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Russia's strategic narrative of the West: A study of influence in Ukraine

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Westeuropäische und russische Narrative aus ukrainischer Perspektive

Die Annexion der Krim im Jahr 2014 war ein Wendepunkt in der Geopolitik nach dem kalten Krieg. Sie zeigt, wie wichtig es ist, die Wirkung feindseliger Narrative in der geopolitischen Lage nach der Ära des kalten Krieges zu erforschen. Genau das war der Kern des Projekts STRATNARRA.

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Derartige Betrachtungen sind sowohl für Forscher als auch für politische Entscheidungsträger von großer Bedeutung. Mit ihrer Hilfe lässt sich verstehen, in welchem Umfang und innerhalb welcher Grenzen jede Seite die öffentliche Meinung beeinflussen kann; sie leisten einen Beitrag zum Verständnis darüber, wie Staaten tatsächlich mit Hilfe der Medien Einfluss nehmen; und sie bringen Erkenntnisse, mit deren Hilfe verschiedene Akteure effektiver mit der Ukraine und ihren Bürgern ins Gespräch kommen und kommunizieren könnten. „Aktuell wird viel über die ‚Macht‘ von Propaganda und Desinformation geredet, aber wir müssen sorgfältig alle denkbaren Effekte aufdecken und wertvolle Erkenntnisse liefern. Nur dann können wir politische Interventionen effektiv mit Informationen unterstützen und begleiten“, sagt Ben O'Loughlin, Professor für internationale Beziehungen an der Universität London und Projektkoordinator von STRATNARRA. Im Projekt ging es speziell um die Region um Odessa, und zwar wegen ihrer ökonomischen und strategischen Bedeutung und der stark polarisierten Meinungen ihrer Einwohner über Russland und den Westen. Prof. O'Loughlin und Dr. Joanna Szostek von der Universität Glasgow arbeiteten mit einem erfahrenen ukrainischen Forschungsunternehmen (TNS-Ukraine) zusammen, führten tiefgreifende qualitative Studien an einer bewusst ausgewählten Stichprobe von Einwohnern Odessas durch und nutzten bestehende Datensätze aus Umfragen, die die gesamte Bevölkerung der Ukraine abbildeten. Aus diesen Forschungsarbeiten ergaben sich wichtige Ergebnisse. Eines deutet darauf hin, dass Ukrainer ihre favorisierten Nachrichtenquellen nicht nach journalistischer Qualität, sondern nach Bequemlichkeit aussuchen. Daher sollte die Ausbildung der Medienkompetenz stärker gefördert sowie Zugänglichkeit und zeitliche Planung bei Projekten, die den Konsum von qualitativ hochwertigem Journalismus steigern wollen, stärker berücksichtigt werden. Ein anderes Ergebnis hat gezeigt, dass nur sehr wenige Unterstützer des russischen Narrativs in einer „Filterblase“ gefangen sind. Sie beziehen Nachrichten von pro-russischen wie von pro-ukrainischen Quellen gleichermaßen und vertrauen keiner von ihnen wirklich. Außerdem interpretierten die Probanden widersprüchliche Narrative in den Nachrichten durch die Brille ihrer eigenen persönlichen Erfahrungen, Prioritäten und vertrauten Personen. „Daraus lässt sich schließen, dass ein Narrativ dann glaubwürdig ist, wenn es den Erfahrungen und Prioritäten des Publikums entspricht, und es zeigt, wie wichtig Forschung ist, die unser Verständnis dieser Erfahrungen und Prioritäten der Menschen in der Ukraine erweitert“, so Prof. O'Loughlin. Statt davon auszugehen, dass diese Menschen einer „Gehirnwäsche“ unterzogen wurden oder ungebildet sind, ist es laut Dr. Szostek wichtig, ihnen zuzuhören und herauszufinden warum die von Politik und journalistischen Eliten gestützten Narrative sie derart abstoßen. Einige Probanden widersprachen zum Beispiel der negativen Rhetorik der ukrainischen Regierung im Bezug auf Russland, weil sie meinten, hier würde nur der schwarze Peter hin- und hergeschoben. Diese Probanden stellten aber nicht notwendigerweise die faktische Richtigkeit des Narrativs der ukrainischen Regierung infrage. Sie waren vielmehr der Meinung, dass es die falschen Probleme in den Mittelpunkt stellte. „Vielleicht lassen sich hier Parallelen zu anderen Situationen ziehen – Brexit-Befürworter könnten zum Beispiel ökonomische Warnungen im Zusammenhang mit dem Brexit ignorieren, weil für sie das Thema Wirtschaftswachstum nicht so wichtig ist wie Souveränität oder stabile Gemeinschaften“, erklärt Dr. Szostek. Aus dem Forschungsprojekt ist eine große Datenmenge hervorgegangen, die Dr. Szostek weiter analysieren, sammeln und schließlich veröffentlichen wird. Anschließend wird sie untersuchen, ob politische Bildung und Unterricht in Medienkompetenz dazu beitragen kann, dass Gräben und Spannungen zwischen Anhängern verschiedener Narrative in der Ukraine gemindert werden können. Prof. O’Loughlin hat hingegen bereits mit der Arbeit in einem neuen Projekt begonnen, das Fördergelder aus dem Jean-Monnet-Programm erhält und die Narrative über die EU bzw. Russland miteinander vergleicht, die junge Eliten in der Ukraine, Estland, Lettland und Litauen haben.

Schlüsselbegriffe

STRATNARRA, Ukraine, Russland, Einfluss, Narrative, politische Maßnahme, Politik, Untersuchung, Desinformation, Polarisierung, Region Odessa

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