Schutz von Patientendaten im Genomzeitalter
Mit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms wurde auch der Wissensstand über ein ganzes Spektrum genetischer Erkrankungen enorm erweitert, was völlig neue therapeutische Möglichkeiten bietet. Ein bedenkenloser Umgang mit solchen Daten kann allerdings auch zur unerlaubten Weitergabe genetischer und vertraulicher persönlicher Daten führen, etwa über die Anfälligkeit für spezifische Krankheiten, Vorfahren, körperliche Merkmale und genetische Daten von Familienangehörigen. Besserer Datenschutz für humangenetische Daten ohne Nachteile für die Genomforschung Mit Datenschutzfragen hat man sich in anderem Zusammenhang (Internet, Finanzen und Handel) bereits eingehend befasst. Bei der genetischen Privatsphäre sind jedoch spezielle Aspekte zu berücksichtigen, die versicherungsrechtliche Fragen aufwerfen, z. B. bei der Veranlagung für Krankheiten und Reaktion auf Medikamente. Zudem lässt sich aus genetischen Daten die Herkunft ableiten, sodass sich Aussagen über Familienmitglieder und deren Anfälligkeit für Krankheiten und Therapieansprechen treffen lassen könnten. Das EU-finanzierte Projekt GenoPri entwickelte über ein Marie-Skłodowska-Curie-Einzelstipendium nun ein neues System für den Schutz genomischer Daten bei Einzelpersonen. „Mit diesem innovativen Regelwerk können Einzelpersonen die Weitergabe genomischer Daten besser kontrollieren und größere Rücksicht auf die Privatsphäre anderer, z. B. von Verwandten, nehmen“, erklärt Dr. Erman Ayday, der die Forschungsarbeit leitete. Da der Austausch genomischer Daten für die weitere Genforschung unerlässlich ist, lieferte GenoPri auch eine sichere und datenschutzkonforme Lösung zur Freigabe und Nutzung von Genomdaten. Brainstorming zu einem komplexen Thema Für die erfolgreiche Entwicklung des Regelwerks war die Zusammenarbeit mit Schlüsselakteuren in verschiedenen relevanten Bereichen entscheidend. Über das gesamte Projekt arbeitete Dr. Ayday mit Spezialisten verschiedenster Forschungsbereiche zusammen, bei den einzelnen Arbeitspaketen insbesondere mit Bioinformatikern und Medizinern, aber auch mit Anwälten und politischen Entscheidungsträgern, die er zu Gesprächen und Treffen einlud. Über diese Interaktionen wollte Dr. Ayday die Forscher der verschiedenen Fachrichtungen für den Schutz genomischer Daten (und Gesundheitsdaten im Allgemeinen) sensibilisieren. „Das Marie-Skłodowska-Curie-Einzelstipendium bot mir in der frühen Phase meiner Karriere hervorragende Möglichkeiten zur Weiterbildung, auch konnte ich damit tragfähige internationale Partnerschaften mit anderen Forschungsgruppen aufbauen“, erläutert Dr. Ayday. Die Teilnahme an wichtigen Konferenzen in seinem Bereich, wie der Association for Computing Machinery und dem Symposium „Privacy Enhancing Technologies“, waren ein weiterer Schub für das Forschungsnetzwerk. Zudem nahm er an einem Fachkongress zum Thema Netzwerk- und verteilte Systemsicherheit teil und organisierte mehrere internationale Gesprächsrunden und Kooperationsveranstaltungen. Künftiger Schutz genomischer Daten Mit der neuen Zielsetzung für die Speicherung und Nutzung genomischer Daten lieferte GenoPri über Forschungsbeiträge, Unternehmenskooperationen, Lehrvorträge und öffentliche Gespräche neues Wissen für die akademische Forschung. Da vor allem Verbreitungsaktivitäten wichtig sind, wurden drei Konferenzbeiträge sowie Artikel in sieben renommierten Fachzeitschriften veröffentlicht, darunter „Privacy-preserving genomic testing in the clinic: A model using HIV treatment“(öffnet in neuem Fenster) im Fachblatt Genetics in Medicine, und „Whole genome sequencing: Revolutionary medicine or privacy nightmare?“(öffnet in neuem Fenster) in der Fachzeitschrift Computer. Weiterhin wurden drei Manuskripte und zwei Vorabdrucke eingereicht. Nach dem Erfolg von GenoPri plant Dr. Ayday umfangreichere Forschungsanträge, sowohl für sich selbst als auch für seine Projektmitarbeiter. Zudem will er seine Forschungsgruppe vergrößern und einen Postdoktoranden als Gruppenleiter einstellen.