Belgisches Team entschlüsselt die Rolle von Östrogen bei der Entwicklung des männlichen Hirns
Neue Forschungen eines belgischen Teams haben bewiesen, dass Östrogen, das weibliche Geschlechtshormon, bei der Ausbildung von männlichen Verhaltensweisen in Mäusen eine Schlüsselrolle spielt. Die Forscher von der Universität Lüttich unter der Leitung der Neurowissenschaftlerin Julie Bakker zeigten, dass weibliche Mäuse ausgesprochen männliche Verhaltensweisen an den Tag legen, nachdem in der Entwicklungsphase des Hirns Östrogen dort eindringen konnte. Es ist schon länger bekannt, dass ein bestimmtes Protein - alpha-Fetoprotein (AFP) - durch seine Anbindung an Östrogen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des Mäusehirns spielt. Es war jedoch nicht bekannt, ob AFP die Entwicklung des weiblichen Hirns unterstützt, indem es das Hormon transportiert oder indem es verhindert, dass das Hormon in das Hirn gelangt. Um dies herauszufinden beobachtete das Team genetisch veränderte weibliche Mäuse, die kein AFP produzieren können, in einer Umgebung mit sexuell aktiven männlichen Mäusen. Anders als normale weibliche Mäuse zeigten die Tiere ohne AFP wenig Interesse an den männlichen Artgenossen. Tests zeigten, dass in ihren Hirnen weniger Zellen damit beschäftigt waren, chemische Substanzen zu produzieren, die für die Fortpflanzung wesentlich sind, und darin den männlichen Tieren glichen. Setzte man darüber hinaus die weiblichen Tiere ohne AFP zusammen in einen Käfig mit einem fortpflanzungsbereiten weiblichen Tier, ahmten Erstere das natürliche Verhalten der männlichen Mäuse nach, indem sie versuchten, das einsame Weibchen zu begatten. Um jedoch zu erkennen, ob AFP bei den weiblichen Tieren weibliche Verhaltensweisen auslöst, indem der Östrogentransport in das Hirn unterbunden wird, verhinderte das Team, dass Mäuse ohne AFP noch im Mutterleib dem Hormon ausgesetzt sind. Die Forscher fanden heraus, dass sich die genetisch veränderten Mäuse, die während der Entwicklung des Hirns weder AFP noch Östrogen ausgesetzt sind, wie normale weibliche Tiere verhielten. Diese Ergebnisse bedeuten zweierlei: Erstens - der Mangel an Östrogen bringt das Hirn der weiblichen Mäuse dazu, weibliche Verhaltensweisen zu zeigen, wobei AFP eine Schlüsselrolle spielt, indem es verhindert, dass Östrogen in das Hirn gelangt. Zweitens - das Vorhandensein des Hormons im Hirn sorgt dafür, dass männliche Tiere männliche Verhaltenseisen zeigen. Bei Menschen und anderen Primaten ist es das Androgen, nicht das Östrogen, das im Wesentlichen dafür verantwortlich ist, dass männliche Gehirne männliche Verhaltensweisen hervorbringen. Dr. Bakker ist jedoch überzeugt, dass SHBG, das Sexualhormon-bindende Globulin, beim Menschen eine ähnliche Rolle spielt wie AFP bei Mäusen, indem es Frauen weiblich hält und es den Männern ermöglicht, männliche Verhaltensweisen zu entwickeln.
Länder
Belgien