Kommission erklärt, warum Europa Forschung braucht
Vor dem Treffen des Europäischen Rats am 16. und 17. Juni, auf dem die Minister indirekt entscheiden werden, ob sie den Vorschlag der Kommission zur Verdoppelung der EU-Finanzierungsmittel für Forschung und Entwicklung (F&E) von 2007 bis 2013 annehmen oder nicht, hat die Kommission eine Folgenabschätzung veröffentlicht, die ihren Vorschlag unterstützt. Laut der Folgenabschätzung, die die Verbindung zwischen Forschungsinvestitionen und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit untersucht, "wird das neue Rahmenprogramm (RP7) das europäische BIP steigern, Exporte erhöhen und Importe senken, was alles dazu beitragen wird, die europäischen Probleme des langsamen Wirtschaftswachstums und der rückläufigen Wettbewerbsfähigkeit umzukehren". Die Studie hebt außerdem die günstigen Auswirkungen hervor, die erhöhte F&E-Ausgaben der EU auf die Schaffung von Arbeitsplätzen haben werden, und den Mehrwert von Investitionen auf europäischer Ebene. Europa leide bereits seit einiger Zeit unter einem langsamen Wirtschaftswachstum und einer rückläufigen Wettbewerbsfähigkeit, heißt es in der Studie, doch werde in der modernen Wirtschaftsliteratur nachgewiesen, dass F&E der Hauptmotor für Wirtschaftswachstum und Produktivität sei. Eine aktuelle Studie beispielsweise habe gezeigt, dass jedes zusätzliche Prozent, das in öffentliche F&E investiert werde, eine zusätzliche Produktivitätserhöhung von 0,17 Prozent nach sich ziehe. Eine Erhöhung der Ausgaben für F&E der EU könnte daher gekoppelt mit Ausgabenerhöhungen auf nationaler Ebene beträchtliche Auswirkungen auf die Produktivität haben, meinen die Autoren der Studie. Darüber hinaus haben öffentliche Ausgaben für F&E einen "Crowding-in-Effekt", was zu zusätzlichen Unternehmensausgaben führt - ein Schlüsselpunkt für die Mobilisierung von Investitionen des Privatsektors in die Forschung, die zwei Drittel des Ausgabenziels von drei Prozent des BIP für F&E beisteuern sollten. "Das RP7 kann auch die notwendigen Rahmenbedingungen bereitstellen, um ausländische F&E-Investitionen anzuziehen. Derzeit verliert die EU F&E-Investitionen an andere Länder", heißt es in dem Bericht, der herausstellt, dass es im Jahr 2001 einen Nettoabfluss an F&E-Finanzierungsmitteln aus der EU in Höhe von über sechs Milliarden Euro gab. In der Studie heißt es weiter, dass ein erhöhter Haushalt für europäische F&E die Humanressourcen der EU stärken und bis 2030 eine Million Arbeitsplätze schaffen werde. In Bezug auf den Mehrwert von Investitionen in F&E auf EU-Ebene verdeutlicht die Studie, dass diese Forscher zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sowie zum Austausch sich ergänzender Fähigkeiten und von Wissen ermunterten, wodurch knappe Ressourcen maximiert und die verschwenderische doppelte Ausführung von Forschungsarbeiten reduziert werde, sodass Steuergelder besser genutzt würden. "Viele Forschungsaktivitäten sind von solchem Umfang und solcher Komplexität, dass kein Mitgliedstaat allein die notwendigen Mittel bereitstellen kann. Die EU-Finanzierung ermöglicht Partnern, ihre Mittel, ihre Einrichtungen und ihr Wissen zu bündeln, was in einer kritischen Masse gipfelt, die auf nationaler Ebene nicht möglich wäre.[...] Darüber hinaus wird das RP7 durch die Verbesserung der Koordinierung der Aktivitäten der Mitgliedstaaten und das gleichzeitige Angehen von Fragen, die in den nationalen Programmen keine ausreichende Aufmerksamkeit erhalten, effizientere Ausgaben für F&E in Europa sicherstellen und Sektoren mit beträchtlichem Potenzial fördern", heißt es in dem Bericht weiter. Außerdem erhöhe das RP7 durch die Bereitstellung eines Rahmens für die Verbreitung von Forschungsergebnissen in der EU die Chance, dass diese zu innovativen Produkten und Verfahren umgewandelt werden. Die Einrichtung eines Europäischen Forschungsrats zur Unterstützung der Grundlagenforschung werde außerdem einen verstärkten Wettbewerb als effektive Möglichkeit der Förderung von höherer Qualität und Exzellenz liefern, heißt es in dem Bericht abschließend. In einer Rede am 9. Juni warnte der EU-Kommissar für Wissenschaft und Forschung Janez Potocnik davor, den von der luxemburgischen Ratspräsidentschaft vorgelegten Kompromissvorschlag anzunehmen, der die Forschungsausgaben gegenüber dem Vorschlag der Kommission um 40 Prozent senken würde. Die Annahme des Kompromissvorschlags würde zu "einem Europa der Vergangenheit, in dem der Wohlstand, den wir haben, neu verteilt wird", führen, anstatt zu einem "Europa der Zukunft, das durch Wissen gedeiht und mehr Wohlstand für mehr Menschen schafft", stellte er fest. Potocnik erklärte, dass die mögliche Annahme des Kompromissvorschlags radikale Entscheidungen zu Forschungsprioritäten für eine künftige Finanzierung erfordern würde, um eine Streuung und Fragmentierung der Anstrengungen zu vermeiden. "Neue Maßnahmen und neue Initiativen wären am stärksten bedroht, wie beispielsweise die Einrichtung eines Europäischen Forschungsrats, die Unterstützung von KMU [kleine und mittlere Unternehmen], die Stärkung des Marie-Curie-Programms für Stipendien und die neue Politik für Forschungsinfrastrukturen", so Potocnik. Potocnik forderte die Mitgliedstaaten auf, öffentliche Ausgaben von der Umverteilung in wachstumsfördernde Investitionen umzuschichten, und wies darauf hin, dass sich die Zeiten schnell änderten. "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben", zitierte er abschließend den Präsidenten der ehemaligen UDSSR Michail Gorbatschow.