Skip to main content
Weiter zur Homepage der Europäischen Kommission (öffnet in neuem Fenster)
Deutsch Deutsch
CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Inhalt archiviert am 2023-01-20

Article available in the following languages:

Pionier der europäischen Forschungszusammenarbeit im Gespräch mit CORDIS News

"Es war, als würde ich in eine Kristallkugel schauen, die Zukunft vorhersehen und uns auf diese vorbereiten. Ich sah Europa auf uns zukommen", erklärte Paul Kiekens, Leiter der Fakultät für Textilwissenschaften der belgischen Universität Gent, in Bezug auf das Forschungsnetzwe...

"Es war, als würde ich in eine Kristallkugel schauen, die Zukunft vorhersehen und uns auf diese vorbereiten. Ich sah Europa auf uns zukommen", erklärte Paul Kiekens, Leiter der Fakultät für Textilwissenschaften der belgischen Universität Gent, in Bezug auf das Forschungsnetzwerk, das er im Laufe der vergangenen zehn Jahre aufgebaut hat. Der Jahresbericht der Fakultät unter der Leitung von Dr. Kiekens ist ein Katalog internationaler Forschungsprojekte. Er umfasst Projekte, die über die EU-Forschungsrahmenprogramme, andere EU-Programme, das NATO-Programm "Science for Peace" und die Regierung von Flandern finanziert werden. Dr. Kiekens ist der Initiator dieser Forschungszusammenarbeit und konnte sich kürzlich über Glückwünsche seines Landsmanns Philippe Busquin, EU-Forschungskommissar, freuen. "Ich habe ein Netzwerk eingerichtet, bevor die Kommission überhaupt an so etwas gedacht hat", erläuterte er gegenüber CORDIS News. Dr. Kiekens bezog sich auf AUTEX, den Zusammenschluss von Universitäten mit Lehrstühlen im Textilbereich (Association of Universities for Textiles), der wahrscheinlich das Highlight der von ihm in die Wege geleiteten gemeinschaftlichen Forschung darstellt. Das Netzwerk feierte kürzlich seinen zehnten Jahrestag und hat nach Aussage von Dr. Kiekens "Außerordentliches geleistet". AUTEX verfügt inzwischen über mehr als 30 Mitglieder, wobei das zentrale Kriterium für eine Mitgliedschaft nach wie vor Qualität ist. Die Teilnehmer organisieren den Austausch von Studenten, vereinbaren Studienpläne und erarbeiten Lösungen für gemeinsame Probleme. "Wir verstehen uns auch als Club, in dem neue Ideen für die Forschung im Bereich der Textilwissenschaften entwickelt werden", so Dr. Kiekens. Seit Gründung des Netzwerks hat sich einiges verändert. 1994 verfügten nur sehr wenige Menschen über E-Mail und die Kontakte beschränkten sich auf ein oder zwei persönliche Treffen pro Jahr, was nach Aussage von Dr. Kiekens "nicht ausreichte, um wirklich etwas auf die Beine zu stellen". Über das Internet sind nun regelmäßige Kontakte möglich. Auf die Frage, warum er bereits Anfang der 90er Jahre diese visionäre Idee verfolgt habe, erklärte Dr. Kiekens, dass er damals erkannt habe, dass seine Fakultät relativ klein sei und man sich zum Wohle der Studenten und der Zukunft der Abteilung auf "eine andere Ebene" begeben müsse. "Mir ist um 1990 aufgefallen, dass uns viele Dinge fehlten", fügte er hinzu. Zunächst konzentrierte sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf Europa, was zu einer Vernachlässigung der Kontakte zu US-amerikanischen Einrichtungen geführt hat. Dr. Kiekens ist nun um eine Wiederherstellung dieser Verbindungen bemüht und erklärte, dass in den USA definitiv Interesse an den Aktivitäten seiner Fakultät bestehe. Derzeit ist die Fakultät von Dr. Kiekens mit vielfältigen Projekten befasst, die von moderner Textiltechnologie und Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) über Testlaboratorien in Mittel- und Osteuropa bis hin zu Web- und Färbetechnologien sowie Speicherung und Abruf von Daten zu Textilmustern und Biomaterialien reichen. Dr. Kiekens verwies insbesondere auf das Projekt CHITOMED (biomedizinische Textilien aus Dibutyrylchitin und Chitin), das seiner Meinung nach besonders interessant ist. Im Rahmen dieses Projekts arbeiten zehn Partner aus Universitäten und der Industrie an der Entwicklung von Bekleidung, die die Wundheilung beschleunigt. Das Projektkonsortium unter der Leitung eines Kollegen von Dr. Kiekens an der Universität Gent habe aus Garnelen- und Krebsschalen ein Material entwickelt, das sowohl Infektionen vorbeuge (eine große Gefahr für Brandopfer oder Patienten mit großflächigen Wunden) als auch entzündungshemmend wirke, erläuterte er. Da es sich um ein organisches, also nicht toxisches, Material handelt, sind die Testverfahren relativ einfach und werden derzeit in Belgien und Polen durchgeführt. "Wir kommen sehr schnell voran", so Dr. Kiekens auf die Frage nach der voraussichtlichen Markteinführung dieser neuartigen Textilien. "Sie sollten in zwei bis drei Jahren am Markt erhältlich sein." Da sich die Textilien hauptsächlich aus Fischereiabfällen zusammensetzen, ist das Konsortium zuversichtlich, dass die Produktion zu einem günstigen Preis erfolgen kann. Nach einer derart langen Zeit als Akteur in der europäischen Forschung hat Dr. Kiekens einiges über die Veränderungen der Forschungsrahmenprogramme der Kommission zu berichten. Er gibt an, dass es heute viel schwieriger sei, Finanzmittel zu erhalten, dass die Verfahren komplizierter geworden seien und dass sich der Schwerpunkt zu sehr in Richtung kurzfristig angelegter oder angewandter Forschung verschoben habe. "Vor zehn Jahren war das einfacher. Das soll aber keine Kritik sein, es spiegelt nur meine persönliche Erfahrung wider", erläutert Dr. Kiekens. Seiner Ansicht nach hat die zunehmende Bürokratie zu vermehrter Unsicherheit und längeren Zeitspannen zwischen der Einreichung eines Vorschlags und dem Projektstart geführt. Er räumt jedoch ein, dass viele dieser Veränderungen unvermeidbar waren, weil sich heute viel mehr Akteure für eine Teilnahme an den Rahmenprogrammen interessieren. "Eine Lösung habe ich auch nicht parat", gab er zu.