Barry Mc Sweeney im Gespräch mit CORDIS News über seine neue Aufgabe als oberster wissenschaftlicher Berater Irlands
An seinem letzten Tag als Generaldirektor der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission sprach Barry Mc Sweeney in seinem Brüsseler Büro mit CORDIS News über die vor ihm liegende Aufgabe als erster oberster wissenschaftlicher Berater der irischen Regierung. Dr. Mc Sweeney ist seit 2001 für die GFS zuständig. Im letzten Interview mit CORDIS News im Februar diesen Jahres hatte er erklärt, dass er bereit sei, eine neue Aufgabe zu übernehmen, da er das Gefühl habe, seine Rolle als "Reparierer und Entwickler" sei nun abgeschlossen. Der Posten des obersten wissenschaftlichen Beraters wurde neu geschaffen und von Irlands Vize-Premierministerin Mary Harney im Juni bekannt gegeben. Dr. Mc Sweeney wird "unabhängigen Expertenrat zu allen Aspekten von Wissenschaft, Technologie und Innovation geben, je nach Bedarf der Regierung", erklärte Harney. Dr. Mc Sweeney betonte die wesentliche Bedeutung der Unabhängigkeit seiner Position. Er werde keinem speziellen Ministerium angehören, sondern stattdessen in einer "wichtigen Aufsichtsfunktion" agieren. Neben der Beratung zu bestimmten wissenschaftlichen Aspekten wird Dr. Mc Sweeney auch für die Beratung der irischen Regierung im Hinblick auf "Größenordnung und Bilanz" der Forschungsinvestitionen verantwortlich sein. Vielleicht etwas streitlustig erklärt Dr. Mc Sweeney, er sei "nicht sicher, dass der Prozentsatz des BIP der Wert ist, mit dem man arbeiten sollte", da "wir eine Regierung nicht anhand ihrer Aktivitäten sondern anhand der Folgen ihrer Maßnahmen beurteilen sollten". Dr. Mc Sweeney bezog sich in dieser Aussage auf das von den EU-Staats- und Regierungschefs im Jahr 2002 in Barcelona vereinbarte Ziel, die Forschungsausgaben bis 2010 auf drei Prozent des BIP zu erhöhen. Wichtiger als das für die Wissenschaft ausgegebene Geldvolumen sei jedoch die Anzahl der nach Irland gelockten internationalen Forschergruppen, die Anzahl der gewonnenen Nobelpreise sowie die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze im Forschungsbereich, erklärte Dr. Mc Sweeney. Dr. Mc Sweeney ist der Ansicht, dass er in seiner Zeit bei der GFS viel gelernt hat, das der Wissenschaft in Irland zugute kommen wird. Er beabsichtigt, die Wissenschaft zu nutzen, um das Unternehmensumfeld zu optimieren - "jedoch auf sozialverträgliche Art. Durch die EU habe ich gelernt, wie wichtig die Beteiligung der Akteure ist." Die sehr frühe Einbeziehung gesellschaftlicher Gruppen stellt für Dr. Mc Sweeney eine Priorität dar. Er geht davon aus, dass diese immer wichtiger werden wird, da der Trend zur Zusammenlegung von Technologien zunimmt, insbesondere im Hinblick auf Nanotechnologie und Biowissenschaften. Weitere Prioritäten umfassen das "Rebranding von Irland", Veränderungen der wissenschaftlichen Lehre an Schulen und Universitäten sowie einen verbesserten Zugang zu Breitbandtechnologien. "Wir müssen Irland als Forschungsstandort ein neues Image geben. Wir sind auf dem Weg, zu einer wissensbasierten Volkswirtschaft zu werden", erklärte Dr. Mc Sweeney. In der Zwischenzeit sei in der wissenschaftlichen Ausbildung "mehr Begeisterung" auf Schulebene und eine größere Auswahl auf Universitätsebene erforderlich, so dass internationale Studenten in das Land gelockt werden können. Eine der schwierigsten Fragen, mit denen sich Dr. Mc Sweeney zweifellos beschäftigen müssen wird, ist die Stammzellenforschung. Obgleich sich in den meisten EU-Mitgliedstaaten teilweise großer Widerstand gegen eine solche Forschung regt, beteiligte sich die irische Regierung aufgrund einer starken öffentlichen Meinung und einem nationalen Verbot des Verfahrens nur zögerlich an der Diskussion. "Es gibt Bereiche der Stammzellenforschung, in denen ethische Fragen ein Problem darstellen", erklärte Dr. Mc Sweeney. "Es wäre jedoch unmoralisch, diese Forschungsarbeit hinauszuzögern, wenn bekannt ist, dass Fortschritte möglich sind." Er führte das Beispiel der Toxikologie an - die Embryo-Toxizität wird derzeit durch Experimente an zwei Tierarten getestet. "Wir haben jedoch Stammzellenlinien - anstelle von Tierversuchen sollten wir diese nutzen." Das Problem sei ein Wissensdefizit in der Gesellschaft, erklärte Dr. Mc Sweeney, etwas, wofür die Wissenschaftler selbst verantwortlich seien: "Die Gesellschaft versteht nicht viel von den Grenzen der Wissenschaft. Und wir als Wissenschaftler haben keine gute Arbeit geleistet bei der Erklärung, worum es in der Wissenschaft überhaupt geht. [...] Wenn wir eine wissensbasierte Volkswirtschaft anstreben, können wir es uns nicht leisten, sich schnell entwickelnde Tests zu verlangsamen, nur weil wir bei der Entwicklung einer gesellschaftlichen Akzeptanz zu langsam waren", warnte er. Auf die Frage, wie viel Einfluss er in seiner neuen Position ausüben können wird, äußerte sich Dr. Mc Sweeney sehr optimistisch. "Es wird allein von mir abhängen", erklärte er zunächst, fügt jedoch hinzu, dass die Leiter verschiedener irischer Ministerien bereits Kontakt aufgenommen und herausgestellt haben, dass sie in ihrem Tätigkeitsbereich Bedarf an seiner Arbeit sehen. Dr. Mc Sweeney beabsichtigt außerdem, seinen Einfluss durch Sichtbarkeit sicherzustellen. Er erklärte, dass er sich "schnell etablieren sollte" und wir auf den Kommentarseiten der Print-Medien viel von ihm hören werden. Forscher auf der ganzen Welt haben möglicherweise noch nichts von Barry Mc Sweeney und den Forschungsmöglichkeiten in seinem Heimatland Irland gehört, doch dies könnte sich nun ändern.
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