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Communication Development in Infants: the Case of the Hadza Hunter-Gatherers of Tanzania

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Kulturelle Einflüsse auf die kommunikative Entwicklung von Säuglingen

Eine EU-finanzierte Forschungsarbeit untersuchte die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten bei Kindern von Jägern und Sammlern – ein Bereich, der in der wissenschaftlichen Forschung noch unterrepräsentiert ist.

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Die Volksgruppe der Hadza in Tansania ist vor allem deshalb für die Wissenschaft interessant, weil sie noch weitgehend in den gleichen Traditionen lebt wie ihre Vorfahren. Das Projekt „Hadza Communication“ untersuchte in einem interdisziplinären Ansatz die verbale und nonverbale Interaktion zwischen Säuglingen und ihrem sozialen Umfeld. Innovativer Ansatz in der modernen Anthropologie „Mit dem MIRC (multi-modal interaction recorder for children) haben wir ein miniaturisiertes Datenerfassungsgerät entwickelt, das physiologische Daten (Herzfrequenz), Stimmen und die räumliche Distanz zu wichtigen Bezugspersonen des Säuglings dokumentiert”, erklärt Projektforscherin Dr. Monika Abels. Das Gerät wurde den Säuglingen eine bestimmte Zeit lang angelegt, ohne diese dabei in jeglicher Weise zu beeinträchtigen. „Dies ist unserem Wissen nach das erste Gerät, das solche Daten kombinieren kann”, sagt Dr. Abels. Der innovative Aspekt dabei ist, dass keine Verzerrung durch den Beobachter oder Ermüdung zu befürchten ist. Die automatisierte Methode der Entfernungsmessung ist eine interessante Alternative zur bisherigen Art und Weise, wie Anthropologen in der Regel die räumliche Distanz zu Bezugspersonen ermitteln. Historische Gemeinsamkeiten bei der Entwicklung von Kommunikation Der Studie zufolge haben Hadza-Säuglinge ähnliche Interaktionsmuster wie Säuglinge anderer Kulturen, was bereits umfänglich wissenschaftlich dokumentiert ist. Als Beispiel führt Dr. Abels an: „Die häufigsten Gesten bei Säuglingen sind, etwas zu zeigen bzw. darzubieten, mit den Fingern auf etwas zu zeigen, etwas zu fordern oder der Wunsch, hochgehoben zu werden. Dieses wichtige Ergebnis „stützt offensichtlich die These, dass Gesten wie diese zum universellen menschlichen Gestenrepertoire gehören.“ Interessant war auch, dass die momentane Gemütslage eines Säuglings seine Interaktionsmuster beeinflusst. So „machen Säuglinge zum Beispiel häufiger fordernde Gesten oder möchten hochgenommen werden, wenn sie unruhig statt zufrieden und entspannt sind, weil dies fürsorgliches Verhalten und Nähe der Bezugsperson fördert.” Dr. Abels stellt weiter fest, dass die Sprechweise, in der mit einem Säugling geredet wird, je nach Lebenssituation in seinem Zuhause variiert. So wurden deutliche Unterschiede zwischen Säuglingen festgestellt, die in sehr abgeschiedenen Gruppen leben und jenen, deren Gruppe auf Wanderung ist oder vom Tourismus lebt. Im letzteren Fall wird mit Säuglingen eher im Imperativ als im Vokativ gesprochen. „Mittels Imperativ werden Kinder enger in die Aktivitäten ihrer Interaktionspartner eingebunden, er kann jedoch auch ein Hinweis auf hierarchische Strukturen sein, die in traditionellen, gleichberechtigt lebenden Jäger-Sammler-Gemeinschaften eher unüblich sind.” Das wichtigste Ergebnis des Projekts ist, dass sich die Gemeinschaft der Hadza verändert, da sie zunehmend ihre Lebensgrundlage verliert – ein bei Jägern und Sammlern immer häufigeres Phänomen. Dies wirkt sich in hohem Maße auch auf kindliche Erfahrungs-, Entwicklungs- und Kommunikationsmuster aus. Kommunikation der wichtigsten Erkenntnisse über ... Kommunikation Das MIRC wurde auf dem Jahrestreffen des SRCD 2017 in Austin, Texas, vorgestellt. Die bisherigen Ergebnisse wurden auch auf dem 14. International Congress for the Study of Child Language (Internationaler Kongress zur Analyse kindlicher Sprache) in Lyon, Frankreich, und dem Workshop „Many Paths to Language (MPaL)“ (Viele Wege zur Sprache) in Nijmegen, Niederlande, präsentiert. Zudem ist eine Präsentation für die im April 2018 stattfindende Evolang-Konferenz XII in Torun, Polen, geplant. Weitere Verbreitungsaktivitäten waren, die Projektarbeit der Hadza-Gemeinschaft vorzustellen, die Kooperation mit einer die Hadza betreuenden Krankenschwester und die Zusammenarbeit mit dem tansanischen Nationalinstitut für medizinische Forschung, das politischen Entscheidungsträgern in Tansania wissenschaftliche Forschungsergebnisse zur Verfügung stellt. In Europa wurde Interessenten die Arbeit von „Hadza Communication“ in einer Hebammenpraxis vorgestellt, und künftig sind ähnliche Aktivitäten geplant. Obwohl das Projekt offiziell abgeschlossen ist, umreißt Dr. Abels, wie mit dem MIRC künftig auch Daten aus anderen kulturellen Gemeinschaften erfasst werden könnten, um die verschiedenen Muster zu vergleichen. „Anhand von Archivmaterial mehrerer Gemeinschaften aus einigen Jahrzehnten lässt sich vielleicht die Frage beantworten, ob der bei den Hadza-Säuglingen beobachtete Zusammenhang zwischen Lebens- und Sprechweise auch auf andere Gemeinschaften zutrifft, die sich gerade im Wandel befinden”, wie Dr. Abels abschließend erklärt.

Schlüsselbegriffe

Hadza Communication, Säuglinge, Hadza, Jäger und Sammler, Sprechweise, Kultur, Entwicklung von Kommunikation, Gesellschaft

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