Spanien will Wissenschaftspolitik reformieren
Im Anschluss an eine vor den Wahlen abgegebene öffentliche Erklärung anerkannter spanischer Wissenschaftler, in der die politischen Parteien aufgefordert wurden, einen "Staatsvertrag" über die Wissenschaft abzuschließen, kündigte die am 14. März neu gewählte sozialistische Regierung an, dass sie spezifische Maßnahmen ergreifen werde, um die Wissenschaftspolitik Spaniens zu reformieren. Die Maßnahmen umfassen eine Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E), die Gründung neuer ministerieller und Fördereinrichtungen, Schritte zur Verbesserung der Mobilität von Forschern sowie ihres Status und neue Gesetze in Bezug auf die unterstützte Reproduktion und das therapeutische Klonen. In den vergangenen 25 Jahren habe Spanien beträchtliche wirtschaftliche Fortschritte gemacht, jedoch ohne dass ein entsprechender Anteil in die Forschung investiert wurde, geht aus der Petition der Wissenschaftler hervor. Die neue Regierung ist bereit, dieses Problem anzugehen, indem sie versucht, die derzeit unterfinanzierte Forschung und Entwicklung des Landes an die wirtschaftliche Stellung Spaniens anzugleichen. Laut Jaime Diez Lissavetzky, Sprecher des parlamentarischen Wissenschaftsausschusses der Sozialisten, wird der erste Schritt darin bestehen, ein neues Ministerium für Wissenschaft und Bildung einzurichten, in dem die derzeit getrennten Ministerien Wissenschaft und Technologie sowie Bildung und Kultur verschmelzen. Man hofft, dass dies die Mobilität der Forscher zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen unter dem spanischen Forschungsrat verbessern wird. Ferner erklärte Lissavetzky, dass dieser Schritt die Schaffung "gemischter" Zentren ermöglichen wird, die beide Arten von Einrichtungen vereinen. Der zweite Schritt besteht in einer Erhöhung des Forschungsbudgets um 25 Prozent pro Jahr bis 2008, so dass sich die Investitionen in F&E verdoppeln werden. Diese kontinuierliche jährliche Erhöhung bedeutet, dass das F&E-Budget von heute 0,96 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anwachsen wird. Von besonderer Bedeutung ist laut Aussage von Lissavetzky die Tatsache, dass sämtliche F&E-Ausgaben für militärische Zwecke aus dem Budget ausgeschlossen werden. Die vorherige Regierung war von Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit heftig kritisiert worden, weil sie Militärausgaben von manchmal bis zu 40 Prozent über das Forschungsbudget finanziert hatte. Als weiterer Versuch, die Transparenz zu erhöhen, wird der Nationalplan für Forschung und Entwicklung im Parlament diskutiert. Die vorherige Regierung hatte den ersten Nationalplan (1998-2003) aufgestellt, ohne das Parlament diesbezüglich zu konsultieren. Und viertens, erklärte Lissavetzky, erhalten zum ersten Mal in Spanien Studenten nach dem ersten akademischen Grad im dritten und vierten Studienjahr Verträge, die möglicherweise zu einer Festanstellung führen. Die Regierung wird mit der Forschungsförderungsagentur eine neue Einrichtung ins Leben rufen, die von Wissenschaftlern geleitet wird und mit jedwedem zukünftigen europäischen Forschungsrat verbunden ist. Schließlich wird die neue Regierung das kürzlich verabschiedete Gesetz über die unterstützte Reproduktion überprüfen und flexibler sowie weniger restriktiv gestalten. Beispielsweise, erklärte Lissavetzky, kann das therapeutische Klonen eine "offene Angelegenheit" sein, um die Konflikte zu vermeiden, zu denen es zwischen den regionalen und nationalen Regierungen kam. "Der Sieg der Sozialisten gibt der Wissenschaft neue Hoffnung", erklärte Joan Guinovart, Unterzeichner des Staatsvertrags über die Wissenschaft und erster Vorsitzender des Verbands spanischer Wissenschaftsgesellschaften, einer neuen Einrichtung mit 20.000 Mitgliedern. Der Stammzellenforscher Jordi Petriz begrüßte ebenfalls die geplanten Reformen, gab jedoch auch der Sorge Ausdruck, dass die Einrichtung eines einzigen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft zu mehr Bürokratie führen könne. Margarita Salas, Mitglied der Königlichen Wissenschaftsakademie, erklärte, dass ein weiteres wichtiges Problem, das baldmöglichst gelöst werden müsse, die Unzulänglichkeit der wissenschaftlichen Ausbildung in den Schulen sei. "Derzeit können Studenten ein Studium beginnen, obgleich sie noch nie etwas über wissenschaftliche Themen gelernt haben", sagte sie.
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