EVP nimmt die Agenda von Lissabon unter die Lupe
Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament hat Vorschläge veröffentlicht, die ein Überdenken der Agenda von Lissabon angesichts der begrenzten Auswirkungen der Wettbewerbsfähigkeitsstrategie der EU auf das Wachstum während der ersten vier Jahre fordern. Die Mitglieder der Fraktion der Christdemokraten und Europäischen Demokraten weisen darauf hin, dass die Wirtschaftsaussichten zum Zeitpunkt der Festlegung der Strategie von Lissabon im Jahr 2000 auf eine starke Wachstumsperiode hindeuteten. Demzufolge hat sich die Strategie vor allem auch angesichts der hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Wachstumsraten der letzten Jahre ihrer Ansicht nach nicht ausreichend mit der Schaffung von Wachstum befasst. In den Vorschlägen heißt es: "Heute, vier Jahre später, scheinen die Ziele von Lissabon schier unerreichbar. Obwohl sich Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit in einigen Mitgliedstaaten wesentlich verbessert haben, fehlt es Europa [insgesamt] an Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Dynamik." Bezüglich der Gründe für die schwache Leistung der Strategie von Lissabon bis zum heutigen Tag weist die EVP auf eine Reihe wahrgenommener Versäumnisse hin. Ihrer Ansicht nach versäumen es die EU und ihre Mitgliedstaaten, die Menschen zum Unternehmertum oder zur Schaffung eines unternehmerischen Umfelds in Europa zu ermutigen. Darüber hinaus, so die EVP, werden Forschung und Innovation zwar zurecht als Schlüsselelemente für die Wettbewerbsfähigkeit Europas gesehen, aber Europa versteht noch nicht völlig, dass die Finanzierung von Forschung und Entwicklung (F&E) lediglich Erfindungen und nicht Innovation begünstigt, die der eigentliche Motor des Wachstums ist. Zu den anderen Versäumnissen, die in den Vorschlägen angesprochen werden, gehört die Unfähigkeit der EU, den Binnenmarkt in Bereichen wie dem Gemeinschaftspatent und der gegenseitigen Anerkennung beruflicher Qualifikationen zu reformieren. Die Mitgliedstaaten werden ferner für das Versäumnis kritisiert, die Finanzierung und Kommerzialisierung der Forschung zu unterstützen, sowie dafür, dass sie Bildung und Berufsausbildung nicht gemäß dem europäischen Ziel der Schaffung einer wissensbasierten Wirtschaft reformieren. Nach dem Aufzeigen der Grenzen der Agenda von Lissabon in ihrer derzeitigen Form schlägt die EVP eine Reihe von über 20 Reformen vor, mit denen dem Prozess ein 'neuer Start ermöglicht werden soll. Ganz oben auf der Liste steht die Forderung nach einem erneuten Bestätigen und Ausbalancieren der Gesamtstrategie mit klarem Schwerpunkt auf den wichtigsten Elementen wie Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Sozialpartnerschaft. Die Partei meint: "Die vielschichtigen ehrgeizigen Absichten der Strategie von Lissabon müssen verringert werden und sich auf die Hauptziele konzentrieren." Sie fordert die Regierungen und EU-Institutionen dringend auf, jährliche Arbeitspläne auszuarbeiten. Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Liste der Reformen ist der Appell, der Strategie von Lissabon einen neuen Namen zu geben. Die EVP schlägt vor, die überarbeitete Strategie als "Agenda für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung" zu bezeichnen, bevor sie hinzufügt, dass "diese Änderung nicht nur kosmetischer Natur sein darf, sondern auch die notwendige Durchsetzung der Strategien und politischen Instrumente umfassen sollte". Die EVP sieht die Notwendigkeit, das Engagement von mehr Mitgliedstaaten für die Ziele der Agenda zu sichern, und fordert Rat und Kommission auf, die Ziele bestimmter EU-Länder zu untersuchen, um deren Verantwortungen im Rahmen der Strategie von Lissabon besser zu betonen. Zu weiteren Vorschlägen gehören der Abbau der Bürokratie und die Reform der Körperschaftssteuer, damit kleine Unternehmen besser Arbeitsplätze schaffen können, die Einigung über das Gemeinschaftspatent und die gegenseitige Anerkennung von beruflichen Qualifikationen sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für öffentliche und private Ausgaben für F&E. Auf Institutionsebene schließlich fordert die EVP die Regierungen der EU auf, starke einzelstaatliche Minister dauerhaft am Rat für Wettbewerbsfähigkeit zu beteiligen, und sie drängt das Europäische Parlament zur Bildung eines nichtständigen parlamentarischen Ausschusses für die Agenda von Lissabon, um deren Bedeutung für die EU zu unterstreichen.