Kommission wird immer ein Problem haben, solange sie ihre Buchhalter-Mentalität nicht ablegt." Er forderte eine Abkehr von der budgetorientierten hin zu einer ergebnisorientierten Forschung. Der zweite Berichtsentwurf über die Halbzeit-Überprüfung der neuen Instrumente soll im Mai vorliegen. Die Präsentation der abschließenden Schlussfolgerungen ist für Juni vorgesehen.